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WÜRZBURG
Spurwechsel führte zu tödlicher Karambolage
Redaktion
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:17 Uhr

Viele schwere Verkehrsunfälle hat eine junge Frau aus Mainz schon aus der Nähe gesehen, aber „nur“ bei der Arbeit, virtuell, als Cutterin beim Fernsehen: Am 29. Februar 2016 war sie an einem verhängnisvollen Crash auf der Autobahn A 3, nach dem Biebelrieder Kreuz, in Fahrtrichtung Frankfurt beteiligt, den soll sie verursacht haben.

Der Unfall beschäftigte jetzt eine Strafkammer des Landgerichts Würzburg als Berufungsinstanz. Es war die dritte Runde in diesem Fall von fahrlässiger Tötung.

Geschwindigkeit nicht mehr festzustellen

Beim Wechsel von der mittleren auf die linke Spur soll die Fahrerin einen mit hoher Geschwindigkeit herankommenden Pkw- Fahrer nicht bemerkt haben: Ob der mit knapp unter 200 Stundenkilometern fuhr oder mit erheblich mehr, konnte ein Gutachter angesichts einer etwa 300 Meter langen Unfallstelle nicht mehr ermitteln. Jedenfalls habe der Fahrer, der ohne Zweifel sehr rasant fuhr, was aber in dem Abschnitt erlaubt war, keine Chance gehabt.

Für Fahrer kommt jede Hilfe zu spät

Sein Pkw kollidierte mit dem der Frau, schleuderte nach rechts erst gegen einen und dann gegen einen weiteren Sattelzug, dann gegen die Leitplanke, wurde wieder auf die linke Spur katapultiert. Für den 34-jährigen Fahrer aus dem Landkreis Kitzingen kam jede Hilfe zu spät.

Die Autofahrerin blieb unverletzt. Sie hat wegen des Spurwechsels und der Folgen zunächst einen Strafbefehl erhalten, über 6000 Euro (120 Tagessätze zu je 50 Euro) und einen Monat Fahrverbot. Dagegen legte sie Einspruch ein, der Fall ging zum Schöffengericht Kitzingen und dort beschränkte der Verteidiger den Einspruch auf die Rechtsfolgen. Das heißt: Der Sachverhalt wird, wie angeklagt, hingenommen. Fahrlässigkeit ja, nur die Strafe sei zu hoch.

Strafe reduziert

Das Schöffengericht reduzierte im November 2017 die Strafe von 6000 auf 5450 Euro (90 Tagessätze zu je 65 Euro), ein Fahrverbot wurde nicht verhängt.

Quälende Schuldgefühle

Im Verfahren in Kitzingen hatte der Verteidiger darauf hingewiesen, dass bei seiner Mandantin trotz andauernder psycho-therapeutischer Behandlung quälende Schuldgefühle bis heute nicht nachgelassen haben. Dass sie selber ohne Schaden davonkam und ein anderer Mensch sterben musste, das lasse die Frau geradezu verzweifeln.

Gegen das Kitzinger Urteil wurde Berufung zum Landgericht Würzburg eingelegt, es ging jetzt erneut nicht mehr um den Sachverhalt im Detail, sondern nur noch um die Zahl der Tagessätze und deren Höhe. Begründung und die war neu: Die Frau arbeite beim ZDF als freie Mitarbeiterin mit einem gedeckelten Arbeitsvolumen von 100 Tagen im Jahr, nach dem Vorfall könne sie Vorfälle aus dem Bereich „schwere Verkehrsunfälle“ nicht mehr bearbeiten und das führe zu Einkommenseinbußen.

Persönliche Schuld gering

Der Anwalt hält die Strafe für zu hoch, die persönliche Schuld sei gering. Er stellte den Unfall in Relation zu dem einen Tag vorher vom Bundesgerichtshof aufgehobenen Raser-Urteil in Berlin und zitierte mit Blick aufs Kruzifix im Sitzungssaal aus dem Matthäus- Evangelium: „Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet.“

Der Vorsitzende Richter Reinhold Emmert ließ sich dadurch nicht aus der Spur bringen: Man dürfe nicht nur Einkommensverluste der Angeklagten sehen, da sei auch der Verlust eines Angehörigen auf der anderen Seite. Er könne sich eine noch niedrigere Strafe einfach nicht als gerecht vorstellen.

Zurückgenommen

Nach kurzer Bedenkpause wurde die Berufung zurückgenommen. Es bleibt bei den 90 Tagessätzen zu je 65 Euro. Damit ist die Cutterin nicht vorbestraft, denn die Vorstrafe beginnt erst ab 91 Tagessätzen.

 
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