
Die Öffentlichkeit war nicht geplant. Als Sabine Lewan-dowski im Sommer vergangenen Jahres nach einem Thema für ihre Bachelorarbeit an der Hochschule für Künste in Bremen suchte, war plötzlich diese Idee da: Die gebürtige Kitzingerin setzte ihre Schwester ins rechte Licht und nannte das Projekt „Hundertdreiundvierzig Zentimeter“.
143 – die Zahl steht für die Größe der Schwester, die mit Down-Syndrom geboren wurde. Sabine Lewandowski hatte es schon immer gestört, dass Menschen mit Down-Syndrom oft sehr einseitig dargestellt und über einen Kamm geschoren werden.
Das wollte sie mit der Fotoserie ändern: Wie schön Menschen sein können, die oft nur einen mitleidigen Blick bekommen – das zu zeigen nahm sich die 29-Jährige vor, als sie ihre zwei Jahre jüngere Schwester Marina, die bei den Eltern in Albertshofen lebt und in den Mainfränkischen Werkstätten in Kitzingen arbeitet, zum Fotomodel machte. Sich dem Thema Down-Syndrom und Pränataldiagnostik aus künstlerischer Sicht zu nähern – es war für alle Beteiligten eine neue Erfahrung.
Heraus kam eine Fotoserie, die anders ist: Voller Nähe, voller Schönheit, voller bezaubernder Momente. Die Fotografin stellt ihre Schwester dar, wie sie sie sieht: als „ein überaus kostbares Geschenk“. Die Begeisterung der Älteren für die Jüngere ist groß: „Es ist bewundernswert, welches Gespür sie für andere Menschen besitzt. Marina erinnert mich immer wieder daran, was die wahren Werte sind: Familie, Glaube, Liebe, Zuversicht, Dankbarkeit und sich nicht ganz so ernst zu nehmen.“
Die Begeisterung erfasste auch Uni-Professor Peter Bialobrzeski, der neben einer guten Note den Tipp gab, sich mit dem Werk unbedingt für einen Fotopreis zu bewerben. So landete Sabine Lewandowski bei den „Sony World Photography Awards“, bei denen sie sich im Januar bewarb.
Ein Wettbewerb, für den 173 444 Bilder aus 177 Ländern eingeschickt wurden – so viele wie noch nie in der achtjährigen Geschichte – und der für den Sieger 25 000 Dollar bereit hält. Auch wenn die Gewinner erst am 23. April bekannt gegeben werden, konnte die Kitzingerin, die seit vergangenem Herbst noch ein Masterstudium Fotografie und Grafikdesign an der Hochschule für Künste in Bremen begann, schon einen ersten großen Erfolg verbuchen: Ihre Bilder kamen in die Endauswahl und tauchten auf der sogenannten „Shortlist“ auf.
Damit stehen zwei Dinge fest: Die Fotografin zählt schon mal zu den Top 30. Und: Ihre Bilder werden in London ausgestellt. Wer es nämlich auf die „Shortlist“ geschafft hat, landet automatisch bei einer Ausstellung, die vom 24. April bis 10. Mai in London ins Blickfeld der Öffentlichkeit kommt.
Ob's am 23. April klappt? Eine Prognose will Sabine Lewandowski lieber nicht wagen. Es spricht aber einiges dafür, dass die „Hundertdreiundvierzig Zentimeter“ so richtig groß rauskommen.
Weitere Infos gibt's im Internet unter www.worldphoto.org sowie
Sony Photography Award
Der Wettbewerb: Die Sony World Photography Awards werden seit 2008 jährlich von der World Photography Organisation in verschiedenen Kategorien als Auszeichnung für herausragende Fotografien vergeben. Namensgebender Sponsor ist der japanische Elektronikkonzern Sony. Die Teilnahme ist kostenlos und steht jedem Interessierten frei. 2013 wurden gut 120 000 Fotos eingereicht, 2014 waren es 173 444. Ausstellung: Die preisgekrönten Werke werden nach Bekanntgabe der Gewinner ab dem 24. April im Londoner Somerset House ausgestellt.