
Die ersten Klienten sind im Herbst eingezogen, die Arbeit in der Förderstätte hat wenig später begonnen. Jetzt wurde die neue Wohn- und Förderstätte des Blindeninstituts in Kitzingen auch offiziell eröffnet und bekam ihren Namen: Dr. Hans Neugebauer-Haus.
Der Neubau in Kitzingen war nötig geworden, weil der Bedarf an Wohn- und Förderstättenplätzen für komplex beeinträchtigte Menschen, die die Schule beenden und ins Erwachsenenalter starten, jährlich ansteigt. Er bietet 24 Wohn- und 32 Förderstättenplätze für Menschen mit Blindheit, Seh- und Mehrfachbehinderung. Bis Herbst 2024 soll der Gebäudekomplex voll belegt sein.
Die Gesamtkosten lagen bei rund 15 Millionen Euro, vom Freistaat kamen etwa 6,8 Millionen Euro, vom Bezirk 1,1 Millionen. Mehrere Millionen Euro musste die Blindeninstitutsstiftung selbst tragen, was nur dank Unterstützer, Spender und Förderer möglich war. Neben zahlreichen Gästen aus Politik und Verwaltung waren auch einige dieser Unterstützer zur Einweihung gekommen, ebenso wie Dr. Christian Graf zu Bentheim-Tecklenburg-Rheda, der Ururenkel des Stiftungsgründers.
Für die meisten Menschen selbstverständlich: Den Weg vom Wohnen zum Arbeiten selbstständig bewältigen

Stiftungsvorstand Marco Bambach und Institutsleiter Matthias Rüth machten deutlich, dass man mit diesem Projekt in zweierlei Hinsicht neue Wege beschritten hat. Zum einen hat das Blindeninstitut seinen Wirkungskreis erweitert: über die Stadtgrenzen Würzburgs hinaus nach Kitzingen.
Zum anderen wurden durch die Anordnung der Wohn- und der Förderstätte die Lebensbereiche Wohnen und Arbeiten räumlich getrennt und doch so verbunden, dass auch komplex behinderte Menschen den Weg möglichst selbstständig bewältigen können. In der Förderstätte können die Klienten kreativen Beschäftigungen nach den eigenen Fähigkeiten und Interessen nachgehen.
Wie wichtig berufliche Inklusion und selbstbestimmtes Wohnen für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung sind, machte die Bayerische Staatsministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention Judith Gerlach deutlich. "Das Haus ist örtlich gut angebunden. Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten sind in der Nähe zu erreichen." Damit erfülle es auch nach außen den Zweck, ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Gerlach bezeichnete die Einrichtung als Vorbild- und Vorzeigeprojekt.
Das Blindeninstitut plant in Kitzingen ein weiteres Projekt

Institutsleiter Rüth dankte für die Unterstützung, die man in Kitzingen erfahren habe. Es sei geplant, dort ein weiteres Projekt zu verwirklichen. Bürgermeisterin Astrid Glos bezeichnete die Stätte als Baustein für das soziale Miteinander. "Sagen Sie Bescheid, wenn es auf dem Weg zum Einkaufen noch Stolperfallen gibt", betonte sie. "Wir beheben das. Wir wollen, dass Sie sich wohlfühlen in ihrer neuen Heimat."

Namensgeber für die Einrichtung in Kitzingen ist Dr. Hans Neugebauer, der 35 Jahre Stiftungsdirektor war und das Blindeninstitut gestaltet habe, von der kleinen Blindenschule bis zum großen Sozialunternehmen mit jetzt 2800 Mitarbeitenden, sagte Marco Bambach.
Spielmann: "Die Kinder haben in Dr. Neugebauer einen Anwalt fürs Leben gefunden"

Anfangs der 1970er-Jahre habe Neugebauer vormittags die offiziell anerkannte Klasse mit sehbehinderten Schülern unterrichtet – und am Nachmittag gegen den Widerstand der Behörden Kinder mit Seh- und Mehrfachbehinderung, erinnerte Stiftungsvorstand Johannes Spielmann.
Die Kinder hätten in Neugebauer nicht nur einen Lehrer, sondern einen Anwalt fürs Leben gefunden.