Es ist in diesen Zeiten ein marginales Problem. Aber es brennt der fränkischen Weinwirtschaft unter den Nägeln. Die Amtliche Weinprüfstelle an der Regierung von Unterfranken hat geschlossen, seit Ministerpräsident Markus Söder den Katastrophenfall für Bayern ausrief. Die Winzer sorgen sich um ihren Absatz.
„Jetzt ist Füllzeit“, erinnert der Geschäftsführer des Weinbauverbandes, Hermann Schmitt, und fügt hinzu: „Die Verbraucher fragen trotz Corona verstärkt Frankenwein nach.“ Die Lieferkette müsse unbedingt aufrecht erhalten bleiben. Doch die ist an einer empfindlichen Stelle unterbrochen. Die Amtliche Weinprüfung ist bis auf Weiteres ausgesetzt. Ohne das Prüfsiegel können die Produkte der Winzer höchstens als Landwein in den Handel gebracht werden. Auf der untersten Qualitätsstufe. Viel Geld würde verschenkt. „Das darf nicht passieren“, sagt Schmitt.
Die Amtliche Weinprüfung ist bei der Regierung von Unterfranken angesiedelt. Sie stellt ein Team von Prüfern zusammen, das die angestellten Weine auf ihre Qualität hin überprüft und ein Prüfsiegel vergibt. Erst danach kann der Wein in den Handel gelangen – als Qualitätswein oder als Prädikatswein.
Ein Prüfungsteam besteht in der Regel aus sechs Personen, das aus Vertretern des Weinhandels, der Winzerschaft und der Regierung zusammengesetzt ist. Letztere werden derzeit für drängendere Aufgaben benötigt. „Die allerhöchste Priorität hat derzeit die Gesundheitsvorsorge und das Abmildern der Pandemie“, betont der Sprecher der Regierung von Unterfranken, Johannes Hardenacke. Gleichzeitig werden die ersten Anträge von Unternehmen auf Notkredite bearbeitet. Mehr als zwei Dutzend Mitarbeiter kümmern sich um die Registrierung, Prüfung und Auszahlung. „Das geht alles unbürokratisch und schnell“, versichert Hardenacke. „Aber dafür brauchen wir jede freie Hand.“
In den ersten zwei Tagen sind 6000 Anträge bei der Regierung eingelaufen, bis Montag waren es bereits 9000. „Die Weinprüfung ist in der Prioritätenliste deshalb nach hinten gerutscht“, so Hardenacke. Zumal ein ganz praktisches Problem hinzukommt: Kontakte sollen möglichst vermieden werden. Die Winzer müssen ihre zu prüfenden Weine aber irgendwie in die Prüfstelle bringen. Dort agieren Prüfungsteams auf engem Raum zusammen.
Hermann Schmitt kann die Maßnahmen der Regierung gut verstehen, er schlägt deshalb eine Alternative vor: Die Weinprüfung wird für die Zeit der Corona-Krise vom Weinbauverband organisiert. „Ein Pool an Prüfern wäre vorhanden“, versichert er. Auch die Räumlichkeiten könnten gestellt werden – in der Verbandszentrale oder in den Räumen der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG). „Diese Lösung wäre ab sofort machbar“, versichert Schmitt. Und ergänzt: „Wir würden die Regierung von Unterfranken auf diese Art und Weise entlasten.“
Wie dringend eine schnelle Lösung ist, verdeutlicht der Vorstandsvorsitzende der GWF, Andreas Oehm, und verweist auf die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel. Wenn die gebuchten Regale nicht mehr aufgefüllt werden, droht eine Vertragsstrafe. Steht kein Frankenwein im Regal, greifen die Kunden zu anderen Produkten. Und das wird auch in ein paar Wochen noch möglich sein. „In anderen Bundesländern ist die Lieferkette nicht unterbrochen“, erklärt Oehm. Dort haben die Ministerien die Weinprüfung nicht an die Regierungen vor Ort delegiert – sondern an die Weinbauverbände.
„Wir schreien nicht nach Geld, sondern suchen nach einem gangbaren Weg“, betont Andreas Oehm und hofft auf ein Einlenken aus München. Dort ist Hermann Schmitt bereits im Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerium vorstellig geworden. Landtagsabgeordnete Barbara Becker (CSU) ist Mitglied im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz und weiß um die Problematik. „Wir wollen die Lieferketten sichern. Dazu gehört auch, den Frankenwein in den Regalen zu halten“, sagt sie. Irgendjemand müsse deshalb den frisch abgefüllten Wein prüfen. Wenn es die Regierung von Unterfranken – aus nachvollziehbaren Gründen – derzeit nicht leisten kann, dann sollten andere einspringen dürfen. Becker rechnet in Kürze mit einer Entscheidung aus München. Hermann Schmitt geht von einem positiven Signal aus und erinnerte an die Worte von Markus Söder: „Whatever it takes“, hat der Ministerpräsident gesagt. Was auch immer notwendig ist. Für die fränkischen Winzer ist jetzt eine schnelle Alternative zur bisherigen Form der Amtlichen Weinprüfung notwendig.