Zwei neue Parteien, elf neue Stadträte, eine geringe Wahlbeteiligung und Verwirrung um die Auszählung: Die Wahlen zum Kitzinger Stadtrat hatten es in sich. Bis zum späten Montagnachmittag war die Zusammensetzung des Gremiums nicht 100-prozentig geklärt.
Statt 30 wurden 31 Stadträte angezeigt. „Ein Fehler im Wahlprogramm“, erklärt Pressesprecherin Claudia Biebl von der Stadt Kitzingen. Zwei Kandidaten der CSU – Linda Pfeuffer und Carsten Lieb – hatten mit 2,39 die exakt gleiche Prozentzahl der Stimmen. „Das hat die Algorithmen wohl durcheinander gebracht“, so Biebl. Anscheinend kein Einzelfall, wie die Stadt nach Rücksprache mit dem Programmhersteller erfuhr.
Fehler im Computerprogramm
Für 14 Uhr musste der Wahlausschuss einberufen werden; das Los sollte entscheiden, wer von den beiden CSU-Kandidaten auf den vorderen beziehungsweise hinteren Listenplatz gewählt wird. Am Ende des Tages traf es allerdings den langjährigen Stadtrat Franz Böhm (Pro KT), der nun nicht mehr im Gremium vertreten ist.
Als Gewinner der Wahl können sich die Grünen fühlen. Auf Anhieb haben sie vier Mandate errungen. „Ich bin sehr, sehr zufrieden“, kommentierte OB-Kandidatin Andrea Schmidt das Ergebnis, mit 4127 Stimmen das Zugpferd ihrer Partei. Nur Stefan Güntner (CSU) und Manfred Paul (SPD) konnten mehr Stimmen auf sich vereinen. Schmidt wertete das als „super Bestätigung meiner Arbeit“. Die geringe Wahlbeteiligung von 48 Prozent sei allerdings keine gute Basis für die Demokratie, bedauerte sie.
OB Müllers Gruppierung verliert
Für den noch amtierenden OB Siegfried Müller ist die geringe Wahlbeteiligung ein Grund für das schlechte Abschneiden seiner Gruppierung. Von fünf Sitzen rutschte die UsW auf zwei Sitze ab. Neben Müller wird nur noch Werner May im Gremium sitzen. Fraktionsvorsitzender Manfred Marstaller verpasste den Sprung knapp. Vor zwölf Jahren hatte die UsW noch acht Sitze im Stadtrat. „Da gibt es nichts schönzureden“, kommentierte Müller. Mit der AfD und den Grünen seien zwei neue Parteien dazu gekommen. „Dennoch hatten wir auf vier Sitze gehofft“, sagt Müller. Alle freien Gruppierungen hätten es bei dieser Wahl schwer gehabt. Jetzt sei der neue Stadtrat ein „bunter Haufen“. „Das macht die Zusammenarbeit in Zukunft nicht einfacher“, prognostiziert er.
Mit acht Sitzen bleibt die CSU die stärkte Fraktion im Stadtrat. Mit Timo Markert, Sabrina Stemplowski und Nina Grötsch ziehen drei neue Gesichter ins Rathaus. Dafür bleiben bewährte Kräfte wie Hartmut Stiller außen vor. „Das schmerzt mich sehr“, bekennt Fraktionsvorsitzender Andreas Moser, der sich selbst nicht 100-prozentig sicher über seine Wiederwahl war. Die vier Stimmen für die Grünen bezeichnete er als „Spiegelbild der Gesellschaft.“ Überrascht zeigte er sich von der Wahl von Georg und Dirk Wittmann. Vater und Sohn hatten auf der Liste der Freien Wähler-FBW beziehungsweise Pro Kitzingen kandidiert.
Vierrether, Vater und Sohn Wittmann im Stadtrat
Dort ist Walter Vierrether zum ersten Mal angetreten und konnte gleich 3696 Stimmen auf sich vereinen. „Obwohl ich nie in meiner Funktion als Hofrat Werbung gemacht habe“, betonte der frühere Leiter der Tourist-Information. Die Wahl von Wittmann junior begrüßt er. „Ich bin froh, dass auch jüngere Menschen in den Rat gewählt wurden.“ Rund 35 Mitglieder zählt Pro Kitzingen. Von den Ereignissen am späten Nachmittag zeigte sich Vierrether überrascht. Mit Franz Böhm fehle der Gruppierung ein Kenner der Szene. "Das ist sehr bedauerlich." Jetzt gelte es, über die Parteigrenzen hinweg gemeinsam etwas zu bewegen.
Wittmann senior stand auf dem vorletzten Listenplatz seiner Partei – und erhielt mit 1978 Stimmen die drittmeisten in der FW-FBW. Ein gutes Beispiel dafür, dass Kommunalwahlen in erster Linie Persönlichkeitswahlen sind. Fraktionsvorsitzender Uwe Pfeiffle zeigte sich grundsätzlich zufrieden mit dem Ergebnis. „Wir konnten unsere vier Sitze halten, obwohl zwei neue Parteien hinzu gekommen sind.“ Mit Tobias Volk haben auch die Freien Wähler in Kitzingen einen neuen Stadtrat. Für ihn musste der Repperndorfer Dietrich Hermann weichen. Pfeiffle hofft in den Krisenzeiten von Corona vor allem auf Einigkeit innerhalb des Gremiums. „Wir haben jetzt viele wichtige Aufgaben zu erledigen“, weiß der stellvertretende Vorstand der Klinik Kitzinger Land.
Freie und SPD halten ihre Sitzanzahl
Wie die FW-FBW konnte auch die SPD ihre vier Sitze verteidigen. Mit ihrem persönlichen Ergebnis (3227 Stimmen) zeigte sich Fraktionsvorsitzende Astrid Glos sehr zufrieden. Insgesamt hätte sie sich ein wenig mehr Durchmischung in den eigenen Reihen gewünscht. Klaus Heisel und das Ehepaar Manfred Paul und Brigitte Endres-Paul bezeichnete sie „als eine Familie“. „Aber der Wähler hat so entschieden“, meint Glos. Jetzt gelte es, im neuen Stadtrat neue Mehrheiten zu suchen, um Entscheidungen gemeinsam auf den Weg zu bringen. „Das habe ich in den letzten Jahren vermisst“, so Glos.
Unzufrieden zeigte sich Bianca Tröge mit dem Ergebnis ihrer ÖDP. „Drei Sitze hätten wir uns schon erhofft“, gesteht sie. Mit Jens Pauluhn wird sie künftig einen Zweierblock bilden. „Die Grünen haben uns sicher Stimmen weggenommen“, analysiert sie, sieht aber dennoch etwas Positives in dem Ergebnis. Zusammen mit den Grünen verfüge man jetzt über sechs Stimmen für eine ökologische Politik in Kitzingen.
Künftig zehn Gruppierungen im Stadtrat
Einen Sitz hat die KIK verloren. Thomas Steinruck wird dem Gremium nicht mehr angehören. „Wir müssen das Ergebnis akzeptieren“, erklärt Klaus Christof, der mit Wolfgang Popp weiter im Rat vertreten sein wird. Die Beweggründe der Wähler sind für ihn nicht nachvollziehbar. „Inhaltliche Themen interessieren immer weniger“, bedauert er. „Die Personen stehen im Vordergrund.“
Zehn Parteien werden künftig im Kitzinger Stadtrat sitzen. Jeweils einen Sitz haben die Bayernpartei (BP) und – neu – die AfD errungen. Uwe Hartmann von der BP zeigte sich persönlich zufrieden mit dem Ergebnis, zog er doch mit 1242 Stimmen erneut in den Stadtrat ein. Bei dem Hype um die Grünen sei es gerade für kleinere Gruppierungen schwer gewesen, argumentiert er. „Die UsW ist ja richtiggehend abgeschmiert.“ Etwas Positives zieht Hartmann aus den letzten Wochen: Die Zahl der Mitglieder ist um 14 gestiegen. „Das ist doch sehr erfreulich.“
Zum ersten Mal hat die AfD an einer Kitzinger Stadtratswahl teilgenommen. Mit dem Baufacharbeitetr Lars Goldbach schickt sie einen Vertreter ins Gremium. „Wir hatten uns mehr erhofft“, gesteht Kreisvorsitzender Christian Klingen. Im Umland habe man schließlich bessere Ergebnisse erzielt. Klingen hofft, dass Goldbach von den anderen Parteien im Gremium nicht ausgegrenzt wird und will entsprechende Gespräche führen. Klingen glaubt: „Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass wir mit den Freien Wählern reden können.“
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