Stammkunden der World-Press-Photo-Ausstellung wissen: Im Rathauskeller warten die besonders erschütternden Bilder. Aufnahmen, die das Grauen zeigen. Direkt aus dem Kriegsgebiet. Anschläge fast in dem Moment, da sie passieren. Während aber die besten Pressebilder der Welt am Ende doch mit einer bunten Mischung überzeugen, ist das bei den Unicef-Siegerbildern entscheidend anders: Not, Elend und Leid der Kinder überwiegen. Hier die Unterernährung, dort die Obdachlosigkeit. Es gibt – darauf sollte man gefasst sein – wenig zu sehen, was irgendwie Hoffnung macht.
Mitunter ist die Not nicht nur eine Not, sondern wie im Fall des aktuellen Siegerbildes 2020 sogar eine brennende Not: Der griechische Fotograf Angelos Tzortzinis zeigt die Flucht von Kindern aus dem brennenden Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Es war der 9. September, als das Lager in Flammen aufging – samt der Unterkünfte von 13 000 Geflüchteten, unter ihnen schätzungsweise 4000 Kinder.
Überleben in Müllbergen, Zwangsheirat einer Elfjährigen
Darauf spielte wohl auch Astrid Glos an, als sie bei der Eröffnung der Bilderschau vor einigen Tagen davon sprach, dass die Bilder "mich erschüttert haben". Hier die Zwangsheirat von einer Elfjährigen mit einem 40-jährigen Mann. Dort das Überleben in den Müllbergen von Haiti. Und doch, so die Integrationsbeauftragte der Stadt Kitzingen und Bürgermeisterin, dürfe man "nicht wegschauen".
Ähnlich drückte es Beate Hofstetter von der Unicef-Arbeitsgruppe Würzburg aus. Die Bilder würden "vergessene Kinder ins Rampenlicht rücken". Auch wenn es womöglich nicht ganz einfach sei, so zeichne die Ausstellung aus, dass man "der Wahrheit ins Gesicht schauen" könne.
Erstmals sind alle Sieger-Bilder zu sehen
Diese Wahrheit ist bis zum 14. November auf 176 Bildern zu sehen und besteht aus drei Teilen: Zum einen werden die beiden Unicef-Jahresausstellungen von 2017 und 2019 gezeigt. Zudem können erstmals als eine Art Deutschland-Premiere auch die Unicef-Fotos des Jahres von 2000 bis 2020 in Augenschein genommen werden – darunter die Flucht von Kindern aus dem brennenden Flüchtlingslager Moria.
Angelaufen ist die Ausstellung in der ersten Woche gut, es sei "ein sehr positiver Beginn" gewesen, so Herbert Müller, Sachgebietsleiter der Hauptverwaltung, auf Anfrage. Die Innenstadt sei teilweise "sehr voll" gewesen, die Rückmeldungen der Einzelhändler hätten diesen Eindruck bestätigt.
Auch diesmal ist die Klagemauer im Einsatz
Zum Einsatz kommt bei der Schaufenster-Galerie auch wieder die Klagemauer. Die stand in den vergangenen Jahren immer in den World-Press-Photo-Ausstellungen in der Rathaushalle Kitzingen vor dem Zugang zum Saal im Keller, wo etwas abgetrennt seit geraumer Zeit die Fotos mit den „harten Fakten“ gezeigt wurden. Bei der historischen Klagemauer in Jerusalem stecken Juden wie auch andere Besucher Zettel mit Gebeten, Bitten und Wünschen in die Ritzen zwischen den Steinen. Tausende Besucher der Ausstellungen in Kitzingen taten dies an der Klagemauer in der Rathaushalle ebenso, dafür lagen vorbereitete Gebete sowie Zettel mit Stiften aus.
Während der Unicef-Ausstellung steht diese Klagemauer vom 20. September bis 14. Oktober in der Pfarrkirche St. Johannes Kitzingen und vom 15. Oktober bis 14. November in der Stadtkirche Kitzingen, beide sind täglich geöffnet von 8 bis 18 Uhr. Betreut wird die Klagemauer ökumenisch von den Gemeinden. An der Klagemauer liegt auch ein Gästebuch aus. Wer will, kann dort seine Gedanken zu einer keineswegs einfachen Ausstellung eintragen.
Unicef verleiht den Fotopreis seit dem Jahr 2000. Die Auszeichnung geht an professionelle Fotografen, "die Persönlichkeit und Lebensumstände von Kindern auf herausragende Weise dokumentieren". Der Preis ist undotiert. Eine Jury aus Fotojournalisten, Publizisten und Kulturwissenschaftlern kürt die Siegerinnen und Sieger.