- Was ist das für eine Ausstellung? Das Knauf-Museum in Iphofen (Lkr. Kitzingen) würdigt unter dem Titel "Marilyn – die Frau hinter der Ikone" die Legende Marilyn Monroe ebenso wie den Menschen, der vor genau 60 Jahren starb: am 5. August 1962.
- Was ist zu sehen? 250 Exponate aus dem Nachlass von Marilyn Monroe, fast alles Originale aus dem Bestand des Privatsammlers Ted Stampfer: Kleider, Schuhe, Fotos, Briefe, Verträge, Drehbücher, Schmuck, Küchenutensilien und dokumentarische Filmausschnitte.
- Was nimmt man mit? Vor allem das Gefühl, eine ungeheuer begabte, komplexe, einsame, liebenswerte, schlagfertige und starke Frau näher kennengelernt zu haben.
Im Januar 1962 kaufte sich Marilyn Monroe ihr erstes Eigenheim, einen Bungalow im Hazienda-Stil in Brentwood, einem Stadtteil von Los Angeles. Mit gut 200 Quadratmetern Wohnfläche eine eher bescheidene Bleibe für einen Hollywood-Star dieses Formats. Bis dahin hatte Marilyn Monroe in ihrem 35-jährigen Leben über 50 Wohnadressen gehabt, das neue Haus war für sie ein wichtiger Schritt in Richtung Unabhängigkeit und Selbstbestimmung.
Eine Bodenfliese vor der Eingangstür trug die lateinische Inschrift "Cursum Perficio" – meine Reise endet hier. Marilyn Monroe liebte den Spruch, aber er sollte sich auf tragische Weise bewahrheiten: In der Nacht vom 4. auf den 5. August 1962 starb sie in ihrem noch nicht ganz eingerichteten Haus, von dem sie sich ein Zur-Ruhe-Kommen ganz anderer Art erhofft hatte. Ein Polizeifoto ihres Nachttischs zeigt eine beängstigende Zahl Medikamentenröhrchen, darunter Beruhigungs- und Schlafmittel, die sie seit Jahren exzessiv einnahm. Diesmal eine Überdosis.
Nur drei Tage nach ihrem rätselhaften Tod wurde Marilyn Monroe beigesetzt
Die Umstände ihres Todes wurden nie ganz aufgeklärt, die offizielle Version lautet auf "wahrscheinlich Suizid", wogegen viele Indizien sprechen. Zum Beispiel, dass Marilyn Monroe gerade einen neuen, für sie erstmals lukrativen Vertrag mit dem Studio 20th Century Fox ausgehandelt hatte. Oder dass wenige Tage später, am 8. August, der Termin für ihre zweite Hochzeit mit Joe DiMaggio angesetzt war, von dem sie sich 1954 hatte scheiden lassen.
Stattdessen wurde sie genau an diesem Tag unter riesiger Anteilnahme beigesetzt. Dass die Zeremonie so schnell stattfinden konnte, deutet nach Ansicht vieler Beobachter darauf hin, dass es einflussreiche Kräfte gab, die nicht an einer näheren Aufklärung interessiert waren.
Ted Stampfers Sammlung aus Originalobjekten ist die weltweit größte ihrer Art
Der deutsche Sammler Ted Stampfer, heute 51, trägt seit seinem zehnten Lebensjahr originale Objekte aus dem Leben Marilyn Monroes zusammen. Mittlerweile sind es 1500, das größte Konvolut seiner Art überhaupt. Stampfer kooperiert mit Museen und Modehäusern und zeigt seine Schätze weltweit in Ausstellungen.
Das Knauf-Museum in Iphofen (Lkr. Kitzingen) zeigt bis 6. November etwa 250 Exponate aus Stampfers Bestand, die allermeisten Originale: Kleider und Schuhe, die Mode- und Filmgeschichte schrieben. Küchenutensilien wie Teesieb oder Handquirl. Die letzte Flasche Dom Perignon aus Marilyns Kühlschrank. Kochrezepte, Bücher, Fotos, Briefe (1952 kamen bis zu 3000 Fanbriefe pro Woche), Drehbücher, Verträge, Quittungen, ein Garderobenschlüssel. Der letzte Terminkalender, in dem etwa ein Anwaltstermin zur Vorbereitung der Scheidung von Arthur Miller vermerkt ist.
