Ausräumen, rausreißen, aufgraben, Schutt wegfahren: Monatelang nur Müll und Dreck. Doch sie wussten, worauf sie sich einlassen. Sigrid Grebner-Pfriem und ihr Mann Stefan Pfriem sind sich einig: „Neu bauen kann jeder.“ Ins Großlangheimer Baugebiet ziehen kam nicht in Frage, sie wollten unbedingt ein leer stehendes Haus im Ort wiederbeleben. Und für diesen Traum wird seit zweieinhalb Jahren geschuftet: Das Paar baut die ehemalige Gastwirtschaft Pfeuffer am Marktplatz zu einem Wohnhaus mit Gästezimmern um.
630 Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche – plus Nebengebäude und eine Scheune – mussten leer geräumt und entkernt werden. Mindestens 500 Tonnen Schutt mit Aushub und Innenleben des Gebäudes seien das gewesen, schätzt Stefan Pfriem. Vielleicht noch viel mehr. „Da dachte ich schon, das nimmt kein Ende“, erinnert sich der 41-Jährige. Doch platt machen war keine Option. Den Schwarzenauer hat es gewurmt, dass gerade in kleineren Dörfern so viel kaputtgeht: „Ich hab mich schon immer gefragt, warum das keiner macht.“ Im April 2015 hat er mit seiner Frau das große, verschachtelte Gebäude am Marktplatz gekauft und losgelegt.
Von der Bäckerei zur Gaststätte
Es gab viel zu entdecken in dem Haus mit der vielfältigen Nutzung. Der älteste Plan ist aus dem Jahr 1812. Darauf zu sehen ist, dass es ursprünglich eigentlich zwei Häuser waren, denen vermutlich 100 Jahre später eine Fassade vorgebaut wurde und das Dach erneuert. Eine Bäckerei, später im hinteren Teil einen Lebensmittelladen, eine Metzgerei mit Schaufenster zum Marktplatz hin und schließlich lange Zeit eine Gaststätte beherbergten die dicken Mauern. Nach der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, erinnert sich Sigrid Grebner-Pfriem, war Schluss.
Die 33-Jährige ist Köchin und verantwortlich für die Speisekarte des Patrizierhofs gleich gegenüber dem Marktplatz und ihren Eltern gehörend. Der Umbau ist somit auch Familiensache. Nicht nur, weil bei so einem arbeitsintensiven Projekt alle mit anpacken, sondern weil die Grebners künftig Mieter ihrer Tochter werden. Im Erdgeschoss entstehen nämlich ein Aufenthaltsraum mit Teeküche und vier barrierefreie Gästezimmer, betrieben vom Patrizierhof. In den ersten Stock ziehen die Hausbesitzer selbst, unters Dach soll noch eine weitere Wohnung.
Fachwerk freigelegt
Doch das ist noch Zukunftsmusik. Große Gauben lassen zwar schon viel Licht in den Giebel und neue Ziegel bedecken das Dach, doch drunter liegen die alten Balken noch frei. Durch die Decken aus Lehm und Stroh kann man zwar teilweise noch in den ersten Stock durchgucken, aber sie können weitgehend erhalten bleiben. Sie werden, wie die Balken, nur ergänzt, wo's nötig ist. Zudem erinnern freigelegtes Fachwerk und historische Elemente wie Ecken mit Bruchsteinen an eine lang verdeckte Vergangenheit.
Statt des Metzgerei-Schaufensters, das die Ansicht vom Marktplatz her in den vergangenen Jahren geprägt hat, ziehen wieder doppelflügelige Fenster ins Erdgeschoss. Auch der Laubengang im ersten Stock rund um die Dachterrasse ist eine Rückbesinnung auf alte Werte, wenngleich er großflächig verglast wird. Insgesamt 40 Fenster werden es sein, irgendwann. Die Hersteller kommen dem Bauboom gerade nicht hinterher.
Lob für die beteiligten Fachfirmen
Vorm nächsten Winter, wünscht sich Stefan Pfriem, möchte er gerne einziehen. Spätestens aber September 2019, da kommt die gemeinsame Tochter Anna-Lena in die Schule, möchten sie von Schwarzach nach Großlangheim umgezogen sein. Bis spät abends war Pfriem teilweise am Buddeln, damit die Fachfirmen am nächsten Tag weitermachen konnten. Für die ist er voll des Lobes. Ohne die viele Eigenleistung – über 2000 Stunden vermutlich bislang – sei solch ein Projekt aber nicht zu bezahlen. Gut, dass der Industriemechaniker sich gerne reindenkt in komplexe Sachen, auch wenn die Belastung alle herausfordert. Aber sogar sein zwölfjähriger Sohn Fabian packt mit an.
Ein großer Punkt, der dem Ehepaar noch Kopfzerbrechen bereitet, ist die Frage nach dem richtigen Heizkonzept für das große Gebäude mit den dicken Bruchsteinmauern. 70 Zentimeter Stein halten die Räume im Sommer wunderbar kühl, aber die Kälte ist dafür auch das Problem im Winter. Regenerativ heizen würde das junge Paar gerne, doch eine Wärmepumpe reicht wohl nicht für kuschlige Temperaturen in kalten Zeiten. Solarenergie soll auf jeden Fall zusätzlich aufs Dach. Wegen der fehlenden Gasleitung in Großlangheim läuft's eventuell auf Öl zum Zuheizen hinaus. Aber auch das wird Pfriem wohl noch einige Male durchrechnen.
Sauna als Zukunftsmusik
Reichlich Arbeit also noch bis zum Einzug. Ideen haben die Beiden noch jede Menge. Eine Sauna im neuen Keller wäre so eine – dazu ein Ruheraum im daneben liegenden Gewölbekeller. Bereut haben sie den Kauf nie, trotz der vielen Arbeit, die man in so ein altes Haus stecken muss. Sigrid Grebner-Pfriem und Stefan Pfriem möchten eher anderen mutmachen, so eine Renovierung mitten im Dorf auch anzupacken. Weil es traurig sei und schlecht für alle – auch im Neubaugebiet – wenn der Ort ausstirbt. Neben mutigen Bauherren brauche es dazu aber Eigentümer, die ihre ungenutzten Häuser zu einem vernünftigen Preis hergeben, sagt die Großlangheimerin. „Ich find's echt traurig, dass viele alte Leute nichts verkaufen wollen, obwohl ihre Kinder kein Interesse haben.“