Anschauen, Bieten, Heimgehen: Für mehr lässt die Corona-Pandemie keinen Platz beim traditionellen Eichenstrich an diesem Samstag im Willanzheim. Ein geselliges Miteinander darf und wird es nicht geben. Andere Gemeinden verlegten das beliebte Brauchtum des Holzstrichs gleich ganz an Schreibtisch, Telefon und Computer.
Der Holzstrich ist ein Termin, der in vielen Orten mit großer Vorfreude erwartet wird. Er bietet den Bürgern die Gelegenheit, Holz zu ersteigern, um sich mit Brennholz zu versorgen. Gemeinsam durch den Wald gehen, fachsimpeln, bieten, vielleicht auch mal den Preis ein bisschen hochtreiben, am Mittag oder teils bis tief in die Nacht am Lagerfeuer zusammensitzen – das gehört vielerorts zu den Höhepunkten im Jahreslauf. Inmitten der Corona-Pandemie ist an derartige gesellige Zusammenkünfte nicht zu denken. Trotzdem das Holz aufzuarbeiten und die Bürger mit Brennholz zu versorgen, ist keine einfache Aufgabe.
Etwa 15.000 Hektar Wald gibt es im Landkreis Kitzingen. Gut ein Drittel davon gehört den Städten und Gemeinden. Zur Waldbewirtschaftung gehört häufig der Holzstrich dazu, insbesondere im südlichen Landkreis, aber beispielsweise auch in Kaltensondheim, Großlangheim und Sulzfeld. Auch in Kitzingen gab es schon einen Holzstrich, er wurde 2018 erstmals durchgeführt.
Die Bäume werden dabei von Gemeindemitarbeitern, Landwirten oder Fremdfirmen gefällt, das Stammholz wird in der Regel von der Gemeinde, teils über die Forstbetriebsgemeinschaft Kitzingen, vermarktet. Die Kronen und das Schwachholz werden in Lose eingeteilt und können von den Bürgern ersteigert werden. Man trifft sich im Wald, geht gemeinsam von Baum zu Baum, und nach der Nennung des Mindestpreises können Gebote genannt werden. Wer am meisten bietet, bekommt den Zuschlag.
„Die Leute mögen das, sie steigern gern“, sagt die Seinsheimer Bürgermeisterin Ruth Albrecht. Vier Ortsteile hat sie in ihrer Gemeinde, fast genauso viele Varianten gab es in diesem Winter beim Holzstrich. Gemeinsam war ihnen aber eines: Der Aufwand war sehr groß. Ein Treffen im Wald kam für die Bürgermeisterin nicht in Frage. „Das ist ja keine Gemeinderatssitzung, sondern eine Veranstaltung“, macht Albrecht deutlich, warum die Gemeinde auf eine andere Variante umgestiegen ist. Normale Veranstaltungen sind während der Pandemie nicht erlaubt.
Also hat Ruth Albrecht erst mal bei den Bürgern telefonisch den Bedarf abgefragt: Wer braucht überhaupt Brennholz? Danach gab es unterschiedliche Lösungsansätze. In Seinsheim beispielsweise wurden Lose eingeteilt, die unterschiedlich viel Holzeinschlag enthielten: kleine, mittlere und große. Jede Kategorie hatte ihren festen Preis. Dann bestellte Ruth Albrecht die Bürger einzeln ins Rathaus ein, wo sie eine Nummer aus den Losen mit der von ihnen gewünschten Größe ziehen konnten – „natürlich unter Beachtung der Corona-Richtlinien“, wie die Bürgermeisterin betont.
In Tiefenstockheim dagegen, wo am vergangenen Samstag der traditionelle Holzstrich im Terminkalender gestanden hätte, wurde das zur Verfügung stehende Holz möglichst gerecht aufgeteilt und die interessierten Bürger dann erneut angerufen, um ihnen mitzuteilen, welches Los sie bekommen, wie viel Ster es umfasst und wie hoch die Kosten dafür sind und zu fragen „ob sie es so nehmen“, so Albrecht. Die allermeisten Bürger waren mit ihren Losen einverstanden. Hier gab es keine Aufteilung nach klein, groß und mittel. Jedes Los hatte einen anderen Preis, je nachdem, wieviel Ster es umfasste.
„Der Eichenstrich findet statt“, lautete dagegen Anfang der Woche die lang erwartete Nachricht für die Willanzheimer Bürger. Es sei eine gemeindliche Veranstaltung, die durchgeführt werden dürfe, erklärte Bürgermeisterin Ingrid Reifenscheid-Eckert auf Nachfrage. Die Gemeinde beruft sich dabei auf die Infektionsschutzverordnung, die gemeindliche Veranstaltungen zulässt, und hat sich zudem im Landratsamt rückversichert. „Wir haben immer um die 150 Lose“, sagt die Bürgermeisterin. „Das kann man nicht online machen.“
Mit der beliebten Veranstaltung vergangener Jahre hat der Termin am Samstag aber nicht viel zu tun. „Es geht rein um den Verkauf von Holz“, betont Ingrid Reifenscheid-Eckert. Das Schöne am Eichenstrich, die gemeinsame Mittagspause, das Feiern bis tief in die Nacht, muss ausfallen. „Es gibt keine Bewirtung, es gibt kein Lagerfeuer“, betont die Bürgermeisterin. Wer krank ist, darf nicht teilnehmen, wer kommt, muss Abstand halten beziehungsweise eine Maske tragen. Auch in Hüttenheim und Markt Herrnsheim wurde der Holzstrich im November auf diese Weise durchgeführt. Auf den Holzeinschlag zu verzichten, war für die allermeisten Gemeinden keine Alternative. Zum einen, weil im südlichen Bereich die Mittelwaldbewirtschaftung vorherrscht. Dabei wird der Wald in verschiedene Bereiche eingeteilt und das Unterholz im Abstand von 30 Jahren als Brennholz eingeschlagen. Jedes Jahr wird ein anderes Gebiet bearbeitet. „Wir haben Mittelwald, was sollen wir machen?“, sagt denn auch die Willanzheimer Bürgermeisterin. „Das Unterholz wächst ja nach.“
In anderen Gemeinden lag der Grund beim massiven Borkenkäferbefall beim Nadelholz. So wurde beispielsweise für den Holzstrich in Sulzfeld und Marktbreit insbesondere Borkenkäferholz gefällt, wie Förster Achim Volkamer vom Forstamt Kitzingen erklärt. Eine echte Versteigerung wie in früheren Jahren habe es aber in diesen Orten nicht gegeben. In Sulzfeld sowie in Kaltensondheim wurden ebenfalls Brennholzlose eingeteilt und Preise festgesetzt. Wer Interesse an Holz hatte, konnte sich melden.
In Mainbernheim fand in diesem Winter keine Brennholzversteigerung statt. Wie Bürgermeister Peter Kraus im Dezember im Stadtrat erklärte, sei das mit dem Einschlag beauftragte Unternehmen aufgrund von Personalausfällen nicht in der Lage gewesen, die für eine Versteigerung notwendige Menge termingerecht einzuschlagen. Die Bürger hatten trotzdem die Möglichkeit, ihren Bedarf zu melden. Dann wäre das Holz über die Förster zur Verfügung gestellt worden.
Dass in diesem Jahr wegen Corona fast nirgends ein normaler Holzstrich stattfinden konnte, findet Achim Volkamer schade. Die Versteigerung sei eine Attraktion, es würden interessante Preise erzielt, die teilweise etwas höher lägen als die normalen Preise. „Das ist ein faires Preisfindungsverfahren. Und es ist etwas Schönes, mit den Leuten durch den Wald zu gehen.“ Dass das Holz trotz Corona über Lose vergeben werden konnte, sei nur durch die gute Zusammenarbeit mit den Förstern möglich gewesen, lobt die Seinsheimer Bürgermeisterin Ruth Albrecht sowohl den amtlichen Förster Volkamer als auch Dieter Rammensee von der FBG, der in Tiefenstockheim bei der Schätzung der Preise mit zurate gezogen wurde. „Ohne sie wäre es nicht gegangen.“ Wobei die Bürgermeisterin und auch Förster Volkamer noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass beim Aufarbeiten des ersteigerten Holzes neben den Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften sowie dem Gebot der Bodenschonung diesmal unbedingt auch die Corona-Regeln mit Abstand und Kontaktverbot beachtet werden müssen.