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VOLKACH
Wer schlecht sieht, stürzt eher
Projekt „Sehen im Alter“: Optometristin Anna-Maria Koob-Mathes prüft bei Irma Fischlein die Lichtscheinwahrnehmung.
Foto: Renate Reichl | Projekt „Sehen im Alter“: Optometristin Anna-Maria Koob-Mathes prüft bei Irma Fischlein die Lichtscheinwahrnehmung.
Renate Reichl
 |  aktualisiert: 16.04.2014 13:40 Uhr

Eine Lesebrille hat Altenheimbewohnerin Erna Haupt schon seit Jahren. Ansonsten aber braucht sie keine Augengläser. „Ich bin ganz zufrieden mit meinen Augen“, meint die 90-Jährige lächelnd.

Trotzdem nutzt sie gerne die Möglichkeit der augenärztlichen Untersuchung, die das Volkacher Bürgerspital gemeinsam mit der Blindeninstituts-Stiftung, der Universitäts-Augenklinik Würzburg, der LowVision-Stiftung und der Johann Wilhelm Klein-Akademie für die Bewohner kostenlos organisiert. Es ist ein unterfrankenweites Modell-Projekt des Caritasverbandes zum Thema „Sehen im Alter“.

Für jedes Problem eine Lösung

Auch die 93-jährige Irma Fischlein, die seit etwa vier Jahrzehnten blind ist, lässt ihre Augen genauestens unter die Lupe nehmen und sich über eventuelle Hilfsmittel und rehabilitative Maßnahmen informieren. Denn Orthoptistin Sabine Kampmann und Optometristin Anna-Maria Koob-Matthes haben für jedes Problem eine passende Lösung parat. Da eine Augenerkrankung oft auch die Mobilität und Orientierungsfähigkeit einschränkt, sind speziell ausgebildete Reha-Lehrkräfte im Team dabei.

Zunächst gibt es Fragen zu Person und Krankengeschichte sowie die Überprüfung der Sehschärfe und Sehfunktion. Dabei geht es vor allem um Kontrastsehen, Gesichtsfeld und Lesefähigkeit. Zudem haben die Senioren die Möglichkeit, Sehhilfen und weitere Hilfsmittel auszuprobieren. „Wir möchten den Anstoß dazu geben, dass eine fachübergreifende Sehversorgung durch Diagnostik, Therapie, Beratung und Rehabilitation in Senioreneinrichtungen dauerhaft gewährleistet ist“, unterstreicht Projektleiterin Sabine Kampmann die nachhaltige Ausrichtung des Vorhabens.

Irma Fischlein erzählt von den vielen, vielen Untersuchungen, als ihr Augenlicht schon in den 70er Jahren immer schwächer wurde. Außerdem habe sie bereits mehrere Operationen hinter sich, die alle nichts gebracht haben. „Ich bin von Klinik zu Klinik gewandert“, sagt sie. „Aber die Diagnose war eindeutig: „Grüner Star“ – und das mit 50 Jahren“. „Geerbt habe ich das sicher nicht, meine Eltern und Brüder waren nur kurzsichtig“, berichtet sie weiter. Eine Lichtschein-Wahrnehmung bei Sonnenschein, allerdings nur am linken Auge, ist vorhanden, ergänzt Anna-Maria Koob-Matthes. Hier gilt es nun, andere Hilfsmittel abzufragen, wie die Beantragung des Blindengeldes und die eventuelle Weiterleitung der Seniorin an Rehabilitations-Lehrer für Mobilität und Orientierung.

Blindentechnisch gut ausgestattet ist Irma Fischlein allemal, sie verfügt über eine Vielzahl an Hörbüchern, sprechende Uhren und was es auf diesem Sektor noch alles gibt.

Seniorin Erna Haupt ist guten Mutes. Sie ist fit – zumindest was die Augen angeht. So wird bei ihr nach der Familien-Anamnese als erstes die Sehschärfe getestet. „Ich gehe nur zum Augenarzt, wenn mir wirklich etwas fehlt“, sagt die 90-Jährige stolz. „Und das ist sehr selten“.

Orthoptistin Sabine Kampmann, die auch die Projektleitung übernommen hat, fragt nach Medikamenten, Lichtempfindlichkeit und sonstigen Problemen. Auch, ob Erna Haupt schon mal gestürzt ist. Denn Stürze und schlechtes Sehen hängen oft eng zusammen. „Die ganzen Sturz-Präventionsmaßnahmen sind zwar super für die nachlassende Gleichgewichtsfähigkeit und die Stärkung der Muskelkraft, aber leider wird die Sehfähigkeit bei der Sturzprophylaxe nicht berücksichtigt, sprich Sehschärfe, Gesichtsfeld und Kontrastsehen“, bedauert Kampmann.

Nichts Auffälliges zu entdecken

Doch bei Erna Haupt ist, außer der kleinen Sehbeeinträchtigung, nichts Auffälliges zu entdecken. Sie liest nicht nur mit ihrer Lesebrille die Texte an der Sehtesttafel fehlerfrei. Auch bei der Kontrolle der Kontrastsehschärfe erkennt sie ohne zu zögern die Zeichen. Und selbst bei der Prüfung, ob beide Augen gut zusammenarbeiten, stellt Sabine Kampmann nur Positives fest.

Insgesamt werden rund 500 Personen in rund 20 Senioreneinrichtungen untersucht. Für wichtig halten die Experten vor allem auch Vorsorge und Aufklärung von Angehörigen und Pflegekräften. Interessant ist außerdem die Frage, wie hoch der Anteil sehbehinderter Menschen in Senioreneinrichtungen in Unterfranken ist, wie gut die augenärztliche Versorgung aussieht und wie den Bewohnern mit Sehbehinderung der Alltag erleichtert werden kann.

Buchstaben erkennen: Orthoptistin Sabine Kampmann prüft Erna Haupts Sehfähigkeit an der Lesetafel.
| Buchstaben erkennen: Orthoptistin Sabine Kampmann prüft Erna Haupts Sehfähigkeit an der Lesetafel.
 
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