
Seit 500 Jahren wird Bier aus Wasser, Hopfen, Malz und Hefe gebraut. Das Reinheitsgebot, ältestes gültiges Lebensmittelgesetz, wird 2016 gebührend gefeiert. Die Vorfreude merkt man auch den heimischen Brauereichefs an: Beim Treffen in Krautheim erläutern Gastgeber Friedrich Düll (Düll/Krautheim), Karl-Heinz Pritzl (Kauzen/Ochsenfurt), Eckhard Himmel (Kesselring/Marktsteft), Sebastian Rank (Düll/Gnodstadt) und Karl Wolf (Wolf/Rüdenhausen), was das Reinheitsgebot für sie bedeutet.
„Es ist ein Kulturgut, wie ein Kunstwerk“, findet Karl-Heinz Pritzl. „Es ist erstaunlich, ja sensationell, dass sich bis heute mit einer Vorschrift aus dem Jahr 1516 hervorragendes Bier brauen lässt“, findet der Präsident der Gemeinschaft Mainfranken-Bier. Ursprünglich stamme Bier aus Mesopotamien, dem heutigen Irak. Und Pritzl ist überzeugt, dass die Welt zwischen Euphrat und Tigris friedlicher wäre, wenn Muslime – wie einst ihre Urväter – noch Gerstensaft trinken dürften.
Auf europäischer Ebene werde das Reinheitsgebot immer wieder in Frage gestellt, so Pritzl. „Es muss bleiben – als Qualitätssiegel!“ Heimisches Bier werde entsprechend gebraut. „Auch wer andere Biere trinkt, zum Beispiel mit Schokolade oder Ingwer, fällt nicht tot um. Aber richtiges Bier ist eben ohne Schokolade, also muss ich mich entscheiden.“
Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker habe zum Reinheitsgebot einst gesagt: „Ich würde mir wünschen, dass die Luft so rein wäre wie das Bier.“ Winzer und Bäcker würden die Brauer darum beneiden. Sebastian Rank stimmt uneingeschränkt zu. „Ich glaube, dass die ganze bayerische Brauwirtschaft dem Reinheitsgebot ihr Ansehen zu verdanken hat, ihr weltweites.“

Dietrich Oechsner aus Ochsenfurt, der beim Brauertreffen gefehlt hat, nennt das Reinheitsgebot „die DNA unserer Biere.“ Friedrich Düll verweist darauf, das die Fortschritte in Brauindustrie und Maschinenbau aus Deutschland kommen. „Wir haben immer die Technik verfeinert, die Anderen auf Chemie und Zusätze gesetzt.
“ Heimisches Bier habe ein Alleinstellungsmerkmal, darf keinerlei Konservierungsstoffe, Farbstoffe oder Geschmacksverstärker enthalten. „Darauf sollten wir stolz sein“. Bis zu 65 chemische Zusätze seien EU-weit und anderswo erlaubt, ausländische Brauereien dürfen in Deutschland nach einer erfolgreichen Klage derartige Biere auf den Markt bringen. „Die Diskussion ums Reinheitsgebot wollen uns die Amis reindrücken. Sie sind an fast jedem Blödsinn schuld, der gemacht wird.“
Das Reinheitsgebot sei für die Brauer früher selbstverständlich gewesen, „da wurde nie drüber diskutiert. Das war einzuhalten und fertig,“ so Düll. Medial werde Craft-Bieren große Aufmerksamkeit geschenkt. „Dabei heißt das doch nur: handwerklich gebraut. Haben wir jemals schon etwas Anderes gemacht?“ Kollege Himmel sagt drastisch: „Die Amis waren so blöd, erst die kleinen Brauereinen kaputt zu machen. Und jetzt kommt die Gegenbewegung, bei der man übers Craft-Bier die Handwerksbrauer hoch leben lässt“.
Himmel bleibt gelassen. „Wenn der Umsatz bei Craft-Bieren so groß wäre wie bei das mediale Interesse, müssten wir uns langsam Sorgen machen – so nicht.“ Zudem sollte ein Bier zum Weitertrinken animieren. „Stattdessen hat man das Gefühl: Noch den Schluck, dann reicht es wirklich“. Kollege Pritzl vermutet augenzwinkernd ein Komplott der Weinindustrie. „Die Leute sollen nach Craft-bier sagen: Jetzt brauche ich einen Rotwein.“
Weiter im Trend liegt Regionalität. Allerdings werde deren Radius immer kleiner, hat Kauzen-Chef Pritzl festgestellt. „Vor zehn oder 20 Jahren galten wir in Schweinfurt als regionales Bier. Heute sind wir schon in Gerolzhofen fast exotisch.“ Erfreulich sei, dass sich im Kerngebiet von 25 bis 30 Kilometern der Umsatz positiv entwickelt habe. 2015 sei ein gutes Jahr gewesen. „Man muss auch mal Minus machen, damit man wieder Plus machen kann“, scherzt er mit Blick auf 2014.
Anlass zur Euphorie bestehe aber nicht: Das Gasthaus-Sterben geht weiter, Stammtische werden weniger, weil sich die Gewohnheiten ändern. „Die Lokale müssen sich auf Essensgastronomie umstellen“ findet Friedrich Düll. Kollege Rank sieht sich auf genau diesem Weg bestätigt. „Ich wundere mich manchmal, von woher die Leute zu uns nach Gnodstadt kommen. Man könnte denken, es gibt keine anderen Wirtschaften mehr.“

Wichtig: Die Rentner von einst und heute seien nicht mehr vergleichbar. „Früher waren die Alten jeden Tag in der Wirtschaft. Die sind nach dem Frühschoppen heimgekommen, haben drei Stunden geschlafen, dann sind sie wieder in die Wirtschaft.“, so Pritzl. Heute müssten Senioren fit sein, Touren auf dem Fahrrad machen, Laufen, Golf spielen. „Und danach wird vielleicht ein Bier getrunken, wenn überhaupt.“