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Kitzingen
Todkranker Hund bringt sein Herrchen vors Kitzinger Amtsgericht
Weil er Angst um sein "Ein und Alles" hatte, ist ein Rentner auf Polizisten losgegangen. Für den Angriff auf die Beamten landete der 78-jährige Mann vor Gericht.
Weil sein Hund (Beispielbild) todkrank war, reagierte ein Rentner so ungestüm, dass er vor Gericht landete.
Foto: Mahmud Al-Matari, dpa | Weil sein Hund (Beispielbild) todkrank war, reagierte ein Rentner so ungestüm, dass er vor Gericht landete.
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:30 Uhr

Widerstand, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, dazu Beleidigung und versuchte Körperverletzung: Die Vorwürfe, die vor dem Amtsgericht Kitzingen gegen einen 78-jährigen Rentner erhoben wurden, waren heftig. Normalerweise springen dabei Freiheitsstrafen von drei Monaten aufwärts heraus. Im konkreten Fall war es am Ende eine weniger heftige Geldstrafe von 800 Euro (80 Tagessätze zu zehn Euro). Dazu kam die Erkenntnis, dass Straftaten sehr unterschiedliche Qualitäten und Hintergründe haben können.

So spielte dieses Mal ein todkranker Hund eine besondere Rolle oder wie es ein Zeuge sagte: "Der Hund zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Geschichte." Wie, das zeigte die Verhandlung vor dem Amtsgericht. In der brach der Angeklagte mehrmals in Tränen aus, wenn die Rede auf seinen inzwischen verstorbenen altdeutschen Schäferhund kam. "Der 'Mo' war mein Ein und Alles", sage der 78-Jährige. Das blieb auch so, als der langjährige Wegbegleiter schwer krank wurde. "Ich habe ihm versprochen, mich um ihn zu kümmern", sage der Angeklagte dem Gericht, und das nahm er ernst.

Auch am 16. April 2023. An diesem Tag ging es dem Hund besonders schlecht. Der Mann hielt die Situation Zuhause nicht mehr aus. Um sich abzulenken, ging er in ein Bistro und trank etwas. Am Ende zeigte ein Alkoholtest 1,87 Promille an. Dann passierte das, was ihn vor Gericht brachte.

Rentner brach an der Bistro-Theke zusammen

Der Mann brach an der Theke zusammen. Er konnte seine Beine nicht mehr bewegen. Dennoch wollte er keine Hilfe: "Das wird schon wieder", hatte er zur Wirtin gesagt. Der aber wurde die Sache zu gefährlich. "Ich habe den Sanka gerufen", sagte sie. Aber als die Sanitäter kamen, ließ der Mann auch sie nicht an sich ran. Die Sanitäter riefen die Polizei. Zwei Beamte gingen nach der Aussage des Notarztes davon aus, dass der Mann Hilfe braucht. Sie wollten ihn auf einen Stuhl setzen. Dabei rastete der 78-Jährige aus.

Er beleidigte die Polizisten als "blöde Affen". Als die ihn an den Armen packten, wehrte er sich, erwischte eine Beamtin im Gesicht. Bei deren Kollegen setzte er zu einem Biss in den Arm an. Die Beamten griffen schließlich zu Handschellen. Danach wurde es ruhiger. Als die Wirtin dem Mann versicherte, sie werde sich um den Hund kümmern, war die Situation komplett entschärft. Der Mann landete zur medizinischen Abklärung im Krankenhaus – und sieben Monate später auf der Anklagebank.

"Ich hatte Angst, dass die mich mitnehmen und ich meinen Hund alleine lassen muss", erklärte der Rentner sein Verhalten. Inzwischen hat er seinen Fehler eingesehen und sich entschuldigt. Auch wenn keiner der Beteiligten einen bleibenden Schaden erlitten hat: Der Mann hatte Straftaten begangen.

Richterin lässt in diesem Fall Milde walten

Nach vier Zeugen stand für die Staatsanwältin fest: Die Vorwürfe in der Anklage haben sich bestätigt. Sie forderte eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen. Die Höhe passte sie den "schmalen Einkommensverhältnissen" des Rentners auf zehn Euro an. Der Verteidiger sah zwar den Widerstand und die Beleidigungen, einen tätlichen Angriff aber nicht. Die Strafe stellte er in das Ermessen des Gerichts.

Richterin Ilka Matthes ging in ihrem Urteil von einem tätlichen Angriff aus. "Den versuchten Biss in den Arm hat es gegeben", sagte sie. Allerdings handele es sich um eine Straftat ganz am unteren Rand der Skala. "Da haben wir hier schon andere Angriffe gesehen", sagte sie. Zudem schloss sie wegen des Alkohols und der "emotionalen Ausnahmesituation" eine verminderte Schuldunfähigkeit nicht aus.

800 Euro hielt sie für den bis dahin unauffälligen Renter für tat- und schuldangemessen. Das war für alle Beteiligten in Ordnung. Die Verhandlung endete, wie sie begonnen hatte, als "Mo" noch einmal ein Thema war: mit Tränen.

 
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