
„Jetzt wird die Kommission in der Friedhofs-Kapelle eingemauert. Und erst, wenn weißer Rauch aufsteigt wie beim Konklave und Sommerach schönstes Dorf Deutschlands ist, lassen wir die wieder fort“, sagte einer:
Es wurde viel gelacht und geflachst beim Rundgang der zwölf Experten, die dieser Tage eine Rundreise durch Deutschland machen und 24 Dörfer begutachten. Sommerach war das Dritte, am 26. Juni wird veröffentlicht, wer die Jury am meisten überzeugt hat.
Andererseits arbeitet die Jury mit preußischer Disziplin: Drei Stunden pro Dorf, keine Minute mehr. „Sonst heißt es, da wart ihr länger, deshalb haben die gewonnen“, erläuterte Kommissionschef Michael Pelzer das strikte Vorgehen. So hielt der Bus mit den Experten am Ortseingang, fuhr Punkt 15 Uhr am Rathaus vor. „Tut mir leid, dass Sie sich so eine Mühe gemacht haben mit dem Abschiedsessen. Aber es hilft nicht, wir müssen hungrig in den Bus“, bedauerte der Jurychef zum Abschied Punkt 18 Uhr.
Aber die Sommeracher sind eben clever: Flugs stellten sich zwei Damen mit Bratwurst-Brötchen an den Bus, fanden dankbare Abnehmer – so sehen Sieger aus! Einer schien besonders hungrig oder genug gesehen zu haben, stieg mit Koffer und Rucksack aus dem Bus. „Ich muss wegen des Hochwassers zurück nach Berlin. Ilse Aigner hat mich angerufen“, sagte Ulrich Neubauer. Bevor er als einziges Jurymitglied dann doch zum Essen blieb, verriet der Mann noch soviel: „Die drei bayerischen Dörfer haben sich blendend präsentiert, mit Unterschieden in Einzelbereichen. Böbing, Mürsbach und Sommerach“, prophezeite der Experte „werden ganz oben dabei sein.“
Sonne und Sommer
So etwas hört Bürgermeister Elmar Henke natürlich gerne, der nach dem dreistündigen Rundgang über beide Ohren strahlte: „Ich kann allen Mitwirkenden nur danken. Wir haben all das rübergebracht und gezeigt, was wir uns vorgenommen hatten.“ Und, wer weiß: Vielleicht glaubt Günter Roth jetzt an die Magie des Ortes: „Schon wieder Regen, zum dritten Mal hintereinander“, hatte er bei der Begrüßung gegrummelt. Doch wie bestellt lachte nach der Kurzpräsentation im Bürgersaal die Sonne, und Elmar Henke hatte recht behalten: „Wir haben die Sonne im Logo, den Sommer im Namen. Es wird ganz sicher noch schön.“
Der Rundgang war gespickt mit Höhepunkten: Das Projekt Volkacher Tor, der Riemenschneider-Bildstock in der Friedhofskapelle, das Nahwärmenetz von 13 Hauseigentümern, mit dem 40 000 Liter Heizöl pro Jahr gespart werden: Überall wurden eifrig Notizen gemacht. An der Grundschule spielten aufgeweckte Kinder Musik, warteten mit einem Dorf-Abc auf, präsentierten strahlend Schulgarten, Schul-Weinberg und Schulwiese. „Wir sind die Zukunft“, lautete ihr Slogan in Anlehnung an den Wettbewerbstitel „Unser Dorf hat Zukunft.“ Im Weinberg bildet Kurt Münch lauter kleine Experten heran. „Das sind unsere Winzer von morgen.“
Spätestens da zeigte auch der gestrenge Michael Pelzer Milde. „Die Kinder spielen überall eine Rolle. Oft wirken sie wie Anhängsel, am Rand angepappt. Hier jedoch sind sie im Mittelpunkt, versprühen bei allem Können vor allem Spaß und Freude.“ Auch später, bei der Kita St. Valentin, staunten die Experten nicht schlecht, als Leiterin Gudrun Schlereth erläuterte: „Die Einrichtung wird ehrenamtlich geleitet, zehn Erzieherinnen betreuen 94 Kinder ab dem zehnten Monat. Und wir haben nur zehn Tage im Jahr unter der Woche zu.“
Es würde den Rahmen sprengen, hier alle Aktivitäten aufzuzählen. In der Villa Kultur oder im Hinterhof-Garten von Marianne und Peter Engert gab es viele Ahs und Ohs und zudem Launiges vom Gastgeber. „Mir gehört der Garten, meine Frau hat die Arbeit“, scherzte Peter Engert, und die Tochter merkte verschmitzt lächelnd an: „Die Mama schneidet die Grashalme einzeln mit der Nagelschere.“
Viele neue Ideen
Der Sportverein SV/DJK (600 Mitglieder/davon 300 Jugendliche), die Feuerwehr, der Obstbauverein, der Winzerverein, die Burschenschaft, der Chor – sind alle im Einsatz. „Das bürgerschaftliche Engagement ist herausragend“, fand Jurychef Pelzer, der Bürgermeister am Tegernsee ist. „Bei mir zu Hause in der Verwaltung haben sie jetzt Angst: Ich sehe jetzt so viel Gutes und frage dann, warum wir das nicht längst auch haben. Auf jeden Fall gibt es viele neue Ideen.“
Na, geht doch: Die Sommeracher haben den Mann offenbar weich gekocht. „Eigentlich müssten Sie heißen wie ich“, hatte der Stellvertretende Landrat Paul Streng zwischendurch mal den Gast gefrozzelt. Und ob es am Ende für Platz eins, das Treppchen oder einen Top-Ten-Platz für Sommerach reicht: Viel wichtiger als das Urteil der Jury ist die Gewissheit, dass dieses Dorf Zukunft hat.
„Unser Dorf hat Zukunft“ 2013
Schlussrunde: In Böbing hat Ilse Aigner das Bundesfinale eingeläutet, das im hessischen Neustadt-Mengesberg endet. 2600 Dörfer waren dabei, von 2007 bis 2011 wurden in rund 8000 Dörfern mit zwei Milliarden Euro Projekte unterstützt.
Kriterien: Den Wettbewerb gibt es seit den 1960er Jahren. 2011 holte Sulzfeld Silber auf Bundesebene. Bewertet wer-den sechs Kriterien: Leitbild und Entwicklung, Wirtschaft und Entwicklung, soziale und kulturelle Aktivitäten, Baugestaltung und -Entwicklung, Grüngestaltung und -Entwicklung sowie das Dorf in der Landschaft.
Mehr unter www.dorfwettbewerb.bund.de