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Kitzingen
Wie schnell beim Werkstattbesuch strafbare Fahrlässigkeit ins Spiel kommen kann
Aus dem Gericht: Ein Nürnberger will im Landkreis Kitzingen eigentlich nur seinen fahrbaren Hähnchengrill aufpolieren lassen – und erlebt sein blaues Wunder.
Was man mit welchem Führerschein fahren darf, ist von entscheidender Bedeutung – wie jetzt ein Fall am Kitzinger Amtsgericht zeigte.
Foto: Ole Spata, dpa | Was man mit welchem Führerschein fahren darf, ist von entscheidender Bedeutung – wie jetzt ein Fall am Kitzinger Amtsgericht zeigte.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 09.02.2024 09:37 Uhr

Es ist ein Lehrbeispiel dafür, wie schnell man in Probleme geraten kann, ohne es auch nur ansatzweise zu ahnen. Der Angeklagte kam zu dem Verfahren wie, nun ja, die Jungfrau zum Kind. Die Vorgeschichte geht so: Der selbstständige Gastronom aus Nürnberg wollte zwei seiner Fahrzeuge von einer Nebenerwerbs-Werkstatt auf Vordermann bringen und aufpolieren lassen. Bereits beim ersten Fahrzeug lief nicht alles rund, es gab Streit und jede Menge Unstimmigkeiten. Beim zweiten Wagen, einer Hähnchenbraterei, sah es auch nicht viel besser aus, die Geschäftsbeziehung erwies sich insgesamt eher als unerquicklich.  

Das alles spielte jedoch für das, was später die Justiz in Gang setzen sollte, fast gar keine Rolle. Der eigentliche Vorfall geschah vergangenen Januar beim Umparken auf dem Hof der Werkstatt: Der Geschäftsinhaber musste in der Werkstatt Platz schaffen und die rollende Braterei deshalb umsetzen. Da er selber keinen Führerschein besitzt, erledigte das seine Freundin für ihn. Das Problem: Der Hof ist eng, ein paar Meter geschah das Umparken deshalb auf öffentlichem Grund. Und jetzt gingen die Probleme los.

Geldstrafe für Fahrerin

Zum einen wurde die Polizei Zeuge der Aktion und stellte bei einer anschließenden Kontrolle fest, dass die Freundin einen Führerschein hat, mit dem sie bis zu 3,5 Tonnen bewegen kann – jedoch nichts darüber hinaus. Dummerweise saß sie aber in einem Fahrzeug mit gut 5000 Kilo Gesamtgewicht. Damit lag ein Fahren ohne Fahrerlaubnis vor, was der Frau eine entsprechende Geldstrafe einbrachte.

Dass nun im Laufe der Ermittlungen auch der 42-jährige Gastronom sich eine blutige Nase holte, liegt an einer sehr eifrigen Staatsanwaltschaft und an einem Satz in den Akten der Polizei: Demnach soll der Angeklagte gegenüber der Werkstatt angegeben haben, sein Fünf-Tonner sei nur ein 3,5-Tonner. Was wiederum hieße: Dass die Frau in das zu große Fahrzeug stieg, wäre durch eine gewisse Fahrlässigkeit des Nürnbergers geschehen. Was eine Strafbefehl von 1400 Euro (20 Tagessätze zu je 70 Euro) nach sich zog. 

Fahrt nicht nötig

Dagegen wehrte sich der 42-Jährige nun vor der Kitzinger Strafrichterin. Wobei ihm ein gewisses Entsetzen anzumerken ist. Zum einen habe er niemals behauptet, dass der Hähnchen-Grill nur 3,5 Tonnen wiegen würde. Zum anderen hätte er im Traum nicht daran gedacht, dass überhaupt jemand mit dem Wagen fahren würde, weil beispielsweise eine Probefahrt gar nicht nötig gewesen sei. Im Gegenteil: Dass die Frau mit seinem Wagen gefahren sei, habe ihn regelrecht "schockiert", so der Angeklagte.

Bei der Verhandlung wird schnell klar: Zwischen den Parteien wurde nie über das Gewicht des Fahrzeuges geredet. An dieser Stelle könnte die Geschichte zu Ende sein, die Staatsanwaltschaft will jedoch nicht klein beigeben. Eine Einstellung des Verfahren sei zwar denkbar, eine Geldauflage von 500 Euro müsse es aber trotzdem geben. Denn, so das Argument des Staatsanwaltes: "Die Sorgfaltspflicht bei einer Kfz-Übergabe ist groß!" Oder anders gesagt: Der Angeklagte könnte das Aufpimpen seiner Fahrzeuge etwas zu lax angegangen sein.

Werkstattbesitzer in der Pflicht

Der schüttelt indes den Kopf: Warum den Kopf für etwas hinhalten, was er letztlich nicht beeinflussen konnte? Auch der Verteidiger will keine Geldauflage akzeptieren: Eine Fahrlässigkeit sei hier nicht gegeben. Zudem habe es gar keinen Grund gegeben, den Wagen auf öffentlichem Grund zu bewegen. Wenn überhaupt, hätte sich der Werkstattbesitzer darum kümmern und nachfragen müssen, was da auf seinem Hof gelandet war. Nicht zuletzt habe er ja auch gewusst, welchen Führerschein-Typ seine Freundin besitzt.

Damit hatte sich das Blatt schließlich gewendet. Die Staatsanwaltschaft machte das, was das Gericht schon im Vorfeld der Verhandlung angeregt hatte: Sie stimmte der Einstellung des Verfahrens zu – gänzlich ohne Geldauflage. Und aus dem schockierten Angeklagten war einer geworden, der beim Verlassen des Sitzungssaales wieder an das Gute glaubte.

 
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Kommentare
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  • H. S.
    Was eine Justiz-Posse, wie es sowas in Deutschland leider viel zu oft gibt!
    Der letzte Satz lautet dann: "Die Kosten des Verfahrens trägt der Staat", und das sind die Steuerzahler!
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  • P. L.
    Für sowas werden Gerichte beschäftigt
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  • P. B.
    Die Sorgfaltspflicht bei einer Kfz-Übergabe ist groß!" Oder anders gesagt: Der Angeklagte könnte das Aufpimpen seiner Fahrzeuge etwas zu lax angegangen sein.

    Dümmer gehts nimmer von der Staatsanwaltschaft. Und diese haben studiert.
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  • P. B.
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