Der Lockdown verdonnert Fahrschulen zur Zwangspause. Seit Dezember fährt keines ihrer Autos mehr. Auch theoretischen Fahrschulunterricht gibt es aktuell nicht – zumindest nicht als Präsenzunterricht. Denn seit Mitte Januar können Fahrschulen auch in Bayern theoretischen Unterricht online anbieten, wenn ihr Antrag genehmigt wurde. Ob diese Ausnahmeregel eine Hilfe ist, darüber sind Fahrschulbesitzer im Landkreis Kitzingen uneins. Denn für sie bedeutet dies bürokratischen Aufwand und Kosten. Zudem erlischt die befristete Genehmigung automatisch, wenn Fahrschulen laut Beschluss des Bayerischen Kabinetts ab 22. Februar unter Schutzauflagen wieder unterrichten dürfen.
Wenn es nach Dirk Märkert ginge, dann würde er in seiner WM Fahrschule in Volkach und Kitzingen auch weiter Online-Unterricht anbieten. Er hält dies in Sachen Gesundheitsschutz für sicherer. Er hatte am 8. Februar mit dem theoretischen Unterricht übers Internet begonnen. Die Schüler absolvieren dort – wie auch im Präsenzunterricht – die 14 Unterrichtseinheiten à 90 Minuten an sieben Abenden hintereinander. Bereits die Premiere sei ein Erfolg gewesen, zieht Märker eine erste Bilanz. "Ein guter Fahrlehrer", sagt er, "kann den Unterricht online genauso gut aufbereiten wie in Präsenz."
Sechsseitiger Antrag und 150 Euro Gebühren
Der Fahrschulbesitzer hat sich "lange gegen Online-Unterricht gesträubt". Doch dann hat er am 20. Januar beim Landratsamt in Kitzingen doch eine Ausnahmegenehmigung beantragt, "damit im Lockdown überhaupt etwas geht". Sechs Seiten hatte sein Antrag, für den er 150 Euro Gebühren bezahlt hat. Eineinhalb Wochen später hatte er die Genehmigung.
Diese ist an strenge Vorgaben geknüpft, die das Kitzinger Landratsamt in einem Schreiben, das an alle Fahrschule im Landkreis ging, in 13 Punkten auflistet. Unter anderem heißt es dort, dass zwischen Fahrschüler und -schule ein Vertrag bestehen, die Identität der Fahrschüler vor jedem Online-Unterricht zweifelsfrei festgestellt werden muss und alle Schüler zeitgleich in Form einer Videokonferenz am Unterricht teilnehmen müssen.
Märkert, der mit Felix Full, einem seiner fünf Fahrlehrer und zwei Azubis online unterrichtet, hat sich technisch entsprechend vorbereitet. Zwei große Bildschirme neben seinem Laptop im Unterrichtsraum in Volkach zeigen ihm die Inhalte, die seine Schüler sehen, und zugleich die Gesichter aller Schüler. So sieht er, wer aufmerksam dabei ist und wer nicht. Die Inhalte des Unterrichts hat er teilweise selbst extra für die Konferenz-Plattform, auf der sein Online-Unterricht läuft, so aufbereitet, dass er mit den Schülern interagieren kann. Denn normalerweise, sagt er, halte er einen sehr aktiven Fahrschulunterricht, der auch Einheiten mit körperlicher Nähe einbaut. Das ist online schlecht möglich. Dafür sucht er Alternativen. "Ich muss vor der Kamera selbst aktiv sein und darf Inhalte nicht nur vorlesen", lautet einer seiner Grundsätze.
Märkert hofft, einen Weg zu finden, doch noch online weiter unterrichten zu dürfen. Allgemeinbildende Schulen etwa machten es schließlich vor. Anfang dieser Woche hat er noch keine klare Ansage des Landratsamtes und der für die Überwachung der Fahrschulen zuständigen Regierung der Oberpfalz, ob er eine Chance hat, mit seinem Wunsch durchzudringen. Er vermutet: Wenn der Inzidenzwert im Landkreis weiter unter 100 liegt, dann dürfte Online-Unterricht bald gestorben sein.
