
Viel exklusiver kann man nicht arbeiten. Das schönste Haus am Platz. Nicht zu verfehlen, der Anfahrtsweg führt direkt hin. Hier war einst die Kitzinger Kommandantur untergebracht, hier liefen die Fäden zusammen. Das war 1917 im Kaiserreich so, als hier eine Flugschule für die aufstrebenden Luftstreitkräfte entstand. Das war später bei der Wehrmacht und dann auch unter US-Flagge so.
Als nach knapp 100 Jahren das militärische Kapitel beendet war und die zivile Nutzung begann, änderte sich nichts an der Bedeutung der dreiflügeligen Anlage: Von hier aus werden weiterhin die Weichen gestellt. Das Haus mit der eher unspektakulären Nummer 103 ist unumstrittener Mittelpunkt, das Herz des Parks.

Die Männer, die heute hier die Weichen stellen, heißen Markus Blum und Christoph Schlötterer und sind unter anderem Geschäftsführer des Projektentwicklerbüros Blumquadrat. Ihre Geschichte im Haus 103 beginnt im November 2012. Damals bekam man den Zuschlag für die zum Verkauf stehende frühere US-Liegenschaft, die seit dem Abzug der Amerikaner seit 2006 leer stand. Im März 2013 zog die Iphöfer Firma mit der offiziellen Übergabe des neuen Industrieparks, der oft wie eine Parkanlage wirkt, endgültig in das ehemalige und jetzt gründlich sanierte Kommandantur-Gebäude.
70 Hektar und 100 Gebäude warteten auf Entwicklung
Was bis dahin noch Harvey-Barracks hieß, trug nunmehr den Wortspiel-Namen ConneKT. Ein Technologiepark, der – so war der Plan – in zehn Jahren entwickelt werden sollte. 70 Hektar und rund 100 Gebäude warteten auf eine Neubelebung. Dazu kommen gut 130 Hektar wertvolle Naturflächen (FFH), die nicht angetastet werden.
Und es wartete noch etwas: viele Hürden. Bis zum Baurecht im August 2015, um verkaufen und vermieten zu können, war es ein steiniger Weg, betont Blum. Zudem richtete sich der Blick immer wieder gen Boden: Altlasten konnten ebenso jederzeit auftauchen wie Kampfmittel, also beispielsweise die berüchtigten Blindgänger. Eine Rechnung mit einigen Unbekannten, eine extra Portion Risiko für die Investoren.
Dass letztlich alles viel schneller ging, spricht für die Investoren. Zu 90 Prozent ist alles geregelt, man sei "eigentlich fertig", sagt Markus Blum mit einem breiten Lächeln.

Gewonnen und ihr Risiko abgemildert hatten die Investoren mit einem Coup gleich zu Beginn: Das Weltunternehmen Schaeffler aus Schweinfurt kaufte sich auf 14,8 Hektar ein und baute ein europaweites Verteilerzentrum, das 2017 in Betrieb ging.
Danach ging es Schlag auf Schlag, Überholspur war angesagt. Ein bunter Mix zog in die ehemalige US-Flugplatzkaserne, von Weltfirmen bis zum Handwerkermeister. Knauf verlagerte beispielsweise seine IT-Sicherheit in den Park. Das Jobcenter siedelte sich an, ebenso Schäflein-Logistics, ein Gebäudereiniger und der schwedische Autozulieferer Veoneer.
Das Ziel: 2000 Arbeitsplätze
Aktuell bringt es der Industriepark auf 1400 Arbeitsplätze. Kommendes Jahr sollen es dann 1700 sein, am Ende sogar 2000. Vor allem Büroflächen sind noch zu haben, hier dämpfte Corona zuletzt die Nachfrage.

Jetzt, da langsam alle wieder in die Büros zurückkehren und die Corona-Lockdowns überwunden scheinen, wird auch an einem besseren Bus-Pendelverkehr gearbeitet. Den Investoren schwebt "ein Stadtbusverkehr mit einem ordentlichen Takt" vor. Das dazugehörige Versprechen lautet: "Da sind wir dran", betont Markus Blum. Zudem werden demnächst Schnellladestationen für E-Autos nachgerüstet.

Überhaupt wuchs die Infrastruktur von Anfang an immer mit: Nachdem es zunächst nur im Norden über die Staatsstraße nach Großlangheim eine Zufahrt gegeben hatte, folgten bald eine West- sowie Ostzufahrt. Die ehemalige Kirche wurde zu einem Veranstaltungsraum umfunktioniert, auf 200 Quadratmetern können jetzt Veranstaltungen für 199 Personen stattfinden. Noch ein Meilenstein: Gleich nebenan machte der Sonderlandeplatz, den der Kitzinger Luftsportclub (LSC) betreibt, wieder auf.
Der sowieso schon grüne Park wurde auch auf eine andere Art immer grüner: Auf den Dächern des Parks landeten mehr und mehr PV-Anlagen. Kam der Strom zunächst aus einem mit Holzpellets betriebenen Drei-Megawatt-Nahwärmekraftwerk, gab es ab 2018 ein neues Acht-Megawatt-Kraftwerk. Möglichst viel in Eigenregie, unbedingt Co2-neutral – das hat man sich ganz fest auf die Fahnen geschrieben.

Natürlich kann nicht alles klappen – dazu zählt beispielsweise die Bahnstrecke von Etwashausen nach Schweinfurt. Der Abschnitt, damals von vielen schon totgesagt, interessierte Markus Blum, und der Projektentwickler signalisierte Kaufbereitschaft. Die Verhandlungen hinter den Kulissen liefen – am Ende jedoch ins Leere. Heute ist von den 1,6 Kilometern, die als Nebengleis mitten durch das Industriegebiet laufen, inzwischen ein Teil abgebaut.
Vertane Stadthalle-Chance
Eine weitere Idee, die ebenfalls nicht umgesetzt wurde: Hangar und Tower stehen noch leer, der Luftsportclub braucht sie nicht.

Die große Halle mit Parkettboden und den Nebengebäuden drängt sich als Veranstaltungszentrum geradezu auf. Eine Stadthalle für Kitzingen – die Stadt hätte zugreifen können. Warum das nicht geschah, gehört zu den großen Rätseln der jüngeren Stadtgeschichte und lässt heute noch viele den Kopf schütteln.

Bleibt noch eine Frage: Wenn doch der Park fast fertig entwickelt ist – was wird dann aus der Zentrale in Haus 103? Schafft sich Blumquadrat selber ab? Die Inhaber schütteln den Kopf: Zum einen gibt es ja noch das Architekturbüro Blum/Diez. Dann ist da die eigene Hausverwaltung. Und schließlich kommen auf die Vermarktungsfirma immer wieder neue Aufgaben zu, zuletzt in Giebelstadt. Insgesamt arbeiten in der Zentrale derzeit 35 Mitarbeiter. Das Herzstück mit der 103 bleibt also auch in Zukunft Herzstück.
