Mit stoischer Gelassenheit legt Ulrike Heckel die roten Chipkärtchen vor sich hin, schreibt jede einzelne Nummer in ihre Liste. Die vier Kinder auf der anderen Seite der Scheibe trippeln, auf der Stirn der Mutter, die mit Badetasche, Kühltasche und Picknickdecke beladen ist, bilden sich erste Schweißperlen. Beschweren will sich trotzdem keiner. Alle sind froh, dass sie zum Schwimmen ins Markt Einersheimer Terrassenbad kommen dürfen. „Die Karten bitte gut aufheben und später wieder abgeben“, erklärt die Kassiererin. Und als sie der Familie noch ein „Viel Spaß“ hinterher ruft, sind die ersten Kinder schon in die kühlen Wogen eingetaucht.
Zur Eröffnung der Freibadsaison waren am Freitag bei schönstem Sommerwetter unerwartet viele Besucher nach Markt Einersheim gepilgert. „Wir haben an drei Tagen schon so viele Familien-Dauerkarten verkauft wie letztes Jahr in einer ganzen Woche“, sagt Ulrike Heckel. Die meisten Terrassenbad-Freunde kennt sie mit Namen, sie selbst wird von allen nur liebevoll „Ulli“ genannt. Sie hat für jeden Gast ein Lächeln übrig – auch wenn es, wie am Freitagnachmittag, einmal stressig wird. Bis zum unteren Parkplatz erstreckte sich bei brütender Hitze die gut 100 Meter lange Warteschlange. „Wir haben trotzdem kein böses Wort gehört“, sagt Ulli Heckel. „Die Leute sind einfach froh, dass sie kommen dürfen.“ Bis zu 450 Gäste dürfen ins Bad.
Signalweste und Putzeimer
Dafür, dass der Betrieb auch bei großem Andrang reibungslos läuft, sorgt maßgeblich das Team der „Badebetriebskontrolle“ – alles ehrenamtliche Helfer, die im Schichtbetrieb darauf achten, dass die Hygiene- und Baderegeln eingehalten werden. Und das sind in diesen Zeiten einige. Eugen Reifenscheid und Jürgen Klafke teilten sich am Freitag die Eröffnungsschicht. Einer behielt den Eingang im Auge, der andere streifte mit Wassereimer und Signalweste bekleidet am Schwimm- und Planschbecken umher. „Heuer ist es schon um einiges entspannter, die Leute kennen die Regeln und halten sich auch überwiegend daran“, erklärt Klafke, während er die Geländer an der Treppe zum Nichtschwimmerbereich abwischt. Er gehörte schon im letzten Jahr der Badeaufsicht an, betrachtet es als zweifacher Familienvater als selbstverständlich, sich für das Terrassenbad zu engagieren. „Wir können und wollen uns einen Sommer ohne Einersheimer Schwimmbad einfach nicht vorstellen“, sagt er. Bevor es geschlossen bleiben müsse, greife er doch lieber zum Lappen, wann immer es die Zeit zulässt.
Arbeitsplan ist gut gefüllt
Ähnlich sehen es auch die anderen Mitglieder der Badebetriebskontrolle. Der Arbeitsplan für die nächsten Wochen ist schon gut gefüllt, für die Einteilung zeichnet heuer erstmals Anja Buchfelner verantwortlich. Der Markt Einersheimer Gemeinderätin liegt das Schwimmbad sehr am Herzen, ihre neue Aufgabe habe sie in der Woche vor der Eröffnung aber schon das ein oder andere Mal an ihre Grenze gebracht. „Es war richtig schwierig, die Schichten alle doppelt zu besetzen“, erklärt sie. Viele Freiwillige, die letztes Jahr zum festen Stamm zählten, hatten sich noch zurückgehalten.
So setzte sich die „Chefin“ am Freitag selbst an den Ausgang, um dort die nummerierten Chipkarten zurückzunehmen. Ansonsten sah man am Eröffnungswochenende viele bekannte Gesichter auf der Bank am Schwimmerbecken sitzen: Erni und Friedrich Kraft aus Michelfeld zum Beispiel – sie sind aus dem Terrassenbad kaum wegzudenken. Oder Christina und Ingo Bergmann. Oder Marlinde Bayer. Sie alle spenden ihre Zeit dafür, dass andere unbeschwert planschen können.
Bauhof im Dauereinsatz
Das findet auch Bürgermeister Herbert Volkamer bemerkenswert. Er selbst müsse sich in diesem Jahr „nur ein, zwei Mal am Tag unten umschauen“, wie er betont. „Ich bin wirklich sehr dankbar für die großartige Unterstützung der freiwilligen Helfer, aber auch unserer Bauhof-Mitarbeiter, die quasi im Dauereinsatz für das Terrassenbad sind“, sagt das Ortsoberhaupt.
Sein „Umschauen“ gipfelt nicht selten in einem Besuch am Kiosk, den Christine Spiller zusammen mit Familie, Freunden und viel Herzblut betreibt. Am Startwochenende hat sie einiges an Sprit verfahren, bestellte Knacker und Brötchen nach, orderte Limo, Wasser und Bier und füllte schon am Samstagnachmittag zum ersten Mal die Eistruhe auf. Dazu, dass diese so schnell geleert wurde, trug übrigens auch Bürgermeister Volkamer bei – beziehungsweise seine fünf Enkel, die sich vom Opa süße Schleckereien wünschen durften.
Es läuft also wieder im Terrassenbad – und zwar nicht nur das Eis. Zum perfekten Start in die Freibadsaison haben in Markt Einersheim alle Beteiligten beigetragen. Auch die Besucher. „Ich habe öfter darauf hingewiesen, dass die Kids nicht durch die Hecke laufen sollen als darauf, dass die Leute eine Maske tragen, wenn sie zum Kiosk gehen“, sagt Jürgen Klafke und wischt das letzte Mal für diesen Tag die Geländer ab.
Auch bei Ulli Heckel fällt so langsam der Stift. „Ich bin heut fast ein bisschen ins Schwitzen gekommen“, gibt die Terrassenbad-Institution zu. Aber nur fast. Wenn der Betrieb so reibungslos läuft, kann man sich doch getrost in stoischer Gelassenheit üben.
Schwimmbäder im Landkreis
Abtswind Bereits seit 29. Mai läuft der Betrieb im Abtswinder Freibad, und zwar reibungslos, wie Bürgermeister Jochen Schulz erklärt. Unter der Woche teilen sich mehrere engagierte Ruheständler den Bademeister-Job, am Wochenende sorgt die Wasserwacht für Sicherheit am Becken. Für die Umsetzung der Hygieneregeln braucht es in Abtswind kaum zusätzliches Personal: „Die Leute sind es vom letzten Jahr gewohnt, dass sie Masken tragen, dass nur eine Person in der Dusche, bzw. in den Toiletten unterwegs sind, damit die Abstände eingehalten werden können, oder dass sie im Schwimmerbecken im Kreis schwimmen“, sagt Bürgermeister Schulz. Er ist froh, dass die meisten Besucher Verständnis zeigen für gewisse Einschränkungen – zum Beispiel, wenn zwischendurch im Becken der Bereich an den Sprungblöcken gesperrt wird, damit sich die Kinder mal austoben können.
Kitzingen Auf die Mondseeinsel in Kitzingen wollten alleine am Samstag 1900 Badegäste – zur Freude von Betriebsleiter Peter Zimmermann. Allerdings bedeuten solche Zahlen natürlich auch einen großen Organisationsaufwand. Zumal sich bisher nur ein Teil der Besucher mit Online-Registrierung und -ticketing anfreunden konnte. „Wir wollen allen Alters- und Bevölkerungsgruppen den Zugang zum Freibad ermöglichen. Da können wir nicht ausschließlich auf die Online-Variante besetzen.“ So bilden sich auf der Brücke zum Festland schon mal lange Schlangen. „Ich kann verstehen, dass die Leute da schon mal genervt sind“, sagt Zimmermann. „Wir geben uns wirklich Mühe, einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.“ Mit Kritik der Gäste muss der Betriebsleiter dann schon mal umgehen können – strahlende Kinderaugen beim Toben im Wasser entschädigen aber dafür. Der Sprungturm ist zwar aufgrund des durch Leinen geteilte Schwimmerbecken noch gesperrt, dem Rutschvergnügen steht dafür trotz Corona nichts im Wege.
Gnötzheim Bevor im Martinsheimer Ortsteil Gnötzheim am Samstag um 13 Uhr die Freibad-Tore geöffnet werden konnten, musste am Freitag spontan der Bauhof ran: Das Schwimmbad-Team um Bürgermeister Rainer Ott und Bademeister Markus Koschnicke hatte am Donnerstagabend ein Leck in der Wasserleitung entdeckt, das geflickt werden musste. Auch Dank der Wasserwacht erlebten die vielen Besucher nach dem Startschuss aber keine weiteren, bösen Überraschungen. „Die Gäste sind sehr dankbar, dass wir uns dazu entschlossen haben, das Schwimmbad in diesem Jahr wieder zu öffnen“, sagt Bürgermeister Ott. „Wenn es ein weiteres Jahr geschlossen geblieben wäre, hätte es so mancher vielleicht vergessen...“ So gab es aber vor allem positive Reaktionen und alle Beteiligten trugen das Corona-Konzept ohne Probleme mit.