Wenn über das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP zwischen der Europäischen Union und den USA gestritten wird, fällt meist das Schlagwort „Chlorhühnchen“. Was es damit auf sich hat, darüber informierte Christian Hierneis, Vorsitzender der Kreisgruppe München des Bund Naturschutz (BN) und Beisitzer im Landesvorstand, während des Vortrags „Fluch oder Segen? Freihandelsabkommen im Fokus“ im Paul-Eber-Haus. Eingeladen hatte die BN-Kreisgruppe Kitzingen.
Befürworter sehen EU-weit durch TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) über zehn Jahre hinweg bis zu 400 000 neue Arbeitsplätze und eine gesteigerte Gesamtwirtschaftsleistung. Diese Daten seien zu bezweifeln und außerdem in Relation zu den Opfern zu sehen, die man für diese potenziellen Gewinne zu bringen bereit sei, so Hierneis. Zum Beispiel Chlorhühnchen sagte er laut BN-Pressemitteilung, dass der Kontakt mit Keimen in der amerikanischen Hühnerproduktion offenbar lässiger gehandhabt werde, wenn man diese später mit einer Chlorlösung beseitigen könne. In Deutschland, wo Schlachtgeflügel nur mit Leitungswasser abgespült werden darf, muss man im Vorfeld größere Sorgfalt walten lassen.
Anhand dieses Beispiels lasse sich die Absicht des Abkommens darlegen: Es gehe immer um den Investitionsschutz und den Abbau von Handelshemmnissen. In diesem Sinne müssten soziale, ökologische und technische Standards angepasst und gegebenenfalls abgesenkt werden. Viele Parteien und Verbände befürchten daher den Ausverkauf berechtigter Interessen zugunsten sogenannter regulatorischer Kooperation, so der Referent.
Weiter informierte er, dass TTIP wie andere Abkommen, „lebende“ Abkommen seien. Das bedeutet: In fortgesetztem Dialog wird ständig weiter verhandelt.
Allgemeines Unverständnis rufe die um TTIP aufgebaute Geheimhaltung hervor. Abgeordnete dürfen in abgeschirmten Lesesälen englische Texte lesen, sie dürfen keine Notizen machen und keine Textpassagen abfotografieren. Das müsse misstrauisch machen.
Die Zuhörer erstaunte laut Mitteilung die Information, dass der Bauernverband TTIP offenbar befürworte, um seine Exportchancen zu vergrößern. Einerseits wäre eine Ausweitung der deutschen Agrarproduktion ohnehin nur zu Lasten von Natur-, Tier- und auch Menschenschutz (Glyphosat, Antibiotika etc) zu erreichen, und andererseits stünde die europäische Landwirtschaft in einem Wettbewerb mit der amerikanischen, wobei meist kleinere und mittlere Betriebe riesigen Betrieben mit Produktionsvorteilen gegenüberstünden.
In der Frage, was denn zu tun sei, verwiesen der Referent und auch der Kitzinger Kreisvorsitzende Manfred Engelhardt auf die Unterschriftsliste, die bisher ca. 3,6 Millionen Teilnehmer aufwies, die Einflussnahme auf Abgeordnete und die kommende Demonstration am 23. April (Samstag) in Hannover. Dazu fährt auch ein Bus aus Schweinfurt.