Auf der Bühne räkeln sich Frauen in rotem Satin und Männer oben ohne. Dazu ein schmissiger Revue-Song: „Mögen Sie's heiß oder kalt?“ Zu Gast in dem angedeuteten Etablissement: ein Kardinal. Man sieht: die Münsterschwarzacher gehen es offensiv an.
Es werden große Themen verhandelt in der Musical-Produktion des Egbert-Gymnasiums. Fragen nach dem Verhältnis von Glauben und Macht, von Masse und Mensch. Von Wissen und Angst. Und die Emanzipation der Frau findet auch ihren Platz. Darum geht es in dem Stück auch nicht um die Vergangenheit, sondern um die Gegenwart, auch wenn die italienische Geschichte den Rahmen vorgibt. Vieles beruht auf dem Leben des großen Wissenschaftlers Galileo Galilei. So ist Galileo tatsächlich der Verfasser der Schrift „Sternenbote“, die dem Musical den Namen gab.
Die Braut und die Hure
Pest und Kometenangst bedrohen die Menschen im Padua der frühen Neuzeit. Heute sind es andere Dinge, die uns verschrecken, doch die dadurch in Gang gesetzten Mechanismen von Ausgrenzung und Angst sind dieselben. Die Wissenschaft, die Politik und die Nächstenliebe suchen nach Lösungen, personifiziert in den Gestalten Galileos, des Kardinals und der beiden Frauen Marina und Gina.
Die eine ist Galileos Braut, die andere eine Hure. Was sie alle verhandeln, das ist aktuell.
Mit dem Taktstock und am Pult
So wollte es der Autor und Komponist von „Sternenbote“, Markus Binzenhöfer, darstellen, so sieht es auch der Regisseur Michael Aust. Beide Lehrer verfolgen die Generalprobe aufmerksam, der eine am Taktstock, der andere am Textpult. Die Ausstattung ist bewusst modern; der Chorus hält stets seine I-Pods bereit, um sich zu informieren, zu filmen und sich meinungsstark zu äußern. Galileo ist so stürmisch wie jeder junge Idealist, der überzeugt ist, dass er im Namen der Wahrheit spricht. Und der Kardinal reagiert, wie die Mächtigen zu allen Zeiten reagiert haben. Der Mann ist nicht dumm, er schätzt den jungen Professor Galileo. Doch ebenso wie die eigenen Bordellbesuche hält er Galileos Erkenntnisse für etwas, das der großen Masse besser verborgen bleibt – zu deren eigenem besten. Ist er ein Heuchler oder ein Menschenfreund?
So viel es nachzudenken gibt über diese Fragen, so mitreißend ist die Musik, die mit der ganzen Bandbreite daherkommt, die die Attraktivität von Musicals ausmacht. Vom Liebes-Duett „Willst du mit mir nach den Sternen greifen?“ bis zu dramatischen, von Bläsern und Streichern getragenen Passagen, konterkariert vom zarten Sopran der weiblichen Heldin Marina hin zu Stücken, die von der Kirchenmusik inspiriert sind wie „Dies irae“. An anderer Stelle wippt man mit zum bissig-ironischen Song „Nur wer wagt, der auch gewinnt. Wenn die Kasse stimmt.“
Dynamik auf der Bühne
Was in jedem Fall stimmt, das ist die Dynamik auf der Bühne und im Orchestergraben. Stets ist fast das ganze Ensemble präsent, aus seinen Bewegungen heraus entsteht das Geschehen, treten Einzelcharaktere hervor, formt sich die Choreographie. Schon jetzt merkt man der Produktion an, dass sie von der gemeinsamen Arbeit getragen wird, bei der die Schüler einen aktiven Anteil haben, als Musiker und Darsteller, als Bühnentechniker, Plakatkünstler oder Editoren des Programmheftes.
Sogar Initiatoren des ganzen Programms waren sie, erzählt Ruppert Neugebauer, als er mit seinen Streichern zur Probe stößt. Schüler baten Markus Binzenhöfer im letzten August, doch ein Musical auf die Bühne zu bringen. Da er keines zur Hand hatte, schrieb er eines. Dem großen Unternehmen merkt man die rasante Entstehung nicht an. Es wird eine runde Sache sein, die das Egbert-Gymnasium auf die Bühne bringt.
Premiere ist am Mittwoch, 5. Juli, 19.30 Uhr.
Weitere Aufführungen: Donnerstag, 6. Juli, 19.30 Uhr, Freitag, 7. Juli, 19.30 Uhr, Samstag, 8. Juli, 19.30 Uhr, Sonntag, 9. Juli, 18 Uhr.
Karten unter Tel. (0 93 24) 20260 werktags von 14 bis 16 Uhr. Schüler zahlen 6 Euro, Erwachsene 8 Euro.