Herbert Sattler wirkt noch nicht ganz entspannt. Zu lange hat er auf diese Nachricht gewartet, zu lange hat er dafür gekämpft, geredet, geschrieben, gerechnet, analysiert – und gerade in den vergangenen Monaten noch einmal starke Nerven gebraucht. Am Dienstagnachmittag konnte er die schriftliche Verkehrsfreigabe für den Kitzinger Flugplatz am Luftamt Nordbayern abholen. „Endlich!“ Sobald der erste Flieger tatsächlich abhebt – voraussichtlich im November – wird die Last endgültig von dem 57-Jährigen abfallen. Dann wird für jedermann sichtbar sein: Das Mammutprojekt „Wiederbelebung des Flugplatzes als Sonderlandeplatz“ ist geglückt.
Seit 2011 kein Flug mehr
Viele Jahre lang haben Herbert Sattler, der Vorsitzende des Kitzinger Luftsportclubs (LSC), und sein Team um Gerd Seynstahl, Michael Fahrmeier sowie Wolfgang Schöll gedarbt. 2011 – fünf Jahre nach dem Abzug der Amerikaner – wurde der Flugbetrieb eingestellt, seither hatte der Verein kein eigenes Domizil mehr. Schon Jahre zuvor hatte es politischen Streit um das einstige Militärfluggelände gegeben: Sollte es Sonderlandeplatz für kleinere Maschinen werden, Verkehrslandeplatz auch für größere Flugzeuge – oder komplett stillgelegt? Der Stadtrat war uneins.
Mehrheit für Sonderlandeplatz
2007 entschied sich die Mehrheit für einen Sonderlandeplatz. Doch die Verhandlungen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), der zwischenzeitlichen Eigentümerin der Konversionsflächen, zogen sich hin. 2011 kam die nächste Hiobsbotschaft für den LSC: Wegen der potenziellen Gefahr durch Blindgänger im Boden sperrte das Luftamt den Flugplatz.
Blum war mit im Boot
Mit Markus Blum und seiner Firma „blumquadrat“ haben die insgesamt 200 Hektar großen, früheren „Harvey-Barracks“ schließlich einen neuen Eigentümer gefunden, der die einstige Kaserne zum Industrie- und Gewerbepark „ConneKT“ umbaut und mit dem LSC am gleichen Strang zieht. Auch Blum will den Flugplatz nutzen. Er hat weit über eine Viertelmillion Euro investiert, um die 1500 Meter lange Startbahn und den seitlichen Sicherheitsstreifen zu sanieren, einen Flugvorbereitungsraum mit Sanitärbereich zu schaffen und Versorgungsanlagen zu bauen – vom Glasfaserkabel bis hin zum Wasseranschluss. Für den Investor steht außer Frage, dass man „gewachsene Infrastruktur wie einen Flugplatz oder auch eine Regionalbahn wie die von Kitzingen nach Gochsheim und Schweinfurt erhalten muss.“ In ihnen liege auf lange Sicht enormes Entwicklungspotenzial für die Region. „Es wäre fahrlässig, so etwas einfach verloren gehen zu lassen.“
Kampfmittel abgehandelt
Ganz und gar nicht fahrlässig wurde das Thema „Kampfmittel“ abgehandelt. Tatsächlich wurden neben der Startbahn einige Blindgänger gefunden. Mittlerweile sind die Hinterlassenschaften aus dem Zweiten Weltkrieg längst beseitigt, Finanzierung und Flugbetrieb gesichert. Mitte November werden Vertreter des Luftamtes nach Kitzingen kommen und das Gelände in Augenschein nehmen. Geben sie ihr Okay, darf auf einem der ältesten Flugplätze Bayerns wieder geflogen werden.
Die LSC-Mitglieder haben in den vergangenen Monaten alles für die Wieder-Inbetriebnahme des Flugplatzes vorbereitet, alle Utensilien aufgebaut – zum Beispiel eine neue Wetterstation. Aus dem früheren Feuerwehrauto der FFW Repperndorf – Herbert Sattlers Geburtsort – ist ein Sicherheitsfahrzeug beziehungsweise ein mobiler Tower geworden; der bestehende Tower am Flugplatz ist schon seit Jahrzehnten außer Betrieb. „Am Wochenende wird das Fahrzeug ständig besetzt sein, während der Woche bei Bedarf“, erklärt Sattler.
Mitglieder fliegen im Exil
Der LSC-Vorsitzende ist froh darüber, dass trotz der langen Zeit, in denen die Mitglieder im Exil fliegen mussten – in Giebelstadt oder Würzburg – kaum einer den Verein verlassen hat. „Eine Familie ist in Giebelstadt hängen geblieben – schade. Aber sonst können wir jetzt mit dem bewährten Team neu durchstarten.“ Dazu gehören übrigens auch international sehr erfolgreiche Flugsportler, zum Beispiel der Vizeeuropameister im Segelflug, Franz Poch.
Dem Investor Markus Blum ist Sattler sehr dankbar. Ohne Blums Engagement wäre die Auferweckung des Flugplatzes unmöglich gewesen. 300 000 Euro gibt die Stadt als einmalige Anschubfinanzierung laut Stadtratsbeschluss von 2013 dazu. Der LSC muss als Betreiber dafür sorgen, dass der Flugbetrieb läuft.
Noch viel Arbeit
Sattler ist davor nicht bange, auch wenn er weiß: „Das wird noch viel Arbeit.“ Er will erreichen, dass der Verein mit seinen 50 aktiven und weiteren 60 passiven Mitgliedern jugendliche Flugschüler ausbildet und sich etabliert wie die TGK oder der Ruderclub. „Fliegen ist kein elitäres Hobby, sondern ein bezahlbarer Sport für Jedermann.“
Der Manager, der in Volkach lebt, weiß, dass der Flugplatz von manchen Kitzingern mit Skepsis gesehen wird. „Doch die Fliegerei wird leiser und umweltfreundlicher.“ Außerdem werden auf der 1,5 Kilometer langen Betonbahn nur Maschinen bis 5,7 Tonnen starten und landen.
Durchstarten
Zur Neueröffnung des Flugplatzes sollen heuer noch einige der dienstältesten Kitzinger Piloten durchstarten. Es wird ein erhebender Moment werden, speziell für Herbert Sattler, der sich volle zehn Jahre lang unermüdlich für den zivilen Flugplatz eingesetzt hat. Im Frühjahr 2017 soll es offiziell ein Einweihungsfest für alle Bürger geben.