Weil ihm sein Chef trotz mehrfacher Aufforderung seinen Lohn nicht zahlte, griff ein 25-Jähriger zur Selbstjustiz. Er schlug ein Fenster des Firmengebäudes ein, stieg in das Objekt ein und nahm eine Geldkassette mit 230 Euro an sich. Pech für ihn, dass er sich beim Einbruch verletzt und Blutspuren hinterlassen hatte – und dass seine Daten gespeichert waren. So hatte die Polizei leichtes Spiel, ihm auf die Spur zu kommen. Ein DNA-Abgleich, und der Einbrecher war gefasst. Jetzt stand der Mann vor dem Kitzinger Amtsgericht. Vorwurf: besonders schwerer Fall des Diebstahls.
Den Vorwurf des Diebstahls und der Sachbeschädigung räumte der Mann ein. Allerdings gab es bei der Höhe der Beute erhebliche Abweichungen. Während die Anklage von rund 1600 Euro in der Kassette und dem Diebstahl eines Handys im Wert von 200 Euro ausging, wollte der Angeklagte lediglich 230 Euro mitgenommen haben. Das war ihm am Ende auch nachzuweisen, mehr nicht.
Für den Chef erledigte er Arbeiten auch am Wochenende
Warum er eingebrochen war, erklärte der 25-Jährige so: Er habe für die Firma gearbeitet und für den Chef am Wochenende auch private Aufträge erledigt. Geld habe er dafür nicht gesehen. Als das auch nach mehrfacher Aufforderung nicht kam, sei er auf die Idee gekommen, sich "seinen Lohn" selbst zu holen. Er brach in das Firmengebäude des Betriebs in einem Kitzinger Gewerbegebiet ein und nahm die Geldkassette mit. "Mir ging es damals sehr schlecht. Ich brauchte das Geld, wir hatten nichts zu essen", erklärte er die ungewöhnliche Durchsetzung der Gehaltsansprüche.
Dass das alles keine gute Idee war, hat er inzwischen eingesehen. Er hat sich schriftlich entschuldigt und aus eigenem Antrieb mit der Schadensregulierung begonnen. Das rechnete ihm das Gericht ebenso positiv an wie sein umfassendes Geständnis. Die Richterin machte dem Mann aber auch klar, dass deutsche Gerichte auf Selbstjustiz empfindlich reagieren. Auch dass der Mann die Sache trotz Hafterfahrung durchgezogen hatte, kam nicht gut an.
So wurde es am Ende keine Geld-, sondern eine Freiheitsstrafe. Richterin Ilka Matthes verurteilte ihn zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten. Zudem muss der gelernte Informatiker, der derzeit als Handwerker unterwegs ist, ein Nettomonatsgehalt von 1700 Euro als Auflage an den Verein Lebenshilfe e.V. zahlen. Steht er die dreijährige Bewährungsstrafe ohne weitere Straftaten durch und hält er sich an die Auflagen, ist die Sache für ihn erledigt.
Der Staatsanwalt sah keine günstige Prognose, die Richterin schon
Der Staatsanwalt hatte mit Blick auf drei Vorstrafen – darunter eine Haftstrafe – sieben Monate Haft gefordert. Bewährung hatte er wegen einer "negativen Sozialprognose" ausgeschlossen. Der Verteidiger hielt dagegen eine Geldstrafe für schuld- und tatangemessen und verwies auf das umfassende Geständnis. Zudem habe sein Mandant mit der Schadenswiedergutmachung begonnen und und 600 Euro für das eingeschlagene Fenster gezahlt. Sonstige Forderungen des Geschädigten gebe es derzeit nicht.
Im Gegensatz zur Anklage, sah das Gericht den Mann auf einem guten Weg. Die Sozialprognose sei positiv, stellte Matthes fest. Einen festen Job, regelmäßiges Einkommen, eine Frau, ein Kind, mietfreie Wohnung und keine Geldsorgen: "Da kann und muss man ihm die Chance zur Bewährung geben", so die Richterin.