Der Korken hat ausgedient – als klassischer Flaschenverschluss ist er schon längst außer Mode gekommen. Gleichzeitig erlebt Kork – jenseits von Pinntafel, Fußbodenbelag und Schuhsohle – einen regelrechten Aufschwung: Besonders im Wohnbereich ist das Naturprodukt durch seine Vielseitigkeit und Oberflächenstruktur sehr beliebt. In dünne Scheiben geschnitten und auf Folie geklebt, eignet es sich aber auch als Lederersatz.
Tobias Winter hat daraus ein Geschäftsmodell entwickelt: Seit rund einem Jahr verkauft der Unternehmensgründer und Hobbytüftler aus Bergrheinfeld Rucksäcke, Geldbeutel, Schreibmappen und Notizblöcke aus Kork.
Winter ist von dem Naturprodukt überzeugt: „Es eignet sich hervorragend als Ersatz für herkömmliche Materialien.“ Kork ist wasserabweisend, elastisch und schlecht brennbar. Es lasse sich genauso wie Leder verarbeiten und sei daher eine nachhaltige Alternative. Zudem werde der Markt derzeit mit Leder überflutet. „Das sollte nicht so sein: Dahinter steckt schließlich immer noch ein Lebewesen“, so der Gründer. Damit trifft Winter den Nerv in einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein zunehmend an Bedeutung gewinnen: In einigen ökologischen Modeblogs heißt es bereits, Kork sei das „vegane Leder des 21. Jahrhunderts“.
Ein Eichhörnchen ist das Markenzeichen
Ursprünglich kommt Kork von der Korkeiche, die vor allem im Mittelmeerraum wächst. Zum Abbau des Naturkorks wird der Baum nicht gefällt, sondern geschält. Dabei nimmt er keinen Schaden, sondern lebt weiter und bildet auf natürliche Weise neue Rinde. Portugal ist Hauptexporteur von Kork – von dort kommt auch das Material für Winters Produkte. Durch die Korkeiche kam die Idee für das Markenlogo: ein Eichhörnchen. Als Erkennungszeichen ist es auf allen Produkten von Winter zu sehen.
Sein Unternehmen nennt der 27-Jährige zu Beginn der Gründung „ThinkCork“. Die Marke meldet er ohne Anwalt an – eine Entscheidung, die er bereuen sollte: Drei Monate später landet eine Abmahnung in seinem Briefkasten. Absender: Der österreichische Schuhhersteller Think – der Markenname sei geschützt. Winter gibt nach und benennt sein Startup in „Acherla“ um – also Eichhörnchen auf fränkisch.
Ruiniert wurde das junge Unternehmen vom Namenswechsel nicht: Die Kundenzahl ist laut Winter nicht eingebrochen, die Restmenge dürfe er noch unter dem alten Namen verkaufen. Der 27-Jährige ist, wie er sagt, „mit einem blauen Auge“ davongekommen. Trotzdem geht ihm der Verlust des alten Markennamens nach: „Ich habe viel Zeit reingesteckt, die Marke aufzubauen.“ Doch er habe aus der Erfahrung gelernt: Der neue Markenname „Acherla“ sei definitiv nicht geschützt – das habe sein Anwalt gründlich überprüft.
An verrückten Ideen hat es nie gefehlt
Das Start-up ist ein Ein-Mann-Betrieb. Nur gelegentlich spricht sich Winter mit einem Designer ab, der ihm hilft, sein Produkt online zu präsentieren. Der 27-Jährige verkauft seine Produkte über Amazon. Kostenrechnung und Marketing sind das tägliche Brot für den studierten Maschinenbauer. Um sich in das fachfremde Themengebiet einzuarbeiten, nutzt er Podcasts und Videos im Internet.
Schon zu Schulzeiten wollte der 27-Jährige selbstständig werden. „An verrückten Ideen hat es mir nie gefehlt“, nur habe er keinen Einfall gehabt, der sich so richtig vermarkten ließ: Einmal bastelte er für die Eltern eine Temperaturüberwachung für die Heizungsanlage, mit der man per Tablet oder Smartphone die Temperatur in den Räumen überprüfen und bei Bedarf steuern konnte. Doch das Konzept schien zu aufwendig und teuer.
Ein anderes Mal bestellte Winter in China 200 Kühlkörper für überhitzte Handyprozessoren – inklusive Verpackungsmaterial und Luftpolsterfolie für den Versand. Die 45-Quadratmeter-Wohnung des 27-Jährigen stand voll damit. „Meine Frau war davon nicht sehr begeistert“, sagt Winter. Und einmal bemerkte er in seiner Wohnung Mäuse auf dem Dachboden; er investiert in verschiedene Fallen zur Schädlingsbekämpfung und verkauft sie seither unter der Marke „Twinters“ – das erste Unternehmen.
Moderne Vertriebswege ausbauen
Die Initialzündung für sein Hauptunternehmen „Acherla“ kam dem 27-Jährigen erst bei einer Recherche im Internet: Durch Zufall entdeckt er auf der Seite des Online-Versandhändlers Amazon einen Geldbeutel aus Holz. Er ist sofort fasziniert vom Produkt, findet aber kein Modell, das seinen Ansprüchen genügt. Erst als er die Geldbeutel aus Kork entdeckt, ist er begeistert. Er sucht einen passenden Anbieter, bestellt sofort 1000 Exemplare in China und schickt sie zum Vertrieb in das Lager von Amazon.
Neben dem Verkauf über Amazon möchte er bald weitere moderne Vertriebswege ausbauen, um seine Marke zu stärken. Denn bisher läuft der Betrieb nur nebenbei – zu gering der Umsatz und zu groß das finanzielle Risiko. Bis jetzt arbeitet Winter noch als Produktionsingenieur in Schweinfurt. Langfristig will er mit dem Kork-Geschäft jedoch in die Selbstständigkeit einsteigen.