
Ein seltenes Jubiläum begeht das Unternehmen Bernhard Völker in diesem Jahr in Kitzingen. Das Weingut mit Weinkellerei ist 175 Jahre alt – oder jung. 1843 gründete Bernhard Völker den Betrieb in der Völkersgasse in Kitzingen, die Familie war damals bereits 150 Jahre in Kitzingen ansässig und hatte als Winzer, Gastwirt und Essigsieder bald mit Weinreben zu tun.
Die folgenden Generationen mit Karl, Paul und Bernd Völker pflegten den Weinbau weiter, jedoch ergänzten sie diesen jeweils um Produkte als zusätzliche Standbeine: Essig und Likör, Saftherstellung, Handel mit Pfalz- und Auslandsweinen. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb zerstört und die Inhaber kamen im Bombenhagel ums Leben. 18 Bomben vernichteten den inzwischen in die Güterhallstraße verlagerten Betrieb.
Bernd Völker, der Sohn von Paul, sowie seine Tante Irma Völker, bauten den Betrieb ab 1946 wieder auf. 1983 übernahm der jetzige Seniorchef, Bernhard Völker, den Betrieb und forcierte die Ausweitung des Weingutes. Die bisherige Absatzschiene mit Privatkunden und Gastronomie sowie Weinhandel wurde trotzdem vorangetrieben, begünstigt durch die Übernahme der Kundenstämme der Firmen Knoll & Reinhard und Sturm in Kitzingen.
Betriebsübergabe geplant
Seit drei Jahren wird die Firma als OHG zwischen Vater und Sohn geführt, in absehbarer Zeit ist die Betriebsübergabe von Bernhard an Michael Völker geplant. Juniorchef Michael Völker trat nach Abschluss der Winzerausbildung mit neuen Ideen in den Betrieb ein. Dank seiner Auslandsaufenthalte als Produktmanager verfügt er über ausgezeichnete Kontakte und konnte zusammen mit seiner Ehefrau Melanie Drese in kurzer Zeit den Exportanteil des Betriebes auf 30 Prozent steigern. Kernstück des neuen Weges der jungen Generation ist die Bioproduktion, die Vater Bernhard bereits 1997 begonnen hatte.
Zum 150-jährigen Bestehen hatte Bernhard Völker anstelle einer großen Feier eine Halle gebaut, jetzt, 25 Jahre später, wurde in eine Abfüllanlage und eine Hackschnitzelheizung investiert. Vater und Sohn verfolgen den Vorsatz, sich nicht auf dem Lebenswerk der Vorfahren auszuruhen, zumal sich die Bedürfnisse und Ansprüche der Kunden ändern.
Sohn Michael hat den bisherigen Weg nun weiter vorangetrieben und sich der Produktion von Naturwein verschrieben. Das bedeutet nicht nur Bio im Weinberg, sondern auch im Keller: Spontangärung, langes Hefelager, Maischegärung bei Weißwein bis hin zu naturtrüben Weinen und sogar schwefelfreien Weinen – wo möglich. Mit einem erweiterten Angebot sollen auch weitere Kunden gewonnen und der neuen vom Klimawandel ausgelösten Situation Rechnung getragen werden. Marketing und Produkte müssen verändert werden um am Markt – auch im Ausland – zu bestehen.
Das Unternehmen übernehmen
Bei der Überreichung der Ehrenurkunde der Industrie- und Handelskammer Mainfranken (IHK) nannte es Radu Ferendino mutig, wenn sich die Jugend in ein Unternehmen einbringen dürfe. Die nächste Generation müsse nicht nur da sein, sie müsse auch bereit sein, ein Unternehmen zu übernehmen. Ferendino würdigte die Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und der Handwerksammer, die beide im gleichen Jahr 1843 gegründet worden waren. Von derzeit rund 75 000 Unternehmen in Mainfranken seien im Landkreis Kitzingen nur acht Betriebe älter als 175 Jahre.
Ferendino bot eine weitere Zusammenarbeit mit der IHK an, vor allem wenn es um Auslandsaufträge gehe.
Michael Völker räumte ein, zunächst naiv begonnen, aus den Fehlern aber gelernt zu haben. 2015 habe er begonnen den gesamten Betrieb auf Bio umzustellen und Flächen zuzupachten. Der Betrieb müsse aber jederzeit überschaubar bleiben. Bernhard Völker unterstrich, dass die Ideen beider Gesellschafter zusammengeführt wurden, beispielsweise mit dem Label „Vater & Sohn“-Wein.