
Sie wirkt beim Redaktionsbesuch am Sonntagnachmittag kein bisschen müde, eher aufgedreht: Luisa Moser aus Kitzingen war auf Einladung der Deutschen Olympischen Sportjugend zwei Wochen in Rio de Janeiro. Wie 49 weitere Jugendliche aus ganz Deutschland, die aufgrund sportlicher Erfolge und als Dank für ehrenamtliche Arbeit dafür auserkoren worden waren. Und trotz langer Flugzeit und Jetlag sprudelt es aus Luisa nur so heraus an Erinnerungen an die Olympischen Spiele, die Stadt und die Menschen aus Brasilien.
Mit Händen und Füßen
„Rio ist von oben betrachtet unendlich groß“, war Luisa nach der Wanderung auf den Zuckerhut-Felsen schwer beeindruckt von der Olympiastadt mit mehr als sechs Millionen Einwohnern. Die Dimension war der Leichtathletin der TG Kitzingen vorher nicht klar. „Wir waren in der Favela Babylonia, einer Siedlung mit 200 000 Einwohnern: Die Verhältnisse sind schwierig, alles ist sehr beengt. Und trotzdem wohnen dort zehnmal mehr Menschen als in Kitzingen - der Hammer! “
Es sind nicht die großen Begegnungen, etwa mit IOC-Präsident Thomas Bach oder Alfons Hörmann, dem Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, die Luisa Moser tief beeindruckt haben, sondern die Begegnungen mit Einheimischen. „Wir hatten ja Sport zusammen mit Jugendlichen aus Brasilien. Das klappte sehr gut, hat viel Freude gemacht. Genau wie danach die Gespräche mit Händen und Füßen.“
Große Herzlichkeit
Richtig gerührt waren Luisa und eine Freundin auch am Copacabana-Strand, als zwei kleine Buben herkamen, die beiden ansprachen, ein Foto zusammen haben wollten. „Die Verhältnisse mögen einfach sein, aber die Herzlichkeit ist groß“, hat Luisa gelernt. Die Reise hat sie auch bestärkt, ihr ehrenamtliches Engagement weiterzuführen. „Ich fände interessant, später etwas in Richtung Entwicklungsarbeit zu machen. Es macht Freude, zu helfen und sich dabei selber weiter zu entwickeln.“
Sportlich gesehen hat die 19-Jährige beim Rugby oder beim Fechten einiges hinzugelernt. „Wir hatten zum Glück immer jemand dabei, der sich auskennt. Beim Fechten hätte ich sonst wenig kapiert. Ungewohnt war anfangs zum Beispiel auch, dass sich lautes Rumtoben und Anfeuern ständig mit Phasen abwechselt, wo es beim Fechten um Ruhe und Konzentration geht.“
Live beim Weitsprung-Drama
Richtig glücklich war Luisa, dass sie bei der Leichtathletik live dabei sein durfte. Zum Beispiel sah die Kitzingerin den 100-Meter-Finale der Frauen mit Gewinnerin Elaine Thompson aus Jamaika. Und sie verfolgte auch das Drama beim Weitsprung der Männer, den Jeff Henderson schließlich mit 8,38 Metern gewann – einen Zentimeter vor Luvo Manyonga aus Südafrika. „Toll war, dass wir den Überblick hatten. Im Fernsehen sieht man ja oft nur Nahaufnahmen, zum Beispiel von den Siegerehrungen.“ Luisa saß relativ weit oben im Olympiastadion, für sie war eine Siegerehrung nur ein kleiner Punkt eines großen Ganzen. „Die Wettkämpfe liefen ja weiter. Manchmal wusste man gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll.“
Emotional betrachtet war das Erlebnis für Luisa bei anderen Wettkämpfen sogar noch intensiver. „Ich habe jetzt noch Gänsehaut, wenn ich an Beachvolleyball denke. Wir haben uns die Seele aus dem Leib gebrüllt. Und dass sich Britta Büthe und Karla Borger nachher direkt vor uns mit Beifall und Knicks bedankt haben, war richtig klasse.“ Ähnlich war es beim Badminton mit Marc Zwiebler. „Leider hat er trotz unserer Anfeuerung letztlich verloren.“
Zurückhaltung im Deutschen Haus
Bleibt noch der Abend im Deutschen Haus, also jeder Abend, als es zweimal Gold für die Ruder-Vierer der Frauen und Männer sowie für Schützin Barbara Engleder gegeben hat. Luisa erläutert, warum es von den zwanglosen Gesprächen mit den Athleten kaum Bilder gibt. „Sie sollten nach der Anspannung des Wettkampfes Gelegenheit haben, zu relaxen oder zu feiern. Es wäre nervig gewesen, wenn jeder von uns ständig mit Kameras rumgefuchtelt und um Fotos gebeten hätte.“ Sie seien vorher gebrieft worden, in dieser Hinsicht zurückhaltend zu sein. „Trotzdem war es ein unglaubliches Erlebnis, den Athleten so nahe zu sein.“
Was bleibt, ist die Hoffnung, dass die nächsten Olympischen Spiele in Tokio nachhaltiger werden mögen. Naturschutzgebiete für den Rio-Golfplatz zu roden, masenweise Einwohner zwangsweise umzusiedeln – solche Dinge soll es 2020 nicht mehr geben. „Ich bin gespannt, wie weit das umgesetzt wird“, so Luisa Moser.
Nachtreffen in Hamburg
Wenn es finanziell machbar ist, möchte Luisa gerne noch mal Rio besuchen. „Wir waren sehr behütet, alles war gut organisiert. Ich würde schon gerne wissen, wie es auf eigene Faust ist.“ Luisa hat die Anstecker der Stadt Kitzingen, die sie zum Tauschen dabei hatte, weitgehend unter die Leute gebracht, bedankt sich bei der Stadt und ihrem Heimatverein TG Kitzingen für die Unterstützung. „Ich habe ganz viele tolle Pins ergattert. Für mich war jede Warteschlange die optimale Tauschgelegenheit.“
Es sind Freundschaften in Rio entstanden, die bleiben werden. „Wir haben im Oktober in Hamburg ein Nachtreffen aller Teilnehmer. Ich habe mich mit einigen verabredet, dass wir uns vorher oder nachher einen Tag Zeit für uns nehmen.“