
Bevor man anfing, sich im Internet kennenzulernen, geschah das tatsächlich noch in der realen Welt. Heute unvorstellbar. Aber so war's wirklich: Da versah die Dorothea Ende der 50er Jahre in der Postdienststelle in Dimbach vertretungsweise ihren Dienst, eingelernt wurde sie von dem Postbediensteten Johann. Ohne Handy. Kein Homeoffice. In echt. Kurz darauf läuteten in der Wallfahrtskirche in Dettelbach die Hochzeitsglocken.
Und so kam es, dass Dorothea und Johann Wehr dieser Tage in Volkach Eiserne Hochzeit feiern konnten. So wie jetzt auch Brigitte und Manfred Karl in Sommerach ebenfalls auf 65 Ehejahre zurückblicken. Ein eiserner Jahresbeginn.
Das Porto wird zur Aufbewahrungsgebühr
Wenn man so will, war früher die Postdienststelle in Dimbach das, was heute Tinder und Parship sind. Überhaupt muss man sich die Post früher ganz anders vorstellen. Sie war tatsächlich noch vor Ort. Seither hat sich viel getan. Es gab 57 Erhöhungen des Briefportos. Seit Anfang dieses Jahres kostet das Briefporto nunmehr 95 Cent. Wohl eine Art Aufbewahrungsgebühr, weil die Post unsere Briefe ja inzwischen ein paar Tage länger behalten darf.
Mit der Zeit wurden wir stolze Besitzer eines Briefmarken-Sammelsurium: 55 Cent. 58 Cent. Dann lieblose Drei-Cent-Marken. 60 Cent. 62 Cent. Dann lieblose Zwei-Cent-Marken. 70 Cent. 85 Cent. So kommt man zu einer Briefmarkensammlung.
Die Waage lebt jetzt in der Mülltonne
Es ist zum Heulen mit den ständigen Portoerhöhungen. Ich zum Beispiel gehe nicht mehr ohne Taschentuch zur Post, weil ich sicher bin: Eines nicht mehr fernen Tages wird das Taschentuch nötig sein, weil es sowieso nur noch Triefmarken zu kaufen gibt.
Die Portoerhöhung war zu Jahresbeginn nur ein Problem. Wie immer zum Jahresbeginn wurde alles teurer: Explodierende Tankstellenpreise. Verdoppelte Krankenkassenbeiträge. Bald wird man Geld zahlen, um einen guten Vorsatz haben zu dürfen. Oder wenn man abnehmen will. Was zutiefst ungerecht wäre, weil man Gewicht zwar verlieren kann, wie man will – es einen aber doch am Ende immer wieder findet.
Manche Zeitgenossen können das nicht akzeptieren. So wie jener Kitzinger, der es an Neujahr so auf den Punkt brachte: "Meine Waage hat gesagt, ich bin zu dick. Sie lebt jetzt in der Mülltonne!"
Wenn der Körper zu 73 Prozent aus Müdigkeit besteht
Was will man machen, wenn der Körper zu 73 Prozent aus Müdigkeit besteht – und der Rest immerzu Hunger hat. Im Alter kommt ein weiteres ein Problem dazu: die Vergesslichkeit. Sie kennen das: Man will sich endlich mehr bewegen. Was kommt dabei heraus? Nach einer Stunde joggen stellt man fest: Mist, vergessen loszulaufen! Zumal Atmen an sich oftmals schon eine echte Leistung ist – produktiver wird es zumindest am Jahresanfang nicht.
Zum Glück habe ich einen Trick, meine Mitmenschinnen aufzumuntern und der Vergesslichkeit zu entreißen. Ich frage dann gerne, ob sie meine Briefmarkensammlung sehen möchten. So hat man das früher gemacht. Damals, als das Porto halb so teuer war. Und als es noch eine Poststelle in Dimbach gab.