Seit 1473 verbindet die Mainfähre die Menschen zwischen Nordheim und Escherndorf. In diesen 550 Jahren hat die schwimmende Brücke unzählige Liebes- und Ehepaare auf beiden Uferseiten zusammengeführt. Am Samstag wurde das Jubiläum groß gefeiert. Nach dem feierlichen Gottesdienst am Vormittag wurde die Fähre auf ihren neuen Namen "Konrad" getauft.
Höhepunkt des Festes ist das Fähren-Tauziehen, bei dem neun Teams ihre Kräfte messen. Mit einem langen Tau und der eigenen Muskelraft müssen die Mannschaften Fähre "Konrad" vom Escherndorfer ans Nordheimer Ufer ziehen. Unter den Augen mehrerer hundert Zuschauer erzielen die Ministranten mit 34 Sekunden die beste Zeit. Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Die "Braunbären" sind nur sieben Zehntel langsamer.
Die Preise sind für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht das Wichtigste. "Dabei sein ist alles", lautet die Devise. "Wir sind im Namen des Schnapsgottes unterwegs", klärt Janna S. auf. Die Kapitänin der einheimischen Stammtischfreunde "Die Destilatisten" hat ihr Team als letzten Starter angemeldet. "Wir wollen uns zeigen und sind voll motiviert", lacht sie vor dem Startschuss. Fast zwei Stunden dauert der Wettkampf, den das Publikum mit riesigem Beifall begleitet.
Eine gute Figur auf dem ansteigenden Parcours gibt die Crew der Weinprinzessinnen der Mainschleife ab. Sechs Sekunden sind die Mädels um die örtliche Weinhoheit Antonia Kraiss langsamer als die Sieger. Antonia war 2018 schon mal als Ministrantin dabei, erzählt sie von ihren Erfahrungen mit dem Traditionswettbewerb. "Ich bin platt, aber wir haben so eine tolle Gemeinschaft untereinander", klatscht sie ihre Kolleginnen ab.
Weinprinzessinnen ziemlich außer Puste
"Es war zum Schluss sehr anstrengend. Ich bin außer Puste", schildert die Stammheimer Weinprinzessin Laura Ziegler erschöpft am Boden liegend. Nach einem Gläschen Wein bei der Siegerehrung mit Moderatorin Eva Dinkel vom Touristikrat der Gemeinde und dem gemeinsamen Picknick auf der Liegewiese sind alle Akteure wieder fit.
Begonnen hatte das Jubiläumsfest bei sommerlichem Wetter mit einem Gottesdienst unter freiem Himmel. Über 130 Menschen lauschten den Worten von Zelebrant Pater Franziskus Büll vom Kloster Münsterschwarzach, das früher Nordheimer Lehnsherr war. Der Geistliche erinnerte an die Geschichte des Fährwesens am Main. 1473 schlichtete die für die Fähre verantwortliche Abtei Münsterschwarzach einen Streit zwischen einem Bader und einem Fährmann. Das salomonische Urteil: Der Fährmann wurde verpflichtet, den Bader künftig kostenlos überzusetzen. Dieser durfte im Gegenzug kostenlos baden. Jahrhundertelang wurde der Fluss mit einem Holzschelch überquert. 1919 stellte man auf eine Hochseilfähre um. Nach gravierenden Mängeln bekam die durch ein Stahlseil gesicherte Fähre 1965 einen kleinen Hilfsmotor.
An der Fähre soll festgehalten werden
Seit dem 17. Jahrhundert wurde das Fährrecht verpachtet. Bürgermeisterin Sibylle Säger erinnerte an das Jahr 1983, als die Dauerverpachtung der Fähre an die Nordheimer Familie Konrad endete und seither Gemeindeangestellte die Fähre lenken. Nach dieser Familie wurde die bisher namenlose Fähre benannt. Nordheims Bürger durften bei der Namenssuche mitwirken. Der Gemeinderat entschied sich für den Vorschlag "Konrad" von Paul Leicht.
Sägers Fazit zum Fähren-Jubiläum: "Wir wollen trotz immer strengerer Gesetzgebungen weiter an Tradition, Handwerk und Kulturgut festhalten." Damit das Fährwesen eine Zukunft hat, wurden die Mainfähren 2022 zum immateriellen Kulturerbe erklärt.