Die Fratze des Hasses trägt Schlips und Anzug. Der Attentäter hat den russischen Diplomaten Andrej Karlow gerade von hinten erschossen, als dieser in Ankara die Ausstellung „Russland, wie es von den Türken gesehen wird“ eröffnen wollte. Der Diplomat bricht am Rednerpult tödlich getroffen zusammen. Der Attentäter, der 22-jährige türkische Polizist Mevlut Mert Altintas, wirkt plötzlich alles andere als seriös: Immer wieder ruft er mit verzerrtem Gesicht und der Pistole in der Hand „Allahu Akbar“ – Gott ist groß. Dann wird er von Sicherheitsbeamten getötet.
Fotograf Burhan Ozbilici, der seit 30 Jahren für die Nachrichtenagentur AP arbeitet, war privat bei der Veranstaltung. Seine Kamera hatte er trotzdem dabei. Vielleicht weil er schon öfter aus Kriegs- und Krisengebieten berichtet hat, blieb trotz der allgemeinen Panik ruhig und hielt das Unfassbare fest – der nervenstarke Moment sollte ihn zum Sieger des World-Press-Photo-Wettbewerbes 2016 machen.
Aus den Fugen geraten
Der Attentäter und sein Opfer auf einem Bild vereint – für den Betrachter ist das alles andere als leicht verdauliche Kost. Mord, Totschlag und Terror, dazu Unglücke und Katastrophen – die Welt ist kein friedlicher Ort. Manche sagen: Da ist einiges aus den Fugen geraten. Die dazugehörigen Bilder – oft verstörend und spektakulär – liefert die World-Press-Photo-Ausstellung.
Die Jury hatte diesmal aus über 80 000 Einsendungen die besten Pressebilder auszuwählen. 45 Fotografen wurden in acht Kategorien ausgezeichnet, darunter drei Deutsche. Mehr als 5000 Fotografen aus 125 Ländern beteiligten sich an dem Wettbewerb.
Wanderausstellung
Die World Press Photo Foundation ist eine unabhängige, gemeinnützige Organisation, die 1955 in den Niederlanden gegründet wurde. Ihr Ziel: Die Arbeit professioneller Pressefotografen soll unterstützt werden. Mit der Zeit entwickelte sich World Press Photo zu einer renommierten Plattform für Fotojournalismus. Die jährlich preisgekrönten Fotos werden in einer Wanderausstellung gezeigt, die in mehr als 80 Städten auf der ganzen Welt – nach Angaben des Veranstalters von über einer Million Besuchern – gesehen wird.
Kitzingen ist traditionell – nunmehr im zwölften Jahr – der kleinste Ausstellungsort, der bis zu 20 000 Besucher anzieht. Vom 12. Februar bis 11. März sind alle 176 Sieger-Bilder in der Rathaushalle ausgestellt. Geöffnet ist täglich von 10 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Abendveranstaltungen
In Planung sind zudem mehrere öffentliche Abendveranstaltungen, die jeweils um 19.30 Uhr beginnen. So wird es unter anderem eine Extra-Führung samt Vortrag für Lehrer geben. Hintergrund ist, dass jährlich über 30 Schulklassen die Ausstellung besuchen. Am 22. Februar ist ein ökumenischer Abend unter der Überschrift „Und führe uns nicht in Versuchung“ geplant, am 2. März führt der Verein der Partnerstädte eine Veranstaltung durch.
Außerdem kommt einer der deutschen Preisträger nach Kitzingen: Am 8. März ist Fotograf Kai Pfaffenbach in der Ausstellung, tags darauf wird er mit Schülern im Kitzinger Armin-Knab-Gymnasium über die besten Pressebilder der Welt diskutieren.