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Volkach
Traditionshaus verkauft: Letzter Stammtisch beim Behringer in Volkach
Das Volkacher Wirtshaus und Hotel am Marktplatz wurde verkauft. „Hotel und Bistro“ lautet das Folgekonzept des neuen Eigentümers – der kein Unbekannter ist.
Das Wirtshaus am Volkacher Marktplatz wird zum 1. April ein Bistro/Hotel.
Foto: Peter Pfannes | Das Wirtshaus am Volkacher Marktplatz wird zum 1. April ein Bistro/Hotel.
Peter Pfannes
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:48 Uhr

Gänsehautstimmung herrscht am Dienstagabend in der gemütlichen Gaststube des Volkacher Wirtshauses Behringer. Über 50 Stammgäste genießen ein letztes Mal das urige Flair des Traditionsgasthofs. Dessen Inhaber Ulrike und Klaus Behringer haben den Betrieb im Herzen der Altstadt gegenüber dem historischen Rathaus an Philip Aczél verkauft. Auch der neue Eigentümer ist vor Ort, genießt das Miteinander der Stammtischschwestern und -brüder, die mit einem weinenden und einem lachenden Auge die Behringer-Geschichte am Marktplatz beschließen. Was hat Aczél vor? Was hat Familie Behringer bewegt, das Wirtshaus aufzugeben? Was sagen die treuen Stammgäste?

"Es ist schon traurig, dass das Wirtshaus schließt", meint Max Hochrein. Der Stammgast, der seit Jahren täglich nach getaner Arbeit zusammen mit vielen Volkachern auf der Wirtshausterrasse ein, zwei Feierabendbierchen schlürft, gewinnt der neuen Entwicklung auch einen positiven Aspekt ab: "Ich freue mich total, dass es weiter geht."

Das Konzept, das der Gründer und ehemalige Inhaber von Art of Chocolate, Philip Aczél, vorhat, sieht in der Behringer-Gaststube künftig ein kleines Bistro vor. "Mit Wein- und Bierangebot", sagt Aczél. Das Hotel soll in der bisherigen Form weitergeführt und nach Renovierung und Umbau etwas erweitert werden. Am 1. April will er Volkachs "erste Adresse" am Marktplatz wieder eröffnen. Aczél ist gelernter Hotelkaufmann und Patissier. Mit der Chocolaterie Art of Chocolate hatte er sich 2008 einen großen Traum erfüllt, aber nach über zehn Jahren den Betrieb an eine belgische Firma verkauft.

Über ein volles Haus beim letzten Stammtisch freuen sich am Dienstagabend (stehend von links) Klaus und Ulrike Behringer sowie Neu-Eigentümer Philip Aczél.
Foto: Peter Pfannes | Über ein volles Haus beim letzten Stammtisch freuen sich am Dienstagabend (stehend von links) Klaus und Ulrike Behringer sowie Neu-Eigentümer Philip Aczél.

Ein Jahrhundert Gastgebertradition

"Nach einer längeren Auszeit wollte ich jetzt meinen zweiten Traum erfüllen", schildert Aczél seine Beweggründe, das Wirtshaus mit Blick auf den Volkacher Marktbrunnen zu erwerben. "Als ich das Fachwerkhaus zum ersten Mal sah, wusste ich: Das ist es!", erzählt der Neueigentümer. Aczél übernimmt fast ein Jahrhundert Gastgebertradition. 1928 ging der ehemalige "Gasthof zur Mainbrücke" in den Besitz der Familie Behringer über.

Nikolaus Behringer erstand das Anwesen seinerzeit von der Brauerei Düll. Nachfolger Arthur Behringer verstarb 1985 mit 54 Jahren. Plötzlich lastete die Verantwortung für den mittlerweile baufälligen Gasthof auf den jungen Nachfolgern, vor allem auf Klaus Behringer und seiner Frau Ulrike. "Wir haben uns den Erhalt der historischen Gebäude zur Lebensaufgabe gemacht", sagt der Gastwirt aus Leidenschaft. Den Marktplatz bezeichnet der mittlerweile 60-Jährige als einen "magischen Platz".

