Als der Kommandeur des Volkacher Logistikbataillons vor einigen Wochen einen Teil seiner Soldaten zu Auslandeinsätzen in ferne Länder schickte, war klar: Weihnachten findet für sie fern der Heimat statt. Doch nicht nur die Entfernung von der Familie war für die Soldaten eine Herausforderung. Auch mit dem Corona-Virus ist im Kosovo, Irak und Libanon, in Afghanistan oder Mali zu rechnen. So sprach der Kommandeur, Oberstleutnat Frank Dannenberg, diesmal von einer "besonderen Herausforderung für die Soldaten".
Die Redaktion hatte die Möglichkeit, kurz vor Weihnachten das Teilkontingent für Afghanistan via Internet einige Tage zu begleiten. Oberleutnant zur See Daniel Hechtfischer, der zugleich Pressesprecher des Bataillons ist, berichtete vor Ort, dass sich die Anreise über zwei Wochen hinzog –quarantänebedingt.
Umfangreiche Vorbereitung wegen Corona
Jeweils vier Soldaten wurden abgeschottet mit Fahrzeugen nach Bonn in die Nähe des Flughafens gebracht. Seine Gruppe kam in einem Hotel in Einzelunterkunft unter. Dort begann eine strenge Quarantäne: Das Zimmer durfte nur zu bestimmten Zeiten verlassen werden. Täglich gab es nur eine halbe Stunde Ausgang in einem abgesperrten Park. Das Essen wurde vor der Zimmertüre abgestellt. Ebenso andere Dinge des persönlichen Bedarfs.
In dieser Zeit herrschte absolute Kontaktsperre. Und es gab immer wieder Corona-Tests. "Vor diesen 14 Tagen hatte ich meine Bedenken!", sagte der Offizier. Doch im Nachhinein sei "alles bestens abgelaufen". Die Verpflegung war ausgezeichnet; jedem Teilnehmer standen fast alle Medien kostenlos zu Verfügung, so dass man mit der Familie zu Hause korrespondieren konnte.
Zudem gab es ausreichend Literatur, durch die man die Möglichkeit hatte, sich auf den Aufenthalt in Afghanistan vorzubereiten. Dann folgte der Abflug vom Flughafen Köln/Bonn mit einer Militärmaschine der Luftwaffe. Die Reisezeit betrug rund zehn Stunden mit einem Zwischenstopp in Abu Dhabi.
Unter deutscher Führung am Hindukusch
Das Ziel der Soldaten: Masar-e-Scharif. Der dortige Flughafen ist direkt dem Camp Marmal, dem größten internationalen, militärischen Feldlager angegliedert, das von der Bundeswehr geführt wird. Es hat laut Bundeswehr einen hohen Sicherheitsstandard. "Die Bundeswehr stellt hier, im Norden von Afghanistan, das umfangreichste Kontingent an Soldaten", erklärt Oberstleutnat Detelf Schachel, Pressesprecher des Deutschen Einsatzkontingentes in Afghanistan und schon seit vier Monaten in "MeS", wie Masar-e-Scharif im Soldatenjargon genannt wird. "Wir sind hier die sogenannte Lead Nation für Soldaten aus derzeit 16 Nationen", umschreibt er die Führungsrolle Deutschlands vor Ort. Die anderen Kontingente kommen ebenfalls aus Europa, aus Asien und aus den USA, darunter Soldaten aus Armenien und der Mongolei.
Daniel Hechtfischer hat sich zwischenzeitlich "gut eingelebt", wie er sagt. Ebenso die anderen Kameraden. Trotzdem war am Anfang die Anspannung groß. Ein neues Land. Soldaten aus aller Herren Länder in einem Camp zusammengefasst, das etwa 3,75 Quadratkilometer groß ist. "Die ersten Tage waren voller Eindrücke, und wir wurden herzlich aufgenommen. Nach einer Woche Übergabephase läuft nun alles nach Plan", berichtet Hechtfischer.
Transport ist die Kernaufgabe
Die Volkacher Soldaten sind in verschiedenen Aufgabenbereichen eingesetzt. Laut Hechtfischer sind sie unter anderem für die Sicherheit zuständig oder bereiten Material vor, das in die Flugzeuge gebracht wird. Der eigentliche Fokus für die Logistikeinheit liegt auf der Organisation des "Redeployments", des Rücktransports der Ausrüstung vom Einsatzland nach Deutschland.
Der Aufenthalt im Lager sei kein Luxusleben, gibt der Offizier zu. Für den privaten Bereich sei aber alles Nötige vorhanden ist. So gibt es einen Friseur und ein Market-Center, ähnlich wie ein deutscher Supermarkt. Alles wird von deutschen Soldaten betrieben. Auch auf medizinischen Seite ist alles vorhanden. Vom Allgemeinarzt bis hin zu einem vollständig ausgestatteten Lazarett.
Und Weihnachten? "Ich glaube, wir haben hier mehr Weihnachtsfeeling als ihr in Deutschland", lautet Hechtfischers Einschätzung. Um das Market-Center sind Weihnachtsbuden aufgebaut, die multinational betrieben werden. Von niederländischen Muffins über belgische Pommes bis hin zu deutschen Bratwürsten gibt es alles. Jede Nation bringt sich mit ihren Spezialitäten und Bräuchen ein.
Oberstleutnant Schachel erzählt von einem mongolischen Soldaten der auf einer Posaune "Jingle Bells" gespielt hatte. "So was erlebst du nicht alle Tage." Und wegen der Zeitverschiebung werden die Soldaten schon 3,5 Stunden früher als in Deutschland Silvester feiern. "Da kannst du dir dann überlegen, ob du Stunden später nochmals mit der Familie in Deutschland per Videochat den Jahreswechsel begrüßt", sagt Schachel. Daniel Hechtfischer, ein gebürtiger Oberfranke, hat jedenfalls zum Jahresende einen besonderen Wunsch: "Eine echte fränkische Bratwurst vom Grill bei einer ordentlichen Runde Schafkopf am heimischen Weiher!"