Die Reisewarnungen für die meisten Länder der Europäischen Union sind seit Mitte Juni aufgehoben. Sommerurlaube – zumindest in Kroatien, Griechenland, Italien oder Spanien – wären damit nun schon seit fast einen Monat wieder möglich. Die Erfahrungen der Reisebüros im Landkreis Kitzingen zeigen aber: Nach wie vor herrscht große Verunsicherung beim Thema Urlaub während der Corona-Pandemie. Das verdeutlichen vor allem die Buchungszahlen.
"Wir selber hatten noch keine", antwortet Reiner Strauß, Inhaber von Strauß-Reisen aus Marktbreit, auf die Frage, wie viele Reisen er schon seit den Lockerungen verkauft hat. Was sagt der Arbeitgeber, wenn ich mich im Urlaub infiziere? Wie komme ich dann überhaupt nach Hause, oder muss ich im Ausland in Quarantäne? Das seien die Fragen, die potenzielle Kunden zögern ließen, eine Reise in die Ferne zu buchen. Und darauf, dass nichts passieren könnte, kann Strauß keine Garantie geben. "Wir wollen ja, dass die Kunden am Ende zufrieden sind", sagt er.
Besserung im Herbst?
Selbst von dem Trend, den Urlaub innerhalb Deutschlands zu verbringen, würde Strauß eher wenig profitieren. "Die Leute sind zwar unterwegs", sagt er. "Aber ich frage mich, wo sie gebucht haben." Seine Vermutung: Bei Reisen innerhalb Deutschlands würden sich die Urlauber eher selbst um die Buchung und Planung kümmern.
"Ich hoffe, dass es im Herbst wieder anzieht", sagt er. Denn in dieser Zeit sei Badeurlaub in Ägypten oder der Türkei beliebt. Aber diese Hoffnung hängt von den Reisewarnungen ab: Ende August entscheidet das Auswärtige Amt, ob Reisen in Länder außerhalb der EU überhaupt wieder möglich sein werden.
Ungewissheit: Welche Maßnahmen gelten vor Ort?
Im Volkacher Reisebüro würden die Buchungszahlen langsam steigen, erzählt Sinad Ali. "Wir haben immer mehr Inlandsreisen", sagt sie. Auch Kroatien oder Italien seien derzeit gefragt. Trotzdem: "Es ist wirklich ein Bruchteil von dem, was wir sonst haben", sagt Ali. Den Umfang der Buchungen im Volkacher Reisebüro seit den Lockerungen schätzt sie auf ungefähr zwischen zehn und 20 Prozent des Volumens der Vorjahre.
Auch nach Alis Erfahrung ist es die Ungewissheit, die viele Urlauber abschreckt. "Viele Veranstalter sind relativ transparent", sagt sie. Welche Maßnahmen es vor Ort gibt, würden die Hotels vorab bekannt geben. Aber wie diese dann konkret umgesetzt sind, sei oft nicht sicher. "Wie es sich mit den Pool-Zeiten verhält, ist jedem Hotel selbst überlassen", nennt Sinad Ali als Beispiel.
Kurzfristig gestrichene Flüge, Quarantäne im Urlaub
So sieht es auch Martina Ullrich vom Reisemarkt Ullrich in Iphofen. "Die Leute haben Angst", sagt sie. Derzeit könne noch einiges schief gehen beim Reisen. Zum Beispiel gebe es in Griechenland stichprobenartige Corona-Tests am Flughafen. Die, die es trifft, würden so lange in Selbstisolation warten müssen, bis sie das Ergebnis hätten. Außerdem hörte sie von Fällen, in denen Reiseveranstalter spontan Flüge gestrichen hätten – ohne die betroffenen Urlauber zu informieren, die dann am Flughafen warteten. "So etwas schreckt viele ab", sagt Ullrich.
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Normalerweise sei gerade Hauptbuchungsphase. "Jetzt kommt eigentlich das Geld rein für den Winter", erklärt Ullrich. Seit den Lockerungen hat sie aber nur vier Reisen verkauft. "Und zwei davon sind erst Mitte nächsten Jahres", sagt Ullrich. Das seien etwa zehn Prozent von dem, was sie sonst gerade an Buchungen hätte.
Nur Stornierungen: Reisebüros fehlt jegliches Einkommen
Nach wie vor kümmert sich Ullrich hauptsächlich um Stornierungen und Umbuchungen. Daran verdiene sie keinen Cent. Denn ihre Provision gebe es von den Veranstaltern nur, wenn die Reise auch angetreten wird. Von dieser Erfahrung berichten auch die beiden anderen Reisebüros. "Ich weiß nicht, wie viele Existenzen da draufgehen werden", sagt Ullrich.
Ein häufiges Problem sei gerade, dass Veranstalter die bezahlte Pauschalreise nicht innerhalb der Frist zurückzahlen. Monatelang würden einige von Ullrichs Kunden schon auf ihr Geld warten. Daher rät sie: "In solchen Fällen sollte jeder zum Anwalt." Denn laut Pauschalreiserecht haben Kunden das Recht, ihr Geld binnen 14 Tagen zurückzuerhalten.