Verunsicherung um die Nutzung von Impfstoff-Resten bei den Ärzten: Wurde vor Monaten in Bayern noch abgeraten, Überschüssiges zu verimpfen, sagen die Gesundheitsminister in Berlin und München nun: Genau das ist erwünscht. Was denn nun?
Das BRK-Impfzentrum in Kitzingen war seiner Zeit voraus: Im Februar war den gegen Corona impfenden Ärzten dort aufgefallen, dass sie aus einer Ampulle Impfstoff von Biontech/Pfizer oft problemlos eine siebte Dosis aufziehen können. Vorgesehen waren ursprünglich erst fünf, dann sechs Dosen, doch die Ampullen sind oft überfüllt.
Folglich nutzte das BRK-Team sein Know-how und die vorhandenen sehr genau dosierbaren Spritzen, um den Impfstoff möglichst optimal zu nutzen und damit das Maximum an Landkreisbürgern zu impfen.
Doch nach gut drei Wochen stellte das BRK seine Praxis ein. Grund: Der Freistaat übernahm keine Haftung dafür. Auf Anfrage der Redaktion teilte die Regierung von Unterfranken nach Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium damals mit, dass die Herstellerangaben beinhalten, dass sechs Dosen aus einer Impfampulle entnehmbar seien. Alles andere sei ein "Off-Label-Use", also eine nicht in der Zulassung vorgesehene Anwendung.
Folglich hatte die Regierung dem BRK Kitzingen von seinem Handeln abgeraten, andernfalls wären die Ärzte in der Haftung. Dem war das BRK aus rechtlichen Gründen gefolgt. Auch im Gesundheitsausschuss des Landtags war noch Mitte April die Petition eines Arztes gescheitert, der Freistaat möge doch die siebte Dosis freigeben und rechtliche Fragen klären.
Minister Holetschek überrascht mit Kehrtwende
Umso mehr überraschte am Wochenende die Aussage von Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), der in den Medien mit der Aussage zitiert wurde: Die Entnahme einer siebten Impfdosis "wird bei uns längst praktiziert. Jede Dosis, die sicher entnommen werden kann, sollte auch gewonnen und verimpft werden." Und Holetschek fügte in einem Interview dieser Redaktion hinzu: "Dies ist mein ausdrücklicher Wunsch." Rechtliche Bedenken sieht der Minister bei fachlich richtigem Gebrauch demnach nicht mehr.
Damit folgt der bayerische Gesundheitsminister den Vorgaben seines Kollegen Jens Spahn (CDU) aus Berlin, denn das Bundesgesundheitsministerium befürwortet jetzt die vollständige Nutzung des Impfstoffs, sofern er nicht mit anderen Ampullenresten vermischt wird. Eine deutliche Kehrtwende.
Der Haken: In den ministeriellen Schreiben dazu findet sich weiterhin der Hinweis, dass letztlich die Ärzte das Haftungsrisiko tragen – wie im Übrigen bei jedem körperlichen Eingriff. Was also folgt für das BRK-Impfzentrum in Kitzingen daraus?
BRK würde am liebsten alles verimpfen
Kreisverbands-Geschäftsführer Felix Wallström sieht die Impfung heute wie damals pragmatisch: Wenn man aus den Ampullen mehr Impfstoff gewinnen und somit mehr Menschen impfen könne als gedacht, dann sei das sinnvoll. Seiner Erfahrung nach sei in mindestens zwei Dritteln der Ampullen mehr Impfstoff enthalten als angegeben. Und zwar nicht nur beim Vakzin von Biontech/Pfizer, bei dem man häufig die beschriebene siebte Dosis ziehen könne. Auch beim Impfstoff von Moderna, der in Kitzingen ebenso verabreicht wird, könnten oft elf statt der angegebenen zehn Spritzen aufgezogen werden.
Doch der BRK-Kreisverband ist ein gebranntes Kind: Weil die Ministerien die Haftung immer noch den Ärzten zuschreiben, stellt das Rote Kreuz in Kitzingen seinen Medizinern frei, wie sie impfen wollen. Die Haftungsfrage sei derzeit "nicht einwandfrei zu klären", sagt Wallström. "Ein Arzt möchte den vorhandenen Impfstoff für eine siebte Dosis verwenden, ein anderer nicht." So schildert Wallström die Reaktion aus ersten Gesprächen. Deshalb werde man niemanden zwingen, überschüssigen Impfstoff zu verwenden, es aber zulassen, wenn der Arzt das will.
Die Impfärzte und die hinter ihnen stehenden Organisationen wissen doch ganz genau, dass die Impfstofflieferanten die Liefermengen kürzen (wie ja bereits geschehen), wenn offiziell mehr aus den Ampullen gezogen wird.
Also einfach mal die Klappe halten und machen.
Es muss doch feststellbar sein, ob es nur für 6 oder doch 7 Dosen reicht. Der Arzt vor Ort hat den Durchblick und dem sollte man die Entscheidung überlassen. Vielleicht fehlt da der Honorarvermittler.