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KITZINGEN
Seit zehn Jahren klare Luft
Striktes Rauchverbot tritt in Kraft       -  In der bayerischen Gastronomie gilt seit zehn Jahren ein strenges Rauchverbot. Damit darf in Gaststätten und Diskotheken, in kleinen Kneipen und Bars sowie in Bier- und Festzelten nicht mehr gequalmt werden.
Foto: Andreas Gebert dpa/lby | In der bayerischen Gastronomie gilt seit zehn Jahren ein strenges Rauchverbot. Damit darf in Gaststätten und Diskotheken, in kleinen Kneipen und Bars sowie in Bier- und Festzelten nicht mehr gequalmt werden.
Martin Nefzger
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:10 Uhr

Genau zehn Jahre ist es her, dass in Bayern das Gesundheitsschutzgesetz in Kraft trat. Zum 1. Januar 2007 verbot es das Rauchen in öffentlichen Gebäuden, Behörden und Gaststätten. „Bayern kann heute aufatmen“, sagte damals Gesundheits-Staatssekretär Marcel Huber von der CSU. Sein Parteikollege Georg Schmid, 2007 CSU-Fraktionschef und als solcher mit für das neue Gesetz verantwortlich, wurde dagegen von den Kritikern des Rauchverbots als „Mörder der bayerischen Dorfgastronomie“ bezeichnet.

Lager gespalten

Wie damals sind die Lager der Verbotsgegner und -befürworter auch heute noch gespalten. Der Hass mancher Raucher ist gar so groß, dass Sebastian Frankenberger, der 2010 ein Volksbegehren zum Rauchverbot initiierte, nach wie vor Morddrohungen erhält (wir berichteten). Im Kitzinger Land gibt es solche extremen Auswüchse glücklicherweise nicht – doch auch hier gibt es Menschen, die für oder gegen das aktuelle Gesundheitsschutzgesetz sind.

Verbot zu extrem

Eine scharfe Kritikerin der geltenden Gesetzgebung ist Christine Grötsch, Inhaberin des Tabakhauses am Kitzinger Marktturm. Sie findet die Verbote zu „extrem“ und stellt fest: „Als Raucher wird man boykottiert.“ Zwar könne sie die Restriktionen in Speisegaststätten verstehen, aber „zu kleinen Eckkneipen gehört es dazu. Da sollte es den Wirten freigestellt werden.“ Schließlich seien die Deutschen gut genug aufgeklärt, um selbst entscheiden zu können, ob sie rauchen wollen oder nicht.

Auch in ihrem Geschäft spürt Grötsch die Auswirkungen des Rauchverbots, immer weniger Menschen würden rauchen. „Wenn das Gesetz so bleibt, kann der Staat nicht 70 Prozent Steuern einstecken“, sagt sie. „Entweder der Gesetzgeber ist dafür oder dagegen. Aber wenn er dagegen ist, kann er nicht so viel Geld nehmen.“ Ohnehin könne es sich der Staat ihrer Meinung nach nicht leisten, wenn plötzlich niemand mehr rauche – in diesem Fall würden ihm große Summen an Steuereinnahmen fehlen.

Positiv

Positiver steht Mathias Rumpel, Vorstand des Siedler-Sport-Vereins Kitzingen, dem Rauchverbot gegenüber. Er – selbst ehemaliger Raucher – sagt: „Etwas Besseres ist uns nie passiert.“ In der Gaststätte des Vereins sei früher geraucht worden, mit unangenehmen Folgen. Die Kleidung hätte gestunken und spätestens alle zwei Jahre hätte man die gelben Wände neu streichen müssen. „Anfangs haben zwar alle geschimpft, aber heute hat man sich daran gewöhnt