
Der Spargel im Landkreis Kitzingen wächst und gedeiht. Doch die Gaststätten als Großabnehmer des weißen Gemüses sind geschlossen. Dem Volkacher Spargelbauer Karlheinz Bernard zum Beispiel fehlen die polnischen Helfer, den Gastwirten die Arbeit. "Es ist an der Zeit, um sich gegenseitig zu helfen", dachten sich die Volkacher Gastronome Andrea Haupt und Hans Schulz und sprangen bei dem Spargelbauern als Mitarbeiter ein.
Seit ein paar Wochen sind sie bei Familie Bernard im Einsatz, sie beim Sortieren und Waschen auf dem Spargelhof, er bei der Ernte auf dem Acker. "Ich bin stolz darauf, solche Freunde zu haben", sagt Spargelbauer Bernard. 30 Jahre trug der gesellige Landwirt als Mitglied des Stadtrats Verantwortung. Zusammen mit seiner Ehefrau Jutta zieht es ihn nach Feierabend gerne einmal in eine Kneipe, um Kontakte zu pflegen und Gespräche zu führen.
Ein Drittel vom Acker musste Bernard bereits stilllegen
Offensichtlich zahlt sich offene und freundschaftliche Art der Bernards jetzt aus, denn die Hilfe aus dem eigenen Freundeskreis können sie gut gebrauchen. Und wenn die Krise für die Gastwirte beendet ist, wollen sie den beiden Gastronomen mit einem "Starterpaket" unter die Arme greifen. "Eine Hand wäscht die andere", zitiert Karlheinz Bernard ein altes Sprichwort.
Normalerweise arbeiten 15 polnische Landarbeiter zur Spargelernte bei dem Spargelbauern. Nur zwei polnische Landsleute sind wegen der Corona-Krise Anfang April zu den Bernards gekommen. Ein Drittel seiner sechs Hektar großen Spargeläcker hat er in diesem Jahr stillgelegt.
"Die Arbeit wäre nicht zu schaffen gewesen und auch beim Absatz wusste man nicht, wie es läuft", erzählt Bernard. Über ein Onlineportal von Bauernverband und Maschinenring hätten sich dann doch einige deutsche Kurzarbeiter, Arbeitslose, Schüler und Studenten bei Bernard gemeldet, um die Spargelstangen aus der Erde buddeln und damit ein paar Euro zu verdienen. Dieses "positive Signal und auch die Hilfsbereitschaft untereinander" machten Bernard zuversichtlich. Mittlerweile laufe die Ernte prima und der Verkauf an private Verbraucher sei "wider Erwarten" gut, schildert der Spargelbauer.
Knochenjob: "Für einen anderen würde ich das nicht machen"
"Spargel to go" bei den Gastwirten werde von den Verbrauchern allerdings nicht so gut angenommen. Etwa 400 Kilogramm Spargel gehen aktuell täglich über den Hofladen- und Kiosktisch, die verarbeitet werden müssen. Auf dem Bauernhof helfen auch zehn Deutsche beim Spargelgeschäft mit, unter ihnen Andrea Haupt. "Das habe ich vorher noch nie gemacht", erzählt sie und sortiert die kalorienarmen Gemüsestangen auf dem Förderband der Waschanlage. Die Mutter von fünf Kindern ist nicht nur von ihrer neuen Tätigkeit begeistert, sondern auch von der freundschaftlichen Teamarbeit bei den Bernards. Schnell lernte Andrea Haupt die notwendigen Handgriffe unter Anleitung von Spargelroutiniers.
Mit Blick auf Corona ist sie sehr skeptisch, ob sie ihre Kultkneipe "Chardon Bleu" noch in diesem Jahr wieder öffnen kann. "Irgendwie glaube ich nicht mehr daran und denke schon über einen neuen Job nach." Die monatliche Pacht für ihr Lokal und andere laufende Kosten machen ihr ziemlich zu schaffen. Auch im Volkacher Freibad macht sie zurzeit keinen Umsatz. Dort hat sie den Kiosk gepachtet. Das Freibad ist bekanntlich geschlossen - wegen Sanierungsbedürftigkeit und natürlich Corona.
Ihr Lebenspartner Hans Schulz, der die Musikkneipe Techtel-Mechtel in der Schelfengasse leitet, empfindet das Spargelstechen als "Knochenjob" unter freiem Himmel. "Diese Buckelarbeit mache ich nur für Karlheinz. Für einen anderen würde ich das nicht machen", nennt er ehrlich seine Beweggründe. In gebückter Körperhaltung viele Stunden durchzuhalten, ist der Gastronom einfach nicht gewohnt. Aber Hans Schulz hält eisern durch, denn "ich habe am Abend das Gefühl, etwas geleistet und Gutes getan zu haben".