Mit „gespanntem Warten“ beschreibt Dr. Uwe Knickel die Lage. Das Geflügelpest-Virus H5N8 kursiert in Europa. Norddeutschland hat es erwischt, Bayern blieb bisher verschont. Der Leiter des Kitzinger Veterinäramtes hofft, dass das so bleibt. Spezielle Vorsichtsmaßnahmen wurden dennoch getroffen. „Letztlich liegt es an jedem Geflügelhalter selbst, die Gefahren zu reduzieren.“
Man muss davon ausgehen, dass Wildgeflügel – besonders Wasservögel – das Virus einschleppen können, betont Dr. Knickel. Heimische Geflügelbestände könnten also durch den Kontakt zu Wildenten oder -gänsen gefährdet werden. Um das Gefahrenpotenzial zu minimieren, hat der Gesetzgeber ein ganzes Maßnahmenbündel beschlossen, dessen Umsetzung den Geflügelhaltern obliegt.
Vor allem darf kein infektiöser Wildvogelkot in heimische Ställe gelangen. Wichtig sind also der Schuhwechsel beim Betreten des Stalls und das Händewaschen vor jedem Tierkontakt. Freilauf-Geflügel sollte man nur im Innenbereich füttern und ihm kein Wasser aus Oberflächengewässern zu trinken geben. Wer auf Nummer sicher gehen will, der sollte den Auslauf mit einer Folie überdecken, so dass kein Kot von Wildvögeln ins Gehege fallen kann.
Ein Problem gibt es dennoch: Enten und Gänse können das Virus in sich tragen, ohne krank zu wirken, stellt Dr. Knickel fest. Das macht es schwierig, die Krankheit frühzeitig zu erkennen. Deshalb gilt für Enten und Gänse eine aktuelle Eilverordnung des Bundes: Sobald Tiere ihren Bestand verlassen – zum Beispiel, um zum Schlachten oder zu Ausstellungen gebracht zu werden – müssen sie mit Hilfe von Rachen- und Kloaken-Tupfer auf Geflügelpest untersucht werden. Erst ab 60 Tieren muss nicht mehr jedes Tier beprobt werden, sondern ein festgelegter Prozentsatz.
Jeder einzelne Tupfer kostet allerdings um die zwei Euro. Dazu kommen die Untersuchungskosten. Mehrere Kleintier-Zuchtschauen, zum Beispiel auch in Kitzingen, finden aus diesen Gründen derzeit ohne Wassergeflügel statt.
Was die Schlachttiere angeht, sei die Situation allerdings nicht dramatisch: „Die meisten Gänse- und Entenbesitzer haben ihre Tiere schon zu Martini oder Weihnachten geschlachtet – also ehe die für drei Monate gültige Eilverordnung in Kraft getreten ist“, sagt Dr. Knickel.
Jetzt heißt es abwarten. Als weitere Vorsichtsmaßnahme gibt es in Deutschland das so genannte Wildmonitoring. Von den Wasservögeln, die Jäger schießen, wird ein gewisser Anteil auf Vogelpest untersucht. „Wenn alle Ergebnisse negativ bleiben, dann ist alles gut.“ Für den Fall, dass das Virus jedoch in unserer Region nachgewiesen wird, hat sich das Veterinäramt gerüstet: „Alle Betriebe entlang des Mains würden innerhalb eines 500 Meter breiten Rands zu Risikobetrieben erklärt, für die im Falle eines Falles spezielle Konditionen gelten“, erklärt Dr. Uwe Knickel.
Ob diese Vorsichtsmaßnahmen umgesetzt werden müssen, weiß derzeit niemand. Auch Dr. Knickel möchte keine Prognose wagen. Aktuell gibt er allen Haltern von Nutzgeflügel, egal welcher Art, folgende Richtschnur an die Hand: Sterben pro Tag mehr als zwei Prozent der Tiere, ist unverzüglich das Veterinäramt einzuschalten; ebenso wenn Tiere auffällig apathisch sind oder ihre Legeleistung gravierend nachlässt. „Bis zur Klärung müssen die Tiere im Bestand verbleiben.“
Hausgeflügel ist gefährdet
Potenziell gefährdet ist sämtliches Hausgeflügel, also Hühner und Puten (Truthühner) ebenso wie Perlhühner, Hausenten und -gänse, sowie Pfauen, Strauße, Emus und Nandus.
Alles neu macht der Mai – dieser alte Spruch gilt auch in Sachen Vogelpest. Bei den Wildvögeln sinkt die Gefahr der Erkrankung quasi mit jedem Sonnenstrahl. „Die Sonnenwärme macht das Virus in den Ausscheidungen der Tiere unschädlich“, weiß Dr. Uwe Knickel. Im Sommer wird die Geflügelpest daher hoffentlich kein Thema mehr sein. Bis dahin ist jedoch erhöhte Vorsicht angebracht – in allen Ställen und Freiläufen.
Geflügelpest – was ist das eigentlich?
Krankheit: Die Geflügelpest ist eine hochansteckende Viruskrankheit von Hühnern und Puten, aber auch viele andere Vögel sind empfänglich. Die Krankheit breitet sich schnell über größere Gebiete aus. Fleisch und Eier von infiziertem Geflügel können nach Erhitzung ohne Bedenken verzehrt werden.
Probleme: Die Geflügelpest richtet nicht nur bei den erkrankten Tieren selbst großen Schaden an. Verheerend sind auch die großen wirtschaftlichen Folgen aufgrund von Handelssperren, Sperren um den Seuchenherd und schwerwiegenden Problemen im Absatz von Tieren und ihren Produkten auf dem Markt.
Merkmale: Nach einer kurzen Inkubationszeit (ein bis fünf, maximal 21 Tage) erkranken die Tiere. Betroffene Tiere zeigen folgende Symptome: hohes Fieber, Appetitlosigkeit, drastischer Rückgang der Legeleistung, hochgradige Apathie, ausgeprägtes Kropfödem, Blaufärbung von Kamm und Kehllappen, wässrig-schleimiger, grünlicher Durchfall. Es gibt plötzlich auftretende zahlreiche Todesfälle.
Übertragung: Infizierte Vögel scheiden das Virus über die Luftwege sowie über Sekrete und Exkrete aus. Durch den direkten Kontakt von Tier zu Tier im Stall oder auf dem Transport breitet sich das Virus sehr schnell aus. Insbesondere wild lebende Wasservögel sind häufig Virusüberträger. Sie erkranken selbst nicht an Geflügelpest, verschleppen das Virus aber auch über große Entfernungen. Auch der Mensch ist ein bedeutsamer Überträger der Seuche: über nicht gereinigte Kleider, Schuhe oder Hände kann er die Krankheit verbreiten.
Infos: Wer Fragen zur Geflügelpest hat, kann sich ans Kitzinger Veterinäramt, Alte Poststraße 8, wenden, Tel. 09321/ 928-3403.