Drei Arbeiter sind am Jerusalemer Tempel. Der Prophet Jesaja fragt den Ersten: "Was tust du da?" Ohne aufzusehen, antwortet der Mann: "Ich räume Steine aus dem Weg." Der Zweite sagt bereitwillig: "Ich packe gerne mit an, wenn Not am Mann ist." Der dritte Arbeiter blickt aufs Ganze und sagt: "Ich baue mit an der Ewigen Stadt."
Wir orientieren uns viel zu häufig am Machbaren. "Was bleibt, muss uns doch reichen", sagen wir im Hinblick auf sinkende Mitgliederzahlen und schrumpfende Finanzen. Wir verwalten den Mangel und deklarieren die Krise zur Chance. Aber Martin Luther sang nicht: "Was bleibt, muss uns doch reichen", sondern: "Das Reich muss uns doch bleiben!" Wir sollen fröhlich beten und arbeiten, auf Gott vertrauen und das Leben gestalten.
Wie können wir unsere Kirche erneuern und Menschen hineinbringen? Die Welt sucht nach Zufriedenheit, Hoffnung, Zukunft. Sie will heil werden, wo viel kaputt geht, weil es instabil geworden ist. Dazu brauchen wir Sternstunden oder Glücksmomente, in denen die Botschaft des Evangeliums aus den Augen derer leuchtet, die ihr Licht in die Dunkelheit der Mitmenschen zu tragen wissen.
Die sechsjährige Maja tröstet ihre Mama, nachdem Oma gestorben ist, und sagt: "Im Himmel ist es schön. Da wachsen Gänseblümchen und Kirschbäume, und Gott ruft dich, wenn das Abendbrot fertig ist." Ehe eine theologische Erklärung über das Leben nach dem Tode in den Ohren stecken bleibt, erreicht Majas Predigt das Herz. Kinder zeigen uns manchmal in unbeschwerter Freude, wie es einmal sein wird in der verwandelten Welt. Die Mutter nimmt ihr Kind in den Arm, und ein Lächeln huscht über ihr trauriges Gesicht.
Menschlich sollen wir sein, ohne etwas darstellen zu müssen, keine Funktionäre, keine Helden. Wir dürfen uns unsere Unzulänglichkeiten eingestehen. Brauchen uns selbst und dem anderen nichts vorzumachen. Christsein wurzelt im Echt sein. Petrus erkannte sein Versagen, nachdem der Hahn drei Mal krähte. Er weinte bitterlich. Welche Reue! Wie oft bleibt sie aus. Aus Angst, aus der Beklemmung heraus, das Gesicht zu verlieren in einer Zeit und Gesellschaft, in der es gilt, zu siegen und obenauf zu sein. Lassen wir uns helfen.
Jesus hat damit angefangen. Seine Liebe ermöglicht, dass wir verzeihen können. Versöhnten gelingt der Neuanfang. Wenn wir das ernst nehmen, was uns geboten und verheißen ist, dann wird uns die Welt wahrnehmen. Weil es dann heißt: Christen sind echt. Sie geben nichts vor und geben nicht an. Sie hoffen, beten und können über sich selbst lachen. Es geht ihnen gut durch den, der immer gegenwärtig ist. Darum hat seine Kirche eine Perspektive. Und die Welt ein heilvolles Ende.
Der Autor: Pfarrer i.R. Uwe Bernd Ahrens, geboren am 17. September 1953, ist verheiratet und hat drei Kinder. Nach beruflichen Stationen in Schweinfurt und Klingenberg war er von 1981 bis 2019 Pfarrer an der evangelischen Stadtkirche in Kitzingen.