
Instrumente auf Abwegen und tödliche Töne: Als Musiker erlebt man so einiges. Karl Graf zu Castell-Rüdenhausen, leidenschaftlicher Blasmusikfreund, hat jahrelang wahre Geschichten und Anekdoten zusammengetragen. In seinem neuen Buch "Musikalische Missgeschicke" lässt der Autor professionelle Musiker erzählen – Ernst Mosch, Herbert von Karajan, Justus Frantz – und fränkische Musikanten, einige aus dem Raum Kitzingen. Hier verrät Graf zu Castell-Rüdenhausen seine sieben Lieblingsgeschichten.
1. Nächtliche Ruhestörer gründen eine Kapelle

Ausgerechnet in der Karwoche fielen einer Gruppe weinseliger Rüdenhäuser alte Blasinstrumente in die Hände. Vom Wein beflügelt, entlockten die Möchtegern-Musikanten den Posaunen, Hörnern und Trompeten, die Karl Graf zu Castell-Rüdenhausen für seine Instrumentensammlung erworben hatte, allerhand Misstöne, die sie selbst aber genial fanden. Lautstark zogen sie durch ihren Heimatort – "nachts um vier, kurz vor Ostern". Die Dorfbewohner waren darüber nicht amüsiert.
"Am nächsten Tag haben wir uns entschuldigt. In jugendlichem Übermut versprach ich, dass wir bis zur Kirchweih drei Märsche vernünftig spielen könnten", berichtet zu Castell-Rüdenhausen. Mit Unterstützung einiger Mitglieder des Posaunenchores klappte das tatsächlich. Die "Rüdenhäuser Wengertsmusikanten" gibt es nun schon über 30 Jahre.
2. Geldsäcke? Nein, Taubenfutter unterm Hintern der Musiker

Der "König der Blasmusik", Ernst Mosch, hatte ein großes Hobby: Tauben züchten. Während einer Europatournee mit seinen Original Egerländer Musikanten kaufte er in Dortmund 700 Kilo Taubenfutter ein, berichtet zu Castell-Rüdenhausen. Der Bus war bereits voll beladen, also quetschte man die Säcke unter die Sitze der Musiker. "Als Passanten beim Blick in den Bus fragten, worauf die Musiker denn da sitzen, bekamen sie zur Antwort: 'Das sind unsere Einnahmen vom heutigem Konzert.'"
3. Vögel in den Ohren

Moschs Nachfolger, der jetzige Leiter der Egerländer Musikanten, Ernst Hutter, denkt heute noch an sein vogelwildes Tenorsolo bei einem Konzert in Nürnberg. Anstatt der "Südböhmischen Polka" hatte er die "Dompfaff-Polka" im Kopf – und in den Fingern. Der Buchautor erinnert sich zudem an eine Erzählung aus Rüdenhausen: Eine kleine Amsel brachte mit ihrem Gesang den Leiter eines großen Chores derart aus dem Konzept, dass er es einfach nicht schaffte, seinen Sängern die richtigen Anfangstöne vorzugeben.
4. Singen statt spielen

"Schön ist es, wenn Musiker aus der Not eine Tugend machen", findet Graf zu Castell-Rüdenhausen. So sollten Kilian Mend und seine Marktbreiter Musikanten bei einem Besuch in Tschechien kurzfristig einen Festzug spielen. Doch ihre Instrumente lagen gerade im Bus, kilometerweit weg. "Also marschierten sie kurzentschlossen singend mit: 'Wohl auf die Luft geht frisch und rein'."
5. Frankenthal hin, Frankenthal her

Mit einem äußerst beharrlichen Busfahrer hatten einst die Hergolshäuser Musikanten zu tun, die Europameister in böhmisch-mährischer Blasmusik. Statt Frankenthal in der Rhön steuerte der Fahrer Frankenthal bei Gera an. Jeden Hinweis, er möge doch die Route prüfen, ignorierte er stoisch. "Zum Glück war die früher angereiste Aufbautruppe im richtigen Frankenthal gelandet. Der kleine Trupp spielte, was das Zeug hielt."
6. Hochzeitsfeier mit nur fünf Liedern

Unvergesslich ist für den Autor der Missgeschicke auch ein Auftritt der Rüdenhäuser Blaskapelle auf einer Hochzeit in der Eifel. "Es war kurz nach unserer Gründung und wir hatten nur fünf Lieder im Repertoire, gerade genug für ein Ständchen." Die Hochzeitsgesellschaft jedoch erwartete, dass die Franken die musikalische Untermalung des gesamten Festes übernahmen. "So viele Wiederholungen an einem Abend hat es weder vor- noch hinterher je gegeben."
7. Spielen oder spülen?

"Es war eine Geburtstagsfeier im Rüdenhäuser Schloss", erzählt Karl zu Castell-Rüdenhausen von einem Missverständnis. Zwei Trompeter aus dem Salzburger Land musizierten und schauten auch mal zu den Helferinnen in die Küche. "Sie fragten: 'Madla, derf ma euch was spuin?' Darauf antwortete eine postwendend: 'Nein danke, wir haben eine Maschine.'"
Musikalische Missgeschicke
