Mit Zahlen ist das so eine Sache. Das weiß keiner besser als Stefan Beil, Vorsitzendes Mitglied der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Würzburg. Arbeitslosen-Statistiken sind so etwas wie sein Kerngeschäft. Dass am Ende vieles eine Frage der Betrachtungsweise ist, zeigt dieses Beispiel: 2,9 Prozent Arbeitslosenquote im vergangenen Juni. Das gilt, da unter der Drei-Prozent-Marke, für viele noch als Vollbeschäftigung. Andererseits stimmt auch: Vor genau einem Jahr, im Juni 2019, hatte die Quote bei 1,9 gelegen. Damals waren 1025 Menschen arbeitslos, jetzt sind es 1570. Macht mal eben ein Plus von über 53 Prozent.
Alles in allem aber ist Beil bei seinem Vortrag im Kitzinger Kreisausschuss, bei dem es zu einem großen Teil um die Auswirkungen der Corona-Krise geht, durchaus entspannt: "Von einer dramatischen Situation sind wir weit entfernt", gibt er so etwas wie Entwarnung. Der Juni 2020 lasse sich von den Zahlen her mit dem Juni 2014 vergleichen – damals war die Welt bekanntlich krisenfrei und, wenn man das so sagen kann, in Ordnung.
Rücklagen schnell aufgebraucht
Um aber den aktuellen Zustand so hinzubekommen, muss die Bundesagentur einige Klimmzüge machen. Alle Rücklagen, die seit 2011 gebildet wurden, werden dieses Jahr in Windeseile aufgebraucht. Vieles davon geht für das Kurzarbeitergeld drauf. Von den rund 34 000 Beschäftigten im Landkreis (Stand: Ende 2019) waren oder sind geschätzt 13 200 in Kurzarbeit, also etwa ein Drittel. Dieses Drittel gilt auch für die betroffenen Betriebe: Von den 2700 Firmen haben knapp 980 Kurzarbeit angezeigt.
Untergliedert man die Kurzarbeit nach Branchen, ergibt sich dieses Bild: Das Gastgewerbe war mit 94,7 Prozent teilweise fast komplett in Kurzarbeit. Gefolgt von Kunst, Unterhaltung und Erholung mit 70 Prozent, dem Kfz-Handel mit 50 Prozent sowie der Metall- und Elektroindustrie mit 45 Prozent.
Für die in den nächsten Tagen kommenden Juli-Zahlen der Bundesagentur für Arbeit sagt Beil ein ähnliches Bild voraus: Es gebe alles in allem "eine stabile Entwicklung". Und: Auch der laufende Monat "sieht positiv aus". Das alles, so gibt der Referent aus Würzburg den Kreisräten mit auf den Weg, mache doch Mut.
Krisen-Zahlen kommen erst 2022
So ähnlich könnte man auch das zusammenfassen, was Kreis-Kämmerer Toni Orth dem Gremium berichtet. Auf den laufenden Kreis-Haushalt habe Corona kaum Auswirkungen. Dass die Krise bisher nicht durchschlägt, hängt mit dem Abrechnungsmodus zusammen. Vereinfacht könnte man sagen: Der Kreis-Haushalt hinkt den aktuellen Entwicklungen immer ein gutes Stück hinterher. Deshalb würden die aktuellen Krisen-Zahlen sich erst 2022 durch weniger Einnahmen auswirken. Wobei es Anzeichen gibt, dass die sich anbahnenden Ausfälle womöglich vom Bundeshaushalt ausgeglichen werden.
Toni Orth hat somit trotz Krise derzeit wenig Anlass, unruhig zu schlafen. Zumal die zusätzlichen Ausgaben im laufenden Haushalt absolut überschaubar sind: Für Personalkosten – beispielsweise Überstunden – liefen zusätzlich 60 000 Euro auf, das Gesundheitsamt meldete 26 000 Euro an Mehrbedarf an und die EDV (Bürgertelefon, Hotline) um die 42 000 Euro.
Hartz IV: Mehr Bedarfsgemeinschaften
Während derzeit noch mit vielen Unbekannten in der Kämmerei gerechnet werden muss, sind zwei Posten aber mit Sicherheit deutlich höher: Die Sozialhilfe dürfte um 300 000 Euro ansteigen, dazu kommen Mehrausgaben bei der Jugendhilfe, die sich allerdings noch nicht beziffern lassen. Bei Hartz IV deute sich allerdings ein zunehmender Anstieg an: Zu den aktuell 1000 Bedarfsgemeinschaften im Kreis dürften bis zum Jahresende noch einmal 100 dazu kommen. Immerhin zehn Prozent mehr Fälle.
Letztlich aber, so Orth, sei der Kreishaushalt 2020 auch mit Corona "unproblematisch". Was allerdings 2022 sein wird, wenn die Steuereinbrüche in den Kommunen letztlich auf den Kreishaushalt durchschlagen, sei noch offen. Deshalb lautet seine Botschaft an die Räte: Alle finanziellen Entscheidungen, die jetzt getroffen werden und in die Zukunft reichen, müssten diese absehbar sinkende Kreisumlage unbedingt schon berücksichtigen.