
Julian Englert ist seit 1. Februar Nahverkehrsbeauftragter des Landkreises Kitzingen. Er folgte auf Günter Rauh, der in den Ruhestand gegangen ist. Englert hat Geografie mit Schwerpunkt Verkehrsplanung studiert und war zuvor in Fulda als Verkehrsplaner tätig.
Woran scheiterte ein Fahrkartenverkauf am Kitzinger Bahnhof durch eine Agentur, die mit Personal besetzt ist?
Julian Englert: Die DB hatte bereits im Vorfeld Kontakt zu sämtlichen Agenturen und Reisebüros in Kitzingen bezüglich eines möglichen Fahrkartenverkaufes aufgenommen. Leider bestand von dieser Seite aus kein Interesse.
Wie kam es zu der Idee mit dem Video-Reisezentrum?
Englert: Ein Video-Reisezentrum bietet eine moderne und flexible Alternative zu einer personenbesetzten Verkaufsstelle und bringt einige Vorteile mit: Es verfügt mit 70 Stunden pro Woche über erweiterte Öffnungszeiten, so dass auch am Wochenende Fahrkarten gekauft werden können. Außerdem wird das Videoreisezentrum von fachkundigem Personal der Videoreisezentrale in Schweinfurt bedient. So können im persönlichen Gespräch mittels Videokamera nahezu alle Fahrkarten des Nah- und Fernverkehrs sowie Verbundfahrscheine erstellt werden.
Wie funktioniert’s?
Englert: Über eine einfache Bedienung per Knopfdruck, es gibt persönlichen Kontakt über Kamera und Mikrofon. Die Übertragung erfolgt verschlüsselt über schnelle DSL-Leitungen ohne Aufzeichnung. Der Kunde muss nur die Zahlung selbst tätigen, egal ob Münzen, Banknoten oder Kreditkarte. Die Lautstärke ist individuell regelbar und es gibt eine dynamische Warteschlangenanzeige.
Im kommenden Jahr soll es losgehen – wann genau?
Englert: Einen genauen Zeitpunkt gibt es noch nicht, da zunächst noch eine offizielle Bestellung der Bayerischen Eisenbahngesellschaft erfolgen muss.
Wer zahlt das Ganze?
Englert: Die Bayerische Eisenbahngesellschaft, kurz BEG, bestellt jetzt im Dezember im Auftrag des Freistaats 4,35 Millionen Zugkilometer im elektrischen Regionalzugverkehr der Mainfrankenbahn. In den Ausschreibungsunterlagen wurde für den Vertrieb auch eine Verkaufsstelle im Kitzinger Bahnhof gefordert. Der Aufgabenträger, also die BEG, trägt die entsprechenden Kosten.
Themawechsel: Wie ist der aktuelle Stand bei der Mainschleifenbahn?
Englert: In diesem Jahr wurde die Mainschleifenbahn-Infrastruktur-GmbH – MIG – gegründet, um die Reaktivierung des Schienennetzes der Mainschleifenbahn von Seligenstadt bis Astheim zu realisieren. Gegenstand der Gesellschaft ist auch die operative Umsetzung des Projektes und die Integration in den allgemeinen Schienenpersonennahverkehr. Hierzu zählen insbesondere der Abschluss eines langfristigen Pachtvertrages über die Schienenstrecke, die Sanierung und Instandhaltung dieser Schienenstrecke sowie der Abschluss von Nutzungsverträgen mit Verkehrsunternehmen.
Es gibt viel zu tun – wer kümmert sich darum?
Englert: Für die Planung zur Reaktivierung des Schienenweges sollen ein Generalplaner und gegebenenfalls ein Projektsteuerer beauftragt werden, die im Wege eines Vergabeverfahrens auszuwählen sind. Das europaweite Vergabeverfahren wird schnellstmöglich eingeleitet.
Die BEG macht sich für die Integration der Mainschleifenbahn in den allgemeinen Schienenpersonennahverkehr stark und fordert gleichzeitig die Einrichtung einer Verkaufsstelle für Tickets im Kitzinger Bahnhof, die kurioserweise von Schweinfurt (!) aus bedient wird.
Im gleichen Atemzug macht gerade diese Institution die Steigerwaldbahn durch ein windiges Gutachten tot, die aufgrund zweier anderer Gutachten als reaktivierungswürdig angesehen wird. Für die Kitzinger Bürgerinnen und Bürger wäre Schweinfurt auf direktem Weg erreichbar - ohne Umwege über Seligenstadt und Rottendorf. Die Stadt Kitzingen hatte im übrigen nichts anderes zu tun als die Verbindungsmöglichkeit bis Großlangheim entwidmen zu lassen.