Das OB-Duell ist am Sonntagabend der Publikums-Knüller in Kitzingen: Schon zehn Minuten vor dem Schließen der Wahllokale sind rund 70 Menschen in der Rathaushalle, fast 40 warten davor. 18 Uhr: Der Saal füllt sich, beide Kontrahenten sind da – begleitet von engen Anhängern. Schon gibt's ein leichtes Gedrängel vor der Großbildleinwand, während ständig Menschen in den Rathauskeller strömen.
18.09 Uhr: die erste Schnellmeldung. Und eine Überraschung. In der Paul-Eber-Schule liegt Top-Favorit Müller (42 Prozent im ersten Wahlgang) mit 51,89 Prozent nur knapp vor Küspert (18,18 Prozent vor zwei Wochen). Bis zum dritten von 25 Wahllokalen sieht alles nach einer knappen Entscheidung aus.
Dann, um 19.12 Uhr, jubelt die UsW- und Müller-Fangemeinde: In Repperndorf fährt der 52-Jährige drei Viertel der Stimmen ein, wenig später – im SSV-Heim – drückt er seine 48-jährige Mitbewerberin auf gerade mal 21 Prozent.
„Siggi“ und die Hand des OB
Jetzt geht's Schlag auf Schlag und von Applaus zu Applaus: Müller pendelt zur Halbzeit bei knapp 70 Prozent. Ganz so heftig wird Küsperts Niederlage aber nicht. Um 18.30 Uhr steht das Endergebnis auf der Großbildleinwand: 67,54 Prozent. Der Saal hallt unter „Siggi, Siggi“-Rufen und rhythmischem Klatschen.
Es wird eng um einen strahlenden Müller. Landrätin Tamara Bischof gehört zu den ersten Gratulanten, wenig später drückt OB Bernd Moser seinem Nachfolger und einstigen Wahlgegner vor sechs Jahren die Hand, wenig später quetscht sich eine tapfer lächelnde Angelika Küspert hin zu ihrem Konkurrenten, wünscht – wie sie später sagt – „eine glückliche Hand und Gottes Segen.“
Nach dem Händedruck der 48-jährigen vhs-Chefin nimmt Müller das verdiente Bad in der Menge: Die vielen Umarmungen, Küsschen und Gratulationen machen es den Leuten von Presse, Rundfunk und Fernsehen schwer, dem künftigen Kitzinger OB ein paar Worte zu entlocken.
Mit ein bisschen Ellenbogenarbeit klappt's dann doch. Ein sichtlich überwältigter Müller bedankt sich für den „überaus deutlichen Vertrauensbeweis“, mit dem er so nicht gerechnet habe. Er wolle ein „bürgernaher Oberbürgermeister“ sein, verspricht er. Im „Dienst der Sache“ werde er mit allen Fraktionen im Stadtrat zusammenarbeiten und die Verwaltung einbinden – als „Oberbürgermeister für alle Kitzinger.“
Den Wahlkampf mit Küspert hat Müller beim ersten Presse-Interview offensichtlich abgehakt. Bei der Gratulation habe er der vhs-Leiterin signalisiert, „dass ich sie als Mitarbeiterin sehr schätze“.
Seine parteilose, von der CSU nominierte Gegenspielerin, sieht ebenfalls kein Problem mit der Fortsetzung ihrer „ganz wunderbaren Arbeit“ in Volkshochschule und Alter Synagoge: „Wahlkampf ist Wahlkampf, Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps.“ Die 48-Jährige spricht auch nicht von Niederlage: „Ich bin absolut zufrieden“. Sie habe nur gewonnen, mehr als 30 Prozent der Wähler für ihre Politik begeistern können und ein tolles Wahlkampfjahr gehabt.
Nur jeder Zweite bei der Wahl
Bei ihren vielen Kontakten mit Kitzingern habe sie erfahren, „was die Menschen hier beschäftigt.“ Mit diesen Themen werde sie sich möglicherweise in die „politische Diskussion „einklinken“. Sehr bedauerlich fand Küspert, dass nicht einmal die Hälfte der Kitzinger bei der Stichwahl ihr Kreuzchen machten.
Sieger Müller weiß, dass ein Stolperstein als OB auf ihn wartet: Die Wahl der Stellvertreter, die vor sechs Jahren für einen Riesenkrach im Stadtrat sorgte, als Müller als Bürgermeister ausgebootet wurde und die CSU in der Folge eine Stadträtin (Rosemarie Richter) an die UsW verlor. Müller betont, er werde den „Bürgerwillen berücksichtigen“ und mit allen Fraktionen sprechen.