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DETTELBACH
Wo die Katzen friedlich sterben
Monika Loewenhofer streichelt Bengo über das Fell. Seit acht Jahren lebt die Katze bei ihr – kurz nach der Geburt wurde Bengo in einem Plastiksack gefunden.
Foto: Ralf Dieter | Monika Loewenhofer streichelt Bengo über das Fell. Seit acht Jahren lebt die Katze bei ihr – kurz nach der Geburt wurde Bengo in einem Plastiksack gefunden.
Ralf Dieter
 |  aktualisiert: 24.02.2021 02:14 Uhr

Monika Loewenhofer hat ein Problem. Sie hat rund 30 Mitbewohner und muss ihre Wohnung bald verlassen. Jetzt ist sie auf der Suche nach einem neuem Domizil für sich und ihre Lieblinge.

Dettelbach, Würzburger Straße: Es dauert ein wenig, bis Monika Loewenhofer auf das Klopfen an der Haustür reagiert. „Ich musste gerade noch Findus wickeln“, erklärt sie mit einem Lächeln. Findus ist eine von 24 Katzen, die derzeit in ihrer Wohnung leben. Allesamt Tiere mit irgendeinem Defekt, mit einer Krankheit, zumeist mit einer unheilbaren.

Vor zehn Jahren bekam Monika Loewenhofer ihre ersten beiden Kätzchen. Eines ist bald darauf gestorben. Im Tierheim in Schweinfurt hat sie angerufen und gesagt, dass sie gerne ein neues Tier aufnimmt, wenn es vom Charakter zu dem überlebenden passt. „Ich habe noch gemeint, dass ich Platz und Zeit habe“, erinnert sie sich und muss lachen. Womöglich ein Fehler. Seither bekommt sie jedenfalls immer wieder Anfragen vom Tierheim oder von Tierärzten, ob sie kranke Tiere aufnehmen und pflegen könne. So wie Findus, der mit einem Gendefekt auf die Welt kam und an einer Art von Epilepsie leidet. Laufen kann er nicht und seinen Stuhl halten auch nicht. Also setzt ihn Monika Loewenhofer in ein Kindergestell und trägt ihn immer wieder mal in eine Decke gehüllt in der Wohnung umher – damit er wenigstens ein bisschen Kontakt zu seinen Mitbewohnern bekommt.

Die liegen auf der Couch oder in der Kletterwand und schauen den unbekannten Besucher mit der Kamera und dem Schreibblock neugierig an. Bengo streicht um meine Beine und hüpft schließlich mutig auf den Stuhl, auf dem ich Platz genommen habe. „Er ist ein bisschen dusselig“, meint Monika Loewenhofer und muss lächeln. Bengo ist mit seinen zwei Geschwistern in einer Abfalltonne gefunden worden, eingewickelt in einer Plastiktüte. Kurz nach ihrer Geburt wollte jemand die Kätzchen loswerden. Die beiden Geschwister haben es nicht überlebt, Bengo schon. „Auch wenn der Sauerstoffmangel seine Spuren hinterlassen hat“, sagt die gelernte Hauswirtschafterin. Seit acht Jahren pflegt sie Bengo, länger als jedes andere Tier in ihrer Wohnung. „Ich gebe keines meiner Tiere wieder weg“, sagt sie. Das ist in der Regel auch gar nicht möglich. Die Dettelbacherin bekommt meistens solche Tiere, die nicht mehr lange zu leben haben. Als Hospiz- und Palliativstation für Katzen sieht sie ihre Wohnung. Als letzte Station vor dem Tod. Wenn ein Tierheim nicht mehr weiter weiß, wenn ein Tierarzt die Hoffnung aufgegeben hat, dann kommt Monika Loewenhofer ins Spiel. Blinde Katzen hat sie übernommen, Tiere mit zerfallenden Zähnen oder einem Schiefstand des Kopfes. „Manche sind tatsächlich halb tot, wenn sie zu mir kommen“, erklärt sie. Für ein paar Tage oder Wochen sollen die Tiere noch einmal aufblühen. „Meine Katzen sollen sich in ihrem allerletzten Lebensabschnitt wohlfühlen“, erklärt Monika Loewenhofer ihre Motivation. Siegfried Pöhlmann ist von ihrer Arbeit angetan. „Sie achtet darauf, dass alles sauber bleibt und die Tiere sich wohlfühlen“, sagt der Mitarbeiter des Schwebheimer Tierheims. Diese spezielle Hilfe von Monika Loewenhofer sei in der Region ziemlich einzigartig. Hospizarbeit für Katzen sei nicht jedermanns Sache. Aus emotionalen Gründen, aber auch aus finanzieller Sicht. „Katzen sterben schwer“, sagt Monika Loewenhofer. Nicht umsonst heiße es, dass sie sieben Leben haben. Am Ende des Weges mussten alle ihre Schützlinge eingeschläfert werden. Die vorher nötigen Behandlungen und Operationen hat sie aus eigener Tasche bezahlt, auch das Tierfutter. Ein paar hundert Euro gehen da Monat für Monat drauf – zumal sie nebenher noch vier Kaninchen, drei Degus und zwei Chinchillas besitzt. „Meine Tage sind schon ausgefüllt“, meint sie und schmunzelt. In den Mittagspausen fährt sie nach Hause, um die Tiere zu versorgen und nachts kommt sie auch nicht immer zur Ruhe. „Manchmal lasse ich den Fernseher laufen, damit ich schneller aufwache, wenn ein Tier meine Hilfe braucht.“ Jetzt braucht die Dettelbacherin selbst Hilfe. Ihr ist die Wohnung gekündigt worden. Deshalb sucht sie eine neue Bleibe. Rund 90 Quadratmeter braucht sie, hell muss es sein und bewohnbar. Wasser, Strom, beheizbar. „Und das Dach sollte dicht sein“, meint sie und lächelt. Große Ansprüche hat sie nicht. Hauptsache, ihre Schützlinge dürfen mit.

Kontakt: Wer eine Wohnung für Monika Loewenhofer hat oder einen Tipp, an wen sie sich wenden kann, der kann ihr eine Mail schreiben an: wegnersabine509@gmail.com

Findus ist mit einem Gendefekt auf die Welt gekommen.
Foto: Ralf Dieter | Findus ist mit einem Gendefekt auf die Welt gekommen.
Genug Plätze für die Katzen gibt es – und im Gehege leben zwei Chinchillas.
Foto: Loewenhofer | Genug Plätze für die Katzen gibt es – und im Gehege leben zwei Chinchillas.
Findus schläft in einem Kinderreisebett.
Foto: Ralf Dieter | Findus schläft in einem Kinderreisebett.
Im Flur haben die Katzen ein wenig Auslauf.
Foto: Ralf Dieter | Im Flur haben die Katzen ein wenig Auslauf.
 
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