Es war die eine Fahrt zu viel. Eine Fahrt ins Gefängnis. Dass sie bereits unter zweifacher Bewährung stand, weil sie immer und immer wieder schwarz und angetrunken durch die Gegend fuhr, störte die 59-Jährige an jenem Abend im März dieses Jahres nicht. Eine Polizeistreife erwischte die Frau mit 1,1 Promille bei der Heimfahrt auf einem Mofa. Eine Tat, die das Fass nun endgültig zum Überlaufen bringt: Sechs Monate muss die Geschäftsfrau nun hinter Gitter.
Das Urteil von Strafrichterin und Amtsgerichts-Direktorin Helga Müller ist so etwas wie der Schlusspunkt einer unheilvollen Entwicklung, die vor gut vier Jahren einsetzte. Damals nahm das Leben der Angeklagten eine schicksalhafte Wendung. Sie wird Opfer eines Verkehrsunfalls. Die gesundheitlichen Probleme danach sind enorm, der Grad der Schwerbehinderung liegt bei 70 Prozent.
Unter zweifacher Bewährung
Im gleichen Jahr wird ihre Ehe geschieden. Gleichzeitig wird der Alkohol zu einem bestimmenden Thema. Erstmals wird die 59-Jährige im Sommer 2017 angetrunken am Steuer erwischt. Sie muss einige Zeit auf den Führerschein verzichten – fährt aber trotzdem immer weiter. Sie wird wieder erwischt, hat wieder Alkohol im Blut – es ist der Beginn eines fatalen Kreislaufes.
Das Schicksal der Frau lässt keinen kalt. Von "Mitleid und Verständnis" spricht beispielsweise der Staatsanwalt in seinem Schlusswort. Nur: Beides ist längst aufgebraucht. Immer wieder Schwarzfahrten, immer wieder Alkohol. Es hagelt hohe Geldstrafen, die am Ende bis auf 180 Tagessätze hoch schießen. Führerscheinsperre folgt auf Führerscheinsperre. Es gibt eine erste Freiheitsstrafe über sechs Monate – ausgesetzt zur Bewährung. Es gibt eine zweite Bewährungsstrafe über zehn Monate – erneut ausgesetzt zur Bewährung. Diesmal kommt zu den Schwarz- und Trunkenheitsfahrten auch noch Betrug.
Das Urteil im Herbst vergangenen Jahres war so etwas wie die allerletzte Chance für die Frau, einmal noch gab es zumindest Mitleid. Die Warnung des Gerichts damals war deutlich: Beim nächsten Vorfall sei "Schicht im Schacht".
Freiwillig in Selbsthilfegruppe
Dieses Schichtende vor Augen, versucht die Angeklagte trotzdem noch einmal um Verständnis zu bitten. Die Fahrt im März auf dem Mofa habe es nur gegeben, weil ein Kunde angerufen habe und etwas kaufen wollte. Dass die nicht einmal 500 Meter zwischen Laden und Wohnung auch zu Fuß zu bewältigen sind, schien dabei keine Option gewesen zu sein. Es werde "nie wieder vorkommen", verspricht die Angeklagte. Und die Sache mit dem Alkohol will sie auch im Griff haben, nachdem sie sich vor einigen Wochen einer entsprechenden Selbsthilfegruppe angeschlossen habe. Seit nunmehr acht Wochen trinke sie keinen Alkohol mehr.
Und: In ihrem Leben werde sich sowieso einiges ändern, betont die Geschäftsfrau. Nachdem sie mit ihrem Laden sowieso nur noch Miese mache, trage sie sich mit dem Gedanken, das nur noch begrenzt geöffnete Geschäft ganz aufzugeben. Damit würden sich dann eben auch die meisten ihrer Fahrten erübrigen.
Kein Spielraum mehr
Fürs Schönwettermachen ist es allerdings längst zu spät: Die "massive Uneinsichtigkeit" und die zweifache Bewährung ließen keinen Spielraum mehr, betont die Staatsanwaltschaft und sieht eine achtmonatige Freiheitsstrafe als angemessen an. Während der Verteidiger noch einmal eine Geldstrafe ins Spiel bringt, steht für das Gericht fest, "dass jetzt eine Freiheitsstrafe verbüßt werden muss, weil Sie nicht anders zu beeindrucken sind".
Entsprechend fällt das Urteil aus: Sechs Monate muss die 59-Jährige ins Gefängnis. Außerdem bleibt ihr Führerschein zwei weitere Jahre eingezogen und sie darf sechs Monate so gar nichts mehr mit Rädern fahren – sie ist jetzt ausschließlich Fußgängerin.
Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig. Durch die Verurteilung muss die Geschäftsfrau zudem damit rechnen, dass die beiden vorangegangenen Bewährungen widerrufen werden und sie die damals verhängten sechs und zehn Monate absitzen muss.