Spirituelle Autoren wie der Benediktiner Anselm Grün verkaufen ihre Bücher millionenfach. Gleichzeitig fühlen sich viele Menschen in der Amtskirche nicht mehr Zuhause oder wenden sich ganz von ihr ab. Wie wichtig ist den Menschen in der heutigen Zeit noch der christliche Glaube? Wie müsste Kirche sein, damit sie sich (wieder) von ihr angesprochen fühlen? Das haben wir Besucherinnen und Besucher der "Münsterschwarzacher Büchertage" gefragt.
Judith Rothaug (53), Esselbach: "Die Beziehung zu Gott und das Gebet ist mir wichtig. Mein Glaube bestimmt mein Wertesystem. Viele Entscheidungen in der Kirche finde ich nicht richtig. Aber es gibt viele großartige Menschen, die eine tolle Arbeit machen. Wenn Kirche gelebter Glaube ist, ist sie etwas Wunderbares."
Maria Schmid (77), Oerlenbach: "Mein Mann ist vor kurzem gestorben. Das Gebet hilft mir sehr in dieser schweren Zeit. Mit meiner Pfarrei bin ich voll zufrieden. Aber insgesamt müsste sich in der Kirche etwas ändern. Frauen als Priester kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber sie müssten eine größere Rolle spielen. Ohne Frauen geht es in der Kirche nicht."
Axel Jeroma (54), Naila: "Bei uns wurde immer das Jugendabendmahl gefeiert. Das hat mich in meinem christlichen Glauben geprägt. Natürlich ist Glaube ein Auf und Ab. Aber ich war nie an dem Punkt, wo ich nicht mehr glauben konnte. Die Kirche sollte an ihren alten Schätzen festhalten und sie modern interpretieren, so dass sie auch junge oder suchende Menschen anspricht."
Irene Kastl (60), Fichtelgebirge: "Glaube bedeutet für mich, im Alltäglichen zu schauen, wo ich meinen Glauben leben kann. Ich versuche, in jeder Situation und in jedem Menschen Gottes Spuren zu finden. Nur wenn ich weiß, wer hinter mir steht, kann ich nach vorne schauen. In der Kirche fühle ich mich Zuhause. Insgesamt müsste man aber mehr auf das Miteinander schauen und voneinander lernen."
Dietmar Jaegle (59), Stuttgart: "Meine katholische Kirchengemeinde ist sehr offen. Aber wie Kirche uns von oben her aufgenötigt wird, ist ein Problem. Die Kirche muss demokratischer und frauenfreundlicher werden. Es gibt theologisch kein Argument gegen die Priesterweihe von Frauen. Das ist eine reine Machtfrage. Die Christen, die ich kenne, sind mehr trotz allem noch katholisch."
Almut Rumstadt (54), Eberbach: "Mein Glaube hat viel mit Gottvertrauen zu tun. In manchen Bereichen finde ich Kirche gut, zum Beispiel wenn sie sich um Menschen in Not kümmert. Aber die hierarchisch verfasste Kirche ist an einem Punkt gekommen, wo es so nicht mehr weitergehen kann. Ich denke dabei an die Jahre lange Vertuschung von Missbrauch oder die Nichtbeachtung von Frauen. Wir müssen wieder zu dem kommen, was Urkirche ausgemacht hat."
Katja Meusert (45), Volkach: "Ich wurde christlich erzogen und das Beten gibt mir Kraft. Wichtig finde ich, dass kirchliche Traditionen, wie das Weihnachts- oder Osterfest, weiter gelebt werden. Andererseits gibt es zu wenig Priester, die auch die jüngere Generation ansprechen. Würde man den Zölibat aufheben, gäbe es sicher mehr Seelsorger. Außerdem sollten Frauen gleichberechtigt sein."
Florian Sassik (41), Uffenheim: "Als Pfarrer möchte ich meine positiven Glaubenserfahrungen an andere weitergeben. Das ist nicht mehr so einfach. In den Kirchengemeinden müssen wir uns danach ausrichten, was die Menschen vor Ort brauchen. Man sollte auch mal Neues wagen. Zum Beispiel möchte ich einen Familienkreis aufbauen, so dass auch junge Familien gerne in den Gottesdienst kommen. Alle sollen sich willkommen fühlen."
Hannelore Ritz (72), Kitzingen: "Glaube bedeutet für mich, verwurzelt sein mit einem Du, das wir Gott nennen. Für die Kirche würde ich mir mehr Einfachheit wünschen, weg von der Hierarchie, hin zu den Menschen. Sie müssen da, wo sie sind, abgeholt werden. Wir müssen wieder entdecken, dass wir alle Geschwister auf dem Weg zu Gott sind."