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Iphofen
Verkehr: Was hilft gegen Unvernunft in Iphöfer Baugebiet?
Wo Autos und Fußgänger sich treffen, kommt es zu Problemen. Nicht zum ersten Mal schlägt der Konflikt im Bauausschuss auf. Es gibt kreative Ansätze, aber kaum Lösungen.
Im verkehrsberuhigten Bereich, angezeigt durch dieses Zeichen, gilt für Autofahrer Schrittgeschwindigkeit. Aber die Praxis sieht oft anders aus.
Foto: Jan Woitas | Im verkehrsberuhigten Bereich, angezeigt durch dieses Zeichen, gilt für Autofahrer Schrittgeschwindigkeit. Aber die Praxis sieht oft anders aus.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 12.09.2022 15:14 Uhr

Ein Jahr lang hat die Stadt Iphofen in der Straße Am Henkelsee im Baugebiet Ost das Tempo der vorbeifahrenden Autos erfassen lassen. Mehr als 20 000 Fahrzeuge nahm die mobile Messanlage ins Visier, statistisch 55 am Tag, 2,3 in der Stunde. Die Durchschnittsgeschwindigkeit aller Fahrzeuge lag bei 22 km/h. Das ist wenig und doch zu viel. Denn die Straße liegt innerhalb einer verkehrsberuhigten Zone, die Autos dürften dort laut Straßenverkehrsordnung nicht schneller als mit Schrittgeschwindigkeit unterwegs sein, das bedeutet mit 6 bis höchstens 15 km/h. So haben es deutsche Gerichte in der Vergangenheit festgelegt. Ein Anwohner hat jetzt angesichts der Ergebnisse einen Antrag bei der Stadt Iphofen eingereicht: Diese möge geeignete Maßnahmen treffen, um den Verkehrsfluss zu zähmen.

Die verkehrsberuhigte Zone ist im deutschen Straßenverkehr ein Kompromiss. Es gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme: Autos und Fußgänger, Fahrräder und Autos, Fußgänger und Motorräder – alle Verkehrsteilnehmer sollen gleichgestellt sein. Das ist die Idee des Gesetzgebers. Doch die Praxis sieht oft ganz anders aus. Statt Rücksicht herrscht das Recht des Stärkeren. Man kann das gut beobachten, wenn man sich für einige Zeit in eine solche dem Namen nach beruhigte Zone stellt. Die Iphöfer Stadträtin Peggy Knauer sagt: „Fußgänger springen zur Seite, weil die Autos schneller sind.“

Das Problem ist hausgemacht, verursacht von den Anwohnern

Das also ist der Alltag – ob in deutschen Großstädten oder auf dem Land. Das angesprochene Iphöfer Baugebiet ist kein überregionales Verkehrsdrehkreuz. Wer dort mit dem Auto unterwegs ist, wohnt in der Regel dort. Bürgermeister Dieter Lenzer war es wichtig, auf diesen Umstand hinzuweisen, als er den Antrag am Montagabend in der Sitzung des Bauausschusses präsentierte. Das Problem – so die unverhohlene Botschaft – ist also hausgemacht, verursacht von den Bewohnern selbst, was die Sache nicht besser macht. Lenzer sagte: „Wir können dort kostenpflichtig die Geschwindigkeit messen lassen, aber das trifft nur die Anlieger.“ Er wisse nicht, was er dem Ausschuss vorschlagen solle.

Die Stadträte waren in dieser Hinsicht kreativer. Knauer, die Verkehrsberuhigung nach eigenen Angaben zu einem ihrer Lieblingsthemen erkoren hat, regte die Aufstellung sogenannter Street-Buddys am Straßenrand an, 80 Zentimeter hoher, quietschgrüner oder oranger Plastikfiguren mit auffälligem Fähnchen. Sie sollen das Bewusstsein der Autofahrer für Kinder im Straßenverkehr schärfen. Sie sind für 50 Euro zu kaufen und einfach zu handhaben. Doch es gibt in diesem Bereich des Baugebiets offenbar gar keine Kinder, wie aus dem Gremium zu hören war. Stadtrat Otto Kolesch bezweifelte überdies den langfristigen Nutzen. „Nach zwei Tagen hat man sich an die Kameraden am Straßenrand gewöhnt.“

In neuen Baugebieten soll es die Stadt besser machen

Künstliche Schwellen aus Asphalt in der Fahrbahn zu verbauen, wie es der als Zuhörer anwesende Detlef Nowak in der Sitzung vorschlug, sah Bürgermeister Lenzer kritisch. Auch Bauamtsleiter Matthias Kurth riet davon ab. Bei Schwellen dieser Art müsse man sehr vorsichtig sein, um bei Schäden an Fahrzeugen nicht in Haftung genommen zu werden. Wenn schon in bestehenden Baugebieten nichts mehr zu machen sei, so regte Stadtrat Andreas Müller an, solle die Stadt wenigstens in neuen Siedlungen nach Möglichkeiten der Verkehrsberuhigung suchen. „Größter Fehler“ in den Baugebieten sei gewesen, Gehwege ohne Bordsteine zu bauen und diese nicht mehr von der Straße zu trennen.

Der Bürgermeister war am Ende der Debatte so ratlos wie zuvor. „Was sollen wir machen?“, fragte er in die Runde. „Wir appellieren an die Vernunft“, sagte Otto Kolesch. Dabei soll es vorerst bleiben. Bauliche Maßnahmen, wie im Antrag gewünscht, wird die Stadt nicht einleiten; und auf ein Schreiben an alle Haushalte in diesem Gebiet mit Hinweisen, worauf in einer verkehrsberuhigten Zone zu achten sei, will man ebenfalls verzichten. Bei einer ähnlichen Aktion, sagte Bauamtsleiter Kurth, hätten sich Bürger im Rathaus gemeldet und gefragt, ob man sie wirklich für so dämlich halte.

 
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