Corona macht es den Stadt- und Gemeinderäten schwer, öffentlich zu tagen. Normalerweise wünschen sich die Gremien möglichst viele Bürger als Zuhörer, doch immer wieder stoßen die Kommunen derzeit an Raumgrenzen – aus hygienischen Gründen. Nicht zuletzt deshalb weichen die Kommunalparlamente, wo immer möglich, auf größere Hallen aus, um die Hygieneregeln besser einhalten zu können, als in den oftmals kleinen Sitzungssälen der Rathäuser.
Die Stadt Marktsteft war nun zwei Mal einen anderen Weg gegangen. Der Stadtrat tagte zuletzt im Soldaten-/Reservistenheim, das größer ist als der Ratssaal. Doch dann kamen mehr Besucher als erwartet, und so beschloss Bürgermeister Thomas Reichert, bei öffentlichen Sitzungen bis auf Weiteres nur noch den Pressevertreter zuzulassen.
Bürgermeister scheute den Aufwand
Dabei hat Marktsteft wie andere Kommunen auch eine große Mehrzweckhalle, in der Platz genug für Räte und Gäste wäre. Dort hat der Stadtrat tatsächlich auch schon getagt, wie Bürgermeister Reichert auf Anfrage der Redaktion erklärt. Allerdings sei der Aufwand hoch; man benötige eine Lautsprecheranlage, weil die Akustik dort schlecht sei. Vor allem die zum Teil älteren Zuhörer würden sonst nichts verstehen.
Solange der Sportbetrieb ausgesetzt war, hatte die Stadt die Halle genutzt. Mit der Wiederaufaufnahme der sportlichen Aktivitäten habe man jedoch den Handballern nicht in die Quere kommen wollen, argumentiert Reichert. Mit dem Herunterfahren des Sports während der zweiten Pandemie-Welle habe sich das Bild wieder gewandelt; nun sei die Halle nicht mehr belegt. Deshalb plant Reichert, die Stadtratssitzungen über die Wintermonate dort abzuhalten und dann auch wieder Bürger zu den öffentlichen Sitzungen zuzulassen.
In diese Richtung gehen auch die Vorgaben von Innenministerium und Landratsamt. Sie betonen, dass Ratssitzungen grundsätzlich öffentlich seien und nicht dauerhaft ohne Bürger stattfinden dürfen. Das ließen die Geschäftsordnungen der Kommunen nicht zu. Dem hohen Gut der öffentlichen Kontrolle und Teilnahme der Bürger wird Priorität eingeräumt.
Im Zweifel: Sporthallen nutzen
Die Empfehlung geht dahin, ausreichend große Veranstaltungsräume für die Sitzungen zu wählen oder die Besucherzahl der Raumgröße entsprechend zu beschränken; damit lasse sich das Risiko minimieren. Ein Ausschluss der Bürger ist dabei nicht dauerhaft zulässig. Zitat eines Rundschreibens des Innenministeriums: "Dies kann dazu führen, dass größere Räumlichkeiten (z. B. Sporthallen, Stadthallen, Messezentrum, Konzertsäle) genutzt werden müssen." Sprich: Die Ratssitzungen haben im Zweifel Vorrang vor Vereins- oder Schulsport.
Genau diesen Weg gehen auch alle anderen Kommunen im Landkreis Kitzingen oder sie arrangieren sich mit anderen Nutzern der Sporthallen. Marktsteft kehrt nun auf diesen Pfad zurück.
Wie schon so oft, brüllt der bayrische Löwe (häufig in Gestalt von Söder&Co) recht laut, um dann regelmäßig als Bettvorleger zu landen.
Trotzdem können natürlich auch Gemeinden selbst was tun.
Nicht nur das. Es wäre ja schon ein großer Fortschritt, wenn die Protokolle der öffentlichen Sitzungen online nachzulesen wären. Doch selbst die Tagesordnungen verschwinden schon am Tag nach der Sitzung von der Homepage der VGem, noch bevor Presseartikel in der Mainpost erscheinen.
Stattdessen speist man die Bürger seit Jahren mit verkürzten und redaktionell bearbeiteten Berichten aus den öffentl. Sitzungen in dem nichtamtlichen Pressemedium Marktbreiter Nachrichten ab, die seit Monaten auch nicht mehr online erscheinen (dürfen?).
Wie kann es sein, dass jedermann z. B. die vollständigen Sitzungsprotokolle der Gemeinde Wiesenbronn, um im Landkreis zu bleiben, oder unzähliger anderen Kommunen auf deren kommunalen Seiten im Internet nachlesen kann, diese Protokolle aber den über 10.000 Bürgerinnen und Bürgern der VGem Marktbreit seit Jahren kategorisch, mit vorgeschobenen Datenschutzgründen, verweigert werden?
Wo bleibt hier eigentlich der sog. Bürgerservice der Verwaltung?
Da passt es ganz gut die Öffentlichkeit aususperren?