Die Lesebrille lässt an "Wie angelt man sich einen Millionär" denken
Eine Lesebrille, die an eine von Marilyn Monroes ikonischen Rollen denken lässt: In "Wie angelt man sich einen Millionär" spielt sie die stark kurzsichtige Pola. Lediglich fünf Objekte sind Nachbildungen, etwa der Ehering aus der Verbindung mit Baseballstar Joe DiMaggio oder das hautenge Kleid, das die Monroe bei ihrem legendären Geburtstagsständchen für Präsident Kennedy trug. Der Ansage-Zettel, der damals auf dem Rednerspult lag, ist übrigens auch zu sehen – Marilyn nahm ihn an sich und hob ihn auf.
Der Ausstellungstitel Titel "Marilyn – die Frau hinter der Ikone" leuchtet auf den ersten Blick ein. Auf den zweiten macht er eher stutzig: Ist oder war Marilyn Monroe wirklich eine Ikone? Zugegeben: Das berühmte Porträt von Andy Warhol, das im Mai 2022 für 195 Millionen Dollar versteigert wurde und damit das bislang teuerste Kunstwerk des 20. Jahrhunderts ist, kann man getrost als Ikone bezeichnen.
Das Bild entstand 1962, nach Marilyns Tod, da hatte sich der Mensch Norma Jean Baker, geboren am 1. Juni 1926, längst hinter der millionenfachen Reduzierung auf das Sexsymbol Marilyn Monroe aufgelöst. Unter anderem mit dem berühmten Bild aus "Das verflixte 7. Jahr", auf dem ihr Rock von der Abluft der New Yorker U-Bahn hochgewirbelt wird.
Marilyn Monroes Ausstrahlung hält sogar musealer Aufbereitung stand
Oder doch nicht? Die ungeheure Natürlichkeit, die sie ausstrahlte, die Nähe, die sie die Menschen um sich herum spüren ließ, die komplizenhafte Verbundenheit mit ihrem Publikum, machten sie zwar zum Filmstar und zur Legende. Aber eben zu einer vitalen, nahbaren Legende. In der Ausstellung ist all das jedenfalls verblüffend direkt zu spüren. Als hielte Marilyn Monroes Ausstrahlung sogar musealer Aufbereitung stand.
Was allerdings die Schattenseiten ihres Lebens umso bestürzender macht: Die erste Heirat mit 16, um der Kindheit und Jugend in Pflegefamilien und Waisenhäusern endgültig zu entfliehen. Die lebenslange Sehnsucht, aufrichtig geliebt zu werden. Die Versagensangst am Filmset. Der Drogenkonsum. Die Unerfüllbarkeit all der widersprüchlichen Ansprüche von häuslicher Ehefrau bis globales Objekt der Begierde.
Demgegenüber stehen ungeheure Begabung, Bildungshunger und intellektuelle Neugier, künstlerische Fantasie, Schlagfertigkeit, menschliche Klugheit und politischer Mut. So gründet sie gegen alle Widerstände der mächtigen 20th Century Fox ihre eigene Filmfirma. Oder verhilft der schwarzen Jazzsängerin Ella Fitzgerald zum Karrierestart, indem sie ihr ein Engagement im weißen New Yorker Club "Mocambo" verschafft. Marilyns Angebot an den Clubbesitzer: Sie werde jeden Abend einen Tisch in der ersten Reihe buchen. Sie hält ihr Versprechen, die Presse dreht durch.
Über die ganze Ausstellung sind Zitate verstreut. Witzige, freche, weise. Eines bleibt besonders in Erinnerung: "Was mir am meisten Angst macht, ist nicht der Tod, sondern das Gefühl, nicht völlig erfüllt gelebt zu haben."
Knauf-Museum Iphofen, Marktplatz: "Marilyn – die Frau hinter der Ikone", bis 6. November. Geöffnet Di.-Sa. 10-17 Uhr, So. 11-17 Uhr