Online-Unterricht ist in anderen Bereichen etabliert
Dass Online-Fahrschulunterricht, "sinnvoll betrieben", genauso gut sein kann wie Präsenzunterricht, das findet auch Udo Müller. Der Geschäftsführer des Ausbildungscentrums für Verkehrsberufe Fahrschule Metzger in Kitzingen, Dettelbach, Obernbreit und Uffenheim, das elf feste Fahrlehrer beschäftigt, ist "grundsätzlich dafür". Wirtschaftsunternehmen zeigten, wie Aus- und Fortbildung heutzutage – nicht nur im Lockdown – übers Internet funktioniert. Er sieht zudem Vorteile etwa für Fernfahrer, die vorgeschriebene Fortbildungen während ihrer Standzeiten online absolvieren könnten, statt dafür Tage freizunehmen. Allerdings dürfe es dann nicht zu Dumpingpreisen unter den Anbietern kommen.
In diese Richtung gehen auch Bedenken von Stephan Friedlein. Der Inhaber der gleichnamigen Fahrschule mit zwei Fahrlehrern in Marktbreit fürchtet, dass Großanbieter den Markt mit billigen Online-Angeboten übernehmen und kleine Fahrschulen ruinieren könnten. Friedlein ist Zweiter Vorsitzender des Kreisverbands Würzburg des Bayerischen Fahrlehrerverbands und dort zuständig für den Kreis Kitzingen.
Furcht: Verkehrssicherheit und Pädagogik kommen zu kurz
Friedlein verteufelt Online-Unterricht nicht. Er denkt selbst darüber nach, wie er solchen anbieten und gestalten kann. Er sieht allerdings die Gefahr, dass der Erziehungsauftrag in Sachen Verkehrssicherheit online zu kurz kommen könnte, ebenso der pädagogische Auftrag der Fahrlehrer.
Damit liegt er auf einer Welle mit Holger Trump, einem der beiden Inhaber der Fahrschule Trump in Kitzingen, die noch zwei angestellte Fahrlehrer beschäftigt. Die meisten Fahrschüler kämen als Jugendliche oder junge Erwachsene während der Pubertät, also eines anspruchsvollen Lebensabschnitts, zur Fahrschule. Zum Auftrag der Fahrlehrer gehöre es, aus ihren Schülern nicht nur fähige Verkehrsteilnehmer, sondern auch respektvolle Menschen zu machen. In diesem Sinne sei Präsenzunterricht durch nichts zu ersetzen, meint Trump.
Für kleine Fahrschulen sind die Hürden hoch
Online-Unterricht ist nur für ganz wenige Fahrschulen eine Lösung, findet Martin Müller, der in seiner Fahrschule in Iphofen zusammen mit einem weiteren Fahrlehrer unterrichtet. Für sie als kleine Fahrschule seien die Hürden für ein Online-Angebot zu hoch. "Wir warten den Lockdown ab und bieten dann lieber geballten Theorie-Unterricht an", sagt er. Er kann sich aber vorstellen, online etwas anzubieten, falls diese Alternative gesetzlich über die Corona-Zeit hinaus möglich wäre.
Doch dafür sind derzeit in der Politik keine Anzeichen auszumachen. Es hat den Anschein, als seien die Bedingungen für die nur kurze Zeit geltende Ausnahmeregelung bewusst streng gehalten worden. Darauf deutet auch die Überwachung von deren Einhaltung hin, für die in Bayern die Regierung der Oberpfalz zuständig ist. Eine solche Kontrolle war Fahrschulbesitzer Märkert in Volkach nur wenige Tage nach dem Start seines Online-Unterrichts angekündigt worden. Die Teilnahme eines von der Regierung beauftragten Kontrolleurs an einem seiner Online-Kurse hätte ihn knapp 300 Euro gekostet. Nach dem Lockdown-Ende hat er sich das gespart – denn von der angekündigten Corona-Überbrückungshilfe III des Staates hat Märkert auch noch keinen Euro erhalten.