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WÜRZBURG
Wo der Notruf 110 ankommt
Bei jedem Notruf sendet das System sofort einen Planausschnitt des betreffenden Gebietes mit polizeiinternen Informationen.
| Bei jedem Notruf sendet das System sofort einen Planausschnitt des betreffenden Gebietes mit polizeiinternen Informationen.
Hanns Strecker
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:24 Uhr

Frühmorgens gegen 3 Uhr wird ein Anwohner der Falterstraße in Kitzingen durch ein lautes Klirren geweckt. Schlaftrunken geht er ans Fenster und sieht, wie zwei dunkel gekleidete Männer gerade die Schaufensterauslage eines Geschäftes ausräumen. „Was er jetzt macht, ist genau richtig“ sagt Polizeidirektor Thomas Gütlein, Abteilungsleiter Polizei-Einsatzzentrale (EZ) im Polizeipräsidium Würzburg.

Der Zeuge greift zum Telefon und wählt die Notrufnummer 110. Dabei bleibt er am Fenster stehen und beobachtet die Täter weiter. „Notruf Polizei!“, meldet sich sofort der Polizist. Der Zeuge ist aufgeregt. Will alles in einem Satz erzählen, stottert.

Fahndung und Einsatz laufen sofort an

Polizeioberkommissar Wolfgang End spricht ruhig auf ihn ein. Er erkennt, dass hier eine Notlage vorliegt. Nach und nach gelingt es dem Beamten, ein Bild von der Situation zu bekommen. End ist Mitarbeiter in der Notrufzentrale der Polizei in Würzburg. Alle Notrufe aus ganz Unterfranken, die über die 110 kommen – auch der aktuelle aus Kitzingen – laufen hier zentral ein.

Noch während des Gespräches hat der Polizist einen digitalen Meldebogen ausgefüllt, in dem die ersten Erkenntnisse stehen, und diesen online an die Polizeiinspektion Kitzingen gesendet. Keine Minute später laufen dort Fahndung und Einsatz an. Ein weiterer Beamter in der EZ sucht auf seinem Bildschirm die in der Nähe befindlichen Streifenfahrzeuge und spricht diese per Funk an.

In Absprache mit dem Dienstgruppenleiter aus Kitzingen koordiniert er den Einsatz der Streifen. „Strategisch günstige Punkte“ werden ausgesucht und Polizeifahrzeuge dort positioniert.

Viel Betrieb mitten in der Nacht

Trotz der nachtschlafenden Zeit ist in der EZ viel Betrieb. Permanent ist ein akustisches Signal zu hören, welches einen Notruf-Eingang meldet. Das Gebiet, das die Beamten betreuen, ist riesig. Es sind die Stadt- und Landkreise von Würzburg, Kitzingen, Schweinfurt und Aschaffenburg. Die EZ ist in einem circa 120 Quadratmeter großen hellen Raum untergebracht – gesichert wie Fort Knox.

Schließlich ist sie das Herzstück der unterfränkischen Polizei. Hier gehen alle polizeilich relevanten Informationen ein, werden gefiltert, ausgewertet und weitergegeben.

„Eine zweistellige Zahl von Polizeibeamten“, mehr wird nicht verraten, leistet hier rund um die Uhr eine professionelle Arbeit. Gearbeitet wird in verschiedenen Einheiten: in der Notrufannahme, im Bereich der Funksprecher und bei der Auswertung/Fahndungsabfrage. Trotzdem ist zu allen Tischen eine räumliche Nähe, damit auch der direkte Informationsfluss möglich ist.

Spezielle Ausbildung absolviert

In der Mitte des Raumes sitzt in einem mit Glas abgetrennten Raum der diensthabende Schichtleiter, der auf alle Funktionen zugreifen und unterstützen kann. Wie der stellvertretende Abteilungsleiter Klaus Scheuermann erklärt, haben alle hier tätigen Polizeibeamte eine längere Dienstzeit in der allgemeinen Polizeiarbeit hinter sich, bevor sie sich auf einen Posten in der EZ bewerben können, wofür sie dann speziell ausgebildet werden.

Gerade die Notrufannahme ist oftmals sehr hart. „Kommen Sie schnell, ich habe gerade meine Frau umgebracht“. Thomas End hatte solch einen Notruf einmal angenommen. „Da musst Du ganz ruhig bleiben. Keine Emotionen zeigen.“ Nach einem vorgegebenen Ablaufkalender „Tötungsdelikt“ läuft dann mit Unterstützung anderer Kollegen der Einsatz ab. Und kurz danach kann dann ein Notruf reinkommen, bei dem sich zum Beispiel einer über seinen Nachbarn beschwert, weil der so laut ist.

Spaß-Anrufe können teuer werden

„Kurios? Nein – Alltag in der Einsatzzentrale am Notruftisch!“, so End. „Belastend sind die, die aus Spaß die 110 wählen“, fügt ein weiterer Beamter hinzu. „Hier und da muss ein Betrunkener sein Mütchen kühlen und schimpft in die Notrufleitung“. Scheuermann mahnt: „Sehr schnell ist man da im Straftatbestand Missbrauch von Notrufen.“ Er weist auf den aktuellen Fall aus Kitzingen hin, bei dem sich ein Anrufer über den Notruf beschwert hatte, dass er im Monopoly verloren hat. Die Quittung erhielt er dann vom Amtsgericht in Kitzingen in Form einer hohen Geldstrafe.

Die nächtlichen Einbrecher aus Kitzingen konnten übrigens sehr schnell gefasst werden. Sie fuhren einer Streife förmlich in die Arme, als sie auf die Autobahn auffahren wollten. „Festnahme erfolgt, Beute sichergestellt, meldeten die eingesetzten Beamten der EZ zum Schluss.

Polizei-Einsatzzentrale

Bis zum Jahr 2005 gab es in Unterfranken in den drei Großstädten Würzburg, Schweinfurt und Aschaffenburg jeweils eine eigene Polizeidirektion mit einer Einsatzzentrale. Nach der Polizeireform 2005 wurden diese Direktionen abgeschafft und zu einem Polizeipräsidium mit Sitz in Würzburg (Frankfurter Straße) verbunden. Ebenso ist seitdem nur mehr eine Einsatzzentrale für die Koordinierung aller unterfränkischen Einsätze verantwortlich. Und zwar für 20 Polizeiinspektionen mit zwei kleineren Polizeistationen, drei Verkehrspolizeiinspektionen (Autobahn) und drei Kriminaldienststellen. Durchschnittlich gehen pro Jahr 180 000 Notrufe ein, von denen etwa 175 000 abgearbeitet werden müssen. Für den Bereich Kitzingen waren dabei rund 10 000 Notrufe zu verzeichnen, wovon 9600 abgearbeitet wurden. hs
Polizeioberkommissar Wolfgang End an seinem Arbeitsplatz in der Polizei-Einsatzzentrale. Eine Vielzahl von Informationen sind sofort abrufbereit.
Foto: Fotos (2): Hanns Strecker | Polizeioberkommissar Wolfgang End an seinem Arbeitsplatz in der Polizei-Einsatzzentrale. Eine Vielzahl von Informationen sind sofort abrufbereit.
 
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