Heimtückische Kommandosache: Am 18. März wird die neue Fränkische Weinkönigin gewählt. Doch beim großen Treffen der Winzer, Juroren und Fans in Würzburg fehlt eine entscheidende Person: „Mein Masterplan steht: Ich fliege am 15. März nach Südamerika, natürlich mit der Krone“, verkündet Kristin Langmann mit gespieltem Ernst.
Bei der Rundreise ihrer drei Nachfolge-Kandidatinnen am Montag verblüfft die 23-jährige Bullenheimerin sowohl Gastgeber als auch Mitreisende immer wieder: Treffend und kurzweilig ihre Weinbeschreibungen, schlagfertig ihre Antworten: Ganz offensichtlich hat da jemand Spaß an seinem Amt.
Der jedoch ist bald vorbei: Katharina Prozeller aus Eibelstadt, Christina Schneider aus Nordheim und Kristina Reinhart aus Donnersdorf greifen nach der Krone. Aber zur Wahrheit gehört auch: Für Zwei wird der 18. März eine herbe Enttäuschung. Also Zickenkrieg, versteckte Bosheiten, verbale Fouls?
Nix von alledem: Die Drei stecken immer wieder die Köpfe zusammen, kichern und gackern wie ziemlich beste Freundinnen. Verschwinden nach der ersten Etappe im Bürgerspital gemeinsam Richtung Klo – noch so ein untrügliches Zeichen. Und sogar bei der hochsensiblen Kleiderfrage sind sich die jungen Damen rasch einig geworden: Diesmal ist Schluss mit festlicher Abendgarderobe, diesmal geht es im Cocktailkleid auf die Bühne.
„Das finde ich richtig gut. Frankenwein will moderner, spritziger rüberkommen. Dazu passt das perfekt“, findet Nicole Then, die frühere Fränkische und Deutsche Weinkönigin. „Bei meiner Kandidatur 2003 lautete die Frage noch: Kann man ohne Dirndl auf die Bühne gehen? Damals war das lange Abendkleid die Neuerung, die Sensation.“ Then wird die Wahl am 18. März zusammen mit Axel-Robert Müller moderieren, ist extra zum Mittagessen ins Gasthaus zum Schwan nach Castell gekommen, um Einzelheiten mit den Kandidatinnen abzuklären.
So wird das „Du“ vereinbart, weil es persönlicher klingt. Wer wann zur Fragerunde auf die Bühne kommt, steht auch bereits fest, wurde ausgelost: Katharina die Große – sie misst 1,89 Meter – fängt an, dann folgt Kristina – kurzhaarig, blond – vor Christina mit dunklen, langen Haaren.
Was sich durch den ganzen Tag zieht: Alle Weingut-Chefs warnen die Drei eindringlich davor, auswendig Gelerntes einfach bloß aufzusagen, Publikum und Jury mit vorgestanzten Sätzen zu nerven. Die netteste Art, diese Botschaft zu vermitteln, findet Heidrun Kaufmann: Die Fränkische Weinkönigin von 1991 aus Erlenbach betreibt jetzt mit ihrem Lebenspartner den Schwan in Castell. Am süßen Abschiedsgeschenk für die Bewerberinnen hängt handgeschrieben der Spruch: „Zeig dich, wie du bist. Und sei, wie du dich zeigst“. Er stammt von Ordensschwester Maria Ward, 500 Jahre ist das her – aber es gilt mehr denn je.
Kristin Langmann haut mal wieder einen raus: „In der Zeit vor der Wahl durchlebt man grundverschiedene Phasen, wie Menschen vor dem Sterben.“ Sie muss es wissen, schließlich studiert sie soziale Lehre fort, hat in entsprechenden Einrichtungen gearbeitet. Den Wechsel zwischen Euphorie, Verzweiflung, Nervosität bis zu dem Tag, an dem man einfach froh ist, wenn es endlich los geht, irgendwie alle Last von einem abfällt – dafür findet Nicole Then ein positiv besetzteres Beispiel, eine Schwangerschaft. „Erst ist man voller Adrenalin, total happy, irgendwann aber nervt der Bauch, der fehlende Schlaf.“
Beobachtet man die drei jungen Damen, ist von Nervosität oder gar Stress kaum etwas zu spüren. Auf der Rundreise gehören Fragerunden mit Medienvertretern dazu, die Drei lassen sich nicht aus der Reserve locken bei Fragen wie: „Warum bist du besser als die Anderen?“, die Antworten sind Prinzessinnenwürdig. Kristina aus Donnersdorf, mit 20 die Jüngste, outet sich als Helene-Fischer-Fan, findet deren Shows einfach grandios. Christina (21), die Psychologie studiert, hat eine Lebensweisheit ihrer Oma verinnerlicht: „Bleib wie du bist, dann kriegst du alles im Leben hin.
“ Und Katharina (23) fände eine Weinreise nach Kanada aufregend, hat sich per Google versichert, dass es dort tatsächlich Weinbau gibt, wie sie gehört hatte.
Sie selbst hat früher im Weinberg geholfen, inzwischen haben ihre Eltern und der Onkel die Weinberge an die GWF verpachtet. „Wir hätten einfach zu viele Maschinen kaufen müssen. Das hätte sich bei unseren paar Zeilen nicht gelohnt.“ Kristinas Reinharts Eltern haben ihre Weinberge am Fuß des Zabelstein, sind Nebenerwerbswinzer. Sie bauen selbst die für das kleine Gebiet typischen, ehrlichen Trinkweine aus, vorwiegend für Kunden aus der Bamberger Gegend. „Ich liebe es, mit unserem alten Fendt rumzukurven“, schwärmt die Donnersdorferin. Christina Schneider ist mit ihren zwei Brüdern und ihrer Schwester quasi im Wengert groß geworden. Ihr Papa Markus Schneider leitet das Familien-Weingut am Vögelein mit elf Hektar.
Richtig begeistert sind die Drei im Iphöfer Weingut Wirsching von Gastgeberin Andrea Wirsching. „Rutscht ein bisschen zusammen, Queen Mum setzt sich zu euch“, nimmt sich die lebensfrohe Frau auf den Arm. Zum 100. Geburtstag der Scheurebe hält sie ein Plädoyer für diesen Wein, schwärmt wenig später vom Riesling, zaubert eine Rarität nach der anderen zum Verkosten auf den Tisch. „Ihr sollt ja möglichst viel lernen. Und wenn eine von euch Hilfe braucht – meldet euch.“
Diesen Angebot gibt es auch beim Bürgerspital, der GWF, im Schlossweingut Castell und an der letzten Station, im Weinparadies. Dort ist gerade große Baustelle, Markus Hillabrand hat Großes vor: Die oberste Liga Frankens soll es werden, das Vorbild heißt Horst Sauer. Stimmlich ist Opa Adolf eine Wucht, ein Charmeur obendrein: „Ich bin der Alte“, stellt er sich vor, plaudert drauflos, macht den Mädels schöne Augen. Dann singt er: „Ich hab' den Wind belauscht, der durch die Reben rauscht, er sagt, der Wein in diesem Jahr wird wieder wunderbar.“
Wunderbar, das verspricht auch die nächste Fränkische Weinkönigin zu werden: Egal wer es wird, das Zeug dazu haben alle Drei!