Krumm ist das neue Gerade:Von Gräben bis Bächen reichen die Gewässer dritter Ordnung und von denen sind bislang viele eingepfercht und wenig naturnah. Das soll sich künftig wieder ändern – auch in Volkach. Die Gewässer Gaibach, Rimbach und Weidachbach sollen wieder krummer werden. Darum hat Max Wehner vom Planungsbüro Team4 ein Gewässerentwicklungskonzept erarbeitet, das er dem Volkacher Stadtrat in dessen jüngster Sitzung vorstellte. Das Konzept soll als fachliche Grundlage für die Stadt dienen, wenn diese einen Bach renaturieren oder deutlich verändern will.
Untersucht hat Wehner dabei Bausteine des Ökosystems unter folgenden Gesichtspunkten: Wie stark ist das Gefälle? Wo sind Mäander, also Flusswindungen, sinnvoll? "Zurück zur Natur" lautet dabei die Devise. Oder in den Worten des Fachmanns: "Das Leitbild sieht so aus, als ob der Mensch noch nie einen Fuß auf Volkachs Gemarkung gesetzt hätte." Dazu hat er die Abweichung vom natürlichen Zustand gemessen.
Der Weidachbach hat Potenzial
Das Ergebnis ist ernüchternd: Auf einer Karte hat der Landschaftsplaner die Bäche farblich markiert. Die Skala reicht von Blau Note 1 (super) bis Rot (7, ganz schlecht). Die hellgrüne Note 4 ist dabei noch die beste Bewertung, die einzelne Abschnitte bekommen haben. Wehner hat "überwiegend naturferne Abschnitte" registriert. Das höchste Entwicklungspotenzial habe dabei noch der Weidachbach, bei dem man in Krautheim und westlich davon mehrere Abschnitte renaturieren könnte. Beim Rimbach könnte es eine längere Strecke sein, die wieder naturnäher werden soll.
Natürlich seien dafür Flächen nötig, betonte der Fachmann. Und fügte mit einem Schmunzeln hinzu: "Keine Angst, wir werden jetzt nicht Krautheim abreißen." Allerdings zeigten seine Fotos deutlich, dass aus ökologischer Sicht dringend etwas getan werden muss. Die Bäche sind oft gerade, in Betonschalen eingezwängt und der fehlende Schatten wegen mangelnder Gehölze führt zu einer Erwärmung des Wassers. Hinzu kommt, dass Landwirte ihre Felder häufig bis nahe an den Gewässerrand nutzen.
Wünschenswert wäre Wehner zufolge aber mindestens fünf Meter breite Uferstreifen, die man der Natur überlässt. Das allerdings scheitert bislang oft noch an den Eigentümern. Sie müssten bereit sein, Land an die Stadt zu verkaufen. Wobei es auch positive Beispiele gibt: Bürgermeister Peter Kornell (Freie Wähler) nannte zwei Anlieger am Weidachbach, die motiviert seien, dort Mäander zuzulassen. Nach Max Wehners Einschätzung werde es zudem bald nicht mehr erlaubt sein, Landwirtschaft bis ganz nah ans Gewässer zu betreiben.
Einig war er sich mit den Stadträten, dass für das Konzept noch Überzeugungsarbeit nötig sei. Karl-Heinz Bernard (CSU) zeigte sich zuversichtlich: "Das zu verwirklichen wird dauern, aber gelingt im Dialog sicherlich." Dieter Söllner (SPD) aus Krautheim hakte wegen der Fließgeschwindigkeit in Folge der Renaturierung nach. Diese werde langsamer, bestätigte Wehner. Berücksichtigt sei aber, dass das geklärte Abwasser aus der Kläranlage ablaufen kann.
Als nächster Schritt soll das gesamte Konzept bald auf der Homepage der Stadt veröffentlicht werden. "Da soll sich gerne jeder damit auseinandersetzen", forderte Kornell auf. Zudem sollten alle Stadträte für die Renaturierung der Bäche werben. "Das ist eine Verpflichtung für nachfolgende Generationen."
Anschluss an die Region Main-Steigerwald?
Ein weiterer positiver Effekt des Konzepts ist Kornell zufolge, dass das Büro Team4 es für die Stadt Volkach und alle Anlieger der Bäche aus der Integrierten Ländlichen Entwicklungsgruppe (ILE) Main-Steigerwald entwickelt hat. Die Verbindung über die Gewässer habe erneut gezeigt, dass man an dieser ILE näher dran sei als vergleichbaren Kooperationen innerhalb des Landkreises Kitzingen. Die Region Main-Steigerwald, wie sich der Zusammenschluss bezeichnet, umfasst bislang elf Gemeinden aus dem Landkreis Schweinfurt plus Markt Eisenheim im Landkreis Würzburg. Und Volkach möchte in Zukunft wohl gerne dazugehören.