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NORDHEIM/SOMMERACH
Winzer-Kalender „spezial“
Diana Fuchs
 |  aktualisiert: 26.04.2023 22:21 Uhr

Sie sind jung, kreativ und haben Spaß am Leben. Sie können zupacken. Und sie schauen nicht schlecht aus, das darf man ruhig mal so sagen. All das hat dazu geführt, dass aus einer spontanen Idee – „erst haben wir einfach nur rumgesponnen“ – ein ganz spezieller Wandkalender geworden ist: ein Akt-Kalender fürs Jahr 2015. Frisch gedruckt auf Hochglanzpapier sorgt er nicht nur auf der Weininsel für Gesprächsstoff.

Es ist nicht irgendein Kalender und es sind auch nicht irgendwelche beliebigen „Nackerten“. Junge Männer aus Nordheim und Sommerach präsentieren ihre Heimat: Sie zeigen das Jahr im Weinberg und Weinkeller – wie es früher war. Statt mit modernem Gerät schneiden, pflegen und ernten die 18- bis 26-Jährigen wie anno dazumal, mit Eisenschere und Handfräse.

Zugegeben: Das fällt erst auf den zweiten Blick auf. Der erste bleibt an Männerkörpern hängen, deren Haut und Muskeln kein Hemd, keine Hose und auch sonst kein Stoff einengt. An entscheidender Stelle ist die Sicht allerdings eingeschränkt. Träubel, die im Weg hängen, Blätter, Werkzeuge oder schlicht die Perspektive des Fotografen lassen der Phantasie noch ein bisschen Freiraum.

Den zwölf Männern auf den zwölf Monats-Blättern des Kalenders gefällt, was in einer Gemeinschaftsarbeit ihrer Clique „Krumme Stube“ entstanden ist. „Es war Gaudi ohne Ende“, stellt Nico grinsend fest. Markus ergänzt: „Ich glaub', im Prinzip wollten wir einfach nur mal wieder einen Blödsinn machen.“ Anfangs habe keiner gedacht, dass dabei so ein cooles Ergebnis herauskommt.

Keine Dorf-Feindschaft mehr

Zur Clique gehören junge Leute aus Nordheim und Sommerach. Die Jugend der beiden Weininsel-Orte macht seit Jahren gemeinsame Sache und hat sich in der Nähe des Nordheimer Weinfestplatzes in einem Schrebergarten ein Holzhäuschen auf Stelzen gebaut: die „krumme Stube“. Bei Bier und Spezi entstehen dort die tollsten Ideen.

„Wir haben im Radio gehört, dass es einen Junglandwirte-Kalender mit sexy Fotos geben sollte, aber nicht genügend Jungbauern mitmachen wollten“, erzählt Nico vom Sommer letzten Jahres. „Da ham' wir uns gedacht: Des könnten wir besser mach'!“

Zwar sind nur der 20-jährige Winzerlehrling Markus und der wenig ältere Franz (Weinküfer und Winzer) von Berufs wegen Weinspezialisten. Doch alle sind dem „Leben mit den Reben“ eng verbunden. „Wir ham' den Wein schon als Kinder genossen – statt Muttermilch“, feixt der 22-jährige Einzelhändler Christian.

„Es sollte alles streng geheim bleiben.“
Max aus Nordheim

Mit Hilfe von Winzer Christian Gloß war es kein Problem, geeignete Orte für die Foto-Aufnahmen zu finden – je nach Jahreszeit im Weinkeller oder draußen im Wengert. Auch viele historische Requisiten organisierte Gloß. „Der Christian war unser Guide und unsere gute Seele“, berichtet der 20-jährige Zimmermann Jo. Er ist eines von neun Nordheimer Winzer-Models, drei kommen aus Sommerach. „Wir haben niemanden überreden müssen. Es waren problemlos zwölf Leute von der Weininsel zu finden, die mitmachen wollten. Das hat super gepasst.“

Haben sich die „Hobby-Models“ auf die Foto-Shootings vorbereitet? Nico zuckt mit den Schultern: „Wir ham' uns halt einfach ausgezogen.“ Zwei gute Spiegelreflex-Kameras taten ihr Übriges. „Die gehören Kumpels, die hobbymäßig fotografieren.“ Jeder, der wollte, durfte sich selbst mal als Fotograf versuchen. Oft habe man einige Zeit gebraucht, bis das Monatsfoto im Kasten war, berichtete Michi. Später bearbeitete und optimierte „Model-Kollege“ Manuel die Bilder und speicherte sie in Schwarz-Weiß, passend zu den „historischen“ Weinbergsarbeiten.

Beim allerersten Fototermin im September 2013 hatten die Hobby-Models noch alle Handys eingesammelt, damit niemand Unfug anstellen konnte; später waren solche Vorsichtsmaßnahmen nicht mehr nötig. „Wir waren uns einig: Es sollte alles streng geheim bleiben und kein Bild vorher irgendwo auftauchen“, betont Max. Deshalb waren am „Set“ lediglich Cliquen-Mitglieder und ihre Helfer zugelassen, aber keine Frauen, schon gar nicht die Freundinnen der Models.

Wie haben die Partnerinnen denn das Blankziehen ihrer Freunde aufgenommen? Nico lacht und erzählt, dass seine Freundin die Gegenfrage gestellt hat: Wie er das fände, wenn sie so etwas machen würde? Nico ließ sich nicht auf Diskussionen ein. „Ich habe nur gesagt, das kann man nicht vergleichen.“

„Die Sache ist besser angekommen als gedacht, sogar bei den Omas.“
Nico aus Nordheim

Generell haben die Akt-Winzer-Models fast nur positive Resonanz bekommen. „Die Sache ist besser angekommen als gedacht, sogar bei den Omas“, freut sich Nico. Man werde schon oft darauf angesprochen, ob man „in dem Kalender drin“ ist, erzählt Max, der Single ist und Bauingenieurswesen studiert. „Und welchen Monat man hat.“

Beim Sommerfestival „Skate 'n' Rock“ vor knapp vier Wochen fanden die ersten, frisch gedruckten Exemplare des Kalenders neue Besitzer. „Manche Mädels wollten ihren Kalender von uns signiert haben“, erinnert sich Max. „War ein witziger Abend.“

Touristen kriegen große Augen

Jede Menge Spaß hat auch das „Making of“ der Fotos gemacht. Fürs Titelbild zum Beispiel brauchten die Jungs Eisenrohre. Angesichts von zwölf Nackten, die Rohre schleppend durch die Weinbergszeilen liefen, traute so mancher Tourist und Einheimische seinen Augen nicht.

Auch Zimmermann Jo hatte bei seiner Portrait-Aufnahme plötzlich Publikum: „Mein Bild ist unterhalb der Vogelsburg entstanden. Auf einmal stand da eine ganze Rentnergruppe.“ Die Herrschaften hätten gelacht, gepfiffen und sich gefreut.

Vielleicht, weil nackte Tatsachen selten so nett präsentiert werden.

ONLINE-TIPP

Mehr Bilder und eine Slide-Show unter www.inFranken.de

Nackte Fakten

Wer: Zwölf junge Männer zwischen 18 und 26 Jahren aus Nordheim und Sommerach sind für einen ganz speziellen Winzerkalender unter die Akt-Modelle gegangen.

Was: Ein Hochglanz-Jahreskalender in Schwarz-Weiß fürs Jahr 2015 mit zwölf Akt-Portraits und einem gemeinsamen Titelbild aller Männer. Jedes Monatsblatt zeigt eine saisontypische Arbeit im Weinberg und Weinkeller. Größe: etwa DIN A3. Erste Auflage: 250 Exemplare.

Wo: Zu haben ist der Kalender gegen eine Spende bei der Nordheimer und Sommeracher Jugend. Weitere Infos und Bestellungen:

weininsels.most.wanted@gmail.com LDK

Winzer-Kalender „spezial“
Hosen runter, Kalender hoch: Die Abendsonne vor der „Krummen Stube“ scheint auf sieben der zwölf Kalender-Jungs. Michi, Markus, Max, Jo, Christian, Nico 1 und Nico 2 macht das Foto–Shooting richtig Spaß.
Foto: Diana Fuchs | Hosen runter, Kalender hoch: Die Abendsonne vor der „Krummen Stube“ scheint auf sieben der zwölf Kalender-Jungs.
Hosen runter, Kalender hoch: Die Abendsonne vor der „Krummen Stube“ scheint auf sieben der zwölf Kalender-Jungs.
| Hosen runter, Kalender hoch: Die Abendsonne vor der „Krummen Stube“ scheint auf sieben der zwölf Kalender-Jungs.
Hosen runter, Kalender hoch: Die Abendsonne vor der „Krummen Stube“ scheint auf sieben der zwölf Kalender-Jungs.
Foto: Diana Fuchs | Hosen runter, Kalender hoch: Die Abendsonne vor der „Krummen Stube“ scheint auf sieben der zwölf Kalender-Jungs.
Die Abendsonne vor der „Krummen Stube“ scheint auf sieben der zwölf Kalender-Jungs.
Foto: Diana Fuchs | Die Abendsonne vor der „Krummen Stube“ scheint auf sieben der zwölf Kalender-Jungs.
 
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