"Hinterhöfle" bleibt unverändert

Als der Marktplatz vor drei Jahren neu gestaltet wurde und Großbaustelle war, hatte das Wirtshaus Behringer wie auch die anderen Unternehmen in der Altstadt eine lange Durststrecke durchzustehen.
Foto: Peter Pfannes | Als der Marktplatz vor drei Jahren neu gestaltet wurde und Großbaustelle war, hatte das Wirtshaus Behringer wie auch die anderen Unternehmen in der Altstadt eine lange Durststrecke durchzustehen.

Sein zweites Standbein, das "Hinterhöfle" in der Unteren Hauptstraße führt er unverändert weiter. Der Verkauf des großen Hauses ist dem Umstand geschuldet, dass es an einem Nachfolger fehlt. Der einzige Sohn lebt in München, hat mit seiner Frau Nachwuchs bekommen. "Ich finde es gut, dass mein Sohn seine eigenen Wege geht", akzeptieren Klaus Behringer und seine Frau dessen Entscheidung. "Es war klar, dass wir die Zukunft familienextern regeln müssen." Der Entschluss, das Wirtshaus zu veräußern, reifte. Da der Gasthof bei den Behringers immer "Herzenssache" war, galt es einen Käufer zu finden, der den Betrieb weiterführt und die Traditionen bewahrt.

"Ich bin nicht wehmütig, sondern eher froh und dankbar, dass es hier weitergeht", sagt Behringer mit einem lachenden Gesicht. Erleichtert ist er auch, dass alle 47 Mitarbeiter ihren Job behalten, entweder beim neuen Eigentümer oder im Hinterhöfle. Seit drei Jahren ist Mitarbeiterin Cindy Hinrich "Mädchen für alles" in Wirtshaus und Hotel. Sie lacht und scherzt: "Ich bleibe, der neue Inhaber hat mich mitgekauft." Sie freut sich auf die neue Herausforderung. Ein bisschen traurig ist sie aber doch, weil sie ihre alten Chefs verliert: "Ulrike war ein Ass als Chefin." Die lässt ihre berufliche Zukunft und die mögliche Mitarbeit im Hinterhöfle offen. Die Stammgäste Monika und Günther Hochrein überreichen den Behringers Blumen als Dankeschön für viele Jahre Gastfreundschaft.

"Ich wollte mir jetzt meinen zweiten Traum erfüllen."
Philip Aczél, neuer Eigentümer
Der schönste Platz hinter der Theke: Stammtischsenior Hartwig Nagler, Mitarbeiterin Marianne Stier und Stammtischbruder Max Hochrein (von links).
Foto: Peter Pfannes | Der schönste Platz hinter der Theke: Stammtischsenior Hartwig Nagler, Mitarbeiterin Marianne Stier und Stammtischbruder Max Hochrein (von links).

Dankbar ist auch Hartwig Nagler, vor allem weil er seine neue Stammtisch-Wahlheimat nicht verliert. Der aus Oberbayern stammende Stammtischsenior hat mit seinem Wohnmobil vor sieben Jahren Deutschland bereist und ist in Volkach hängengeblieben. "Ich habe die Mainschleife und die Ursprünglichkeit dieses Wirtshauses lieben gelernt", sagt der 79-Jährige und erhebt mit Mitarbeiterin Marianne Stier (Schwester von Ulrike Behringer) und Stammtischbruder Max Hochrhein das Glas. Bei Freibier und Schlachtschüssel wird die Betriebsübergabe noch einige Stunden gefeiert.

Das gesellige Leben am Marktplatz geht weiter. Ausgelassen stößt diese Stammtischrunde auf einen guten Neuanfang an.
Foto: Peter Pfannes | Das gesellige Leben am Marktplatz geht weiter. Ausgelassen stößt diese Stammtischrunde auf einen guten Neuanfang an.
 
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