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MÜNSTERSCHWARZACH
Unterwegs für die Sache des Lebens
Unterschreiben für Menschenrechte: Viele der Besucher am Missionsfest in Münsterschwarzach trugen sich in Listen gegen das brasilianische Staudammprojekt Belo Monte ein. Es bedroht in der Diözese Xingo die Lebensgrundlage der Ureinwohner.
Foto: Georg Ruhsert | Unterschreiben für Menschenrechte: Viele der Besucher am Missionsfest in Münsterschwarzach trugen sich in Listen gegen das brasilianische Staudammprojekt Belo Monte ein.
Von unserem Mitarbeiter Georg RuHsert
 |  aktualisiert: 13.01.2016 10:42 Uhr

Das Missionsfest, zu dem die Benediktiner jeweils Mitte Oktober nach Münsterschwarzach einladen, ist für viele Freunde der Abtei immer ein großes Familientreffen. Am Sonntag war es in und um die Abtei aber besonders voll. Dass über 2000 Gäste gekommen waren lag sicher auch am Ehrengast des Tages, Bischof Erwin Kräutler aus Altmira/Brasilien.

„Dom Erwin“, wie ihn die Brasilianer liebevoll nennen, ist seit 32 Jahren Bischof der Diözese Xingu im Amazonasgebiet. „Als ich damals nach Altamira kam, hatte die Stadt 4000 Einwohner, ringsum war nahezu unberührter Urwald. Heute haben wir 120 000 Einwohner und ich kann teils 250 Kilometer am Stück fahren, ohne einen einzigen Urwaldbaum zu sehen“. Statt dessen nur riesige Viehweiden und Plantagen multinationaler Konzerne, auf denen Pfalzen für Biosprit angebaut werden, so beschreibt er die Probleme, die ihn umtreiben.

Kathedrale bald im Stausee?

Seit er Bischof wurde, ist der gebürtige Österreicher ein unermüdlicher Kämpfer. Denn mit jedem Baum der fällt, wird der Lebensraum Tausender von Ureinwohnern kleiner. „Die indigenen Völker können nur in ihrer angestammten Heimat überleben“, deshalb sind Großprojekte wie aktuell der riesige Belo Monte Staudamm für ihn schlichtweg Völkermord. Der geplante See wird das Stammesgebiet von 40 000 Indios und außerdem schätzungsweise ein Drittel der Stadt Altamira überfluten. So genau weiß das keiner, oder zumindest sagt es den Leuten niemand. Auch Dom Erwin weiß nicht, ob seine Kathedrale in ein paar Jahren nicht im Wasser steht – wenn das Projekt umgesetzt wird.

Um das zu verhindern, sammelt er etwa in Europa Unterschriften. Schließlich gehen viele der lukrativen Aufträge auch an deutsche Firmen. „Hier wünsche ich mir ein mutiges, klares Wort auch einer deutschen Bischofskonferenz“, forderte Kräutler seine Amtsbrüder auf.

Die Bilder an den Wänden der Münsterschwarzacher Egbert-Halle zeigen auch ermordete Weggefährten des Bischofs im Kampf der brasilianischen Kirche für die Rechte der Indios. Kräutler selbst entging 1987 nur knapp einem Mordanschlag und lebt seitdem unter Polizeischutz. Andere Fotos erzählen vom so ganz anderen christlichen Leben am Amazonas. Er habe aktuell 30 Priester in einem Gebiet so groß wie Deutschland. Eine Pfarrei habe 70 bis 90 Kirchorte, für die ein Priester und wenige Ordensschwestern zuständig sind.

Wie das denn gehe, fragte Bischof Friedhelm Hofmann seinen Amtsbruder beim gemeinsamen Abendessen verwundert. Er habe extra ausgebildete, fähige Gemeindeleiter vor Ort – zumeist Frauen, berichtete Kräutler. Auch die Spendung der Taufe und des Firmsakraments habe er an seine Katechistinnen delegiert. „Oh ja, das geht schon“, konterte der humorvolle Vorarlberger. Schließlich hab ihm der selige Papst Johannes Paul II. bei seinem letzten Besuch in Rom ausdrücklich seinen Segen für diese Art der Pastoral gegeben.

Brasilianische Lebendigkeit

„Wir können von der brasilianischen Kirche Leidenschaft und Kraft lernen“, meinte Domkapitular Christoph Warmuth. Viele deutsche Christen hätten sich in einer „uns-geht's-doch-ganz-gut-Mentalität“ eingerichtet. Das Würzburger Partnerbistum Obisbos ist Nachbardiözese Xingus. Christiane Hetterich von der Diözesanstelle Mission-Entwicklung-Frieden erzählte von einer erfolgreichen Würzburger Unterschriftskampagne, die dort in Juruti die Rechte der Indios gegen einen Bergbaukonzern durchgesetzt habe.

Dass trotz der ernsten Themen am Sonntag auch etwas von der sprichwörtlichen brasilianischen Lebensfreude spürbar wurde, lag auch am 35köpfigen Chor „Voces do Brazil“. Die Sänger des Kölner Ensembles luden zu einer musikalischen Rundreise durch das südamerikanische Land ein. Wie immer war beim Münsterschwarzacher Weltmissionssonntag mit Pferdezirkus, Kutschfahrten und einer Märchenstunde auch für die Kleinsten etwas geboten. So war für viele Besucher nach dem Vespergottesdienst klar: Wir sehen uns wieder beim nächsten Missionsfest am 20. Oktober 2013!

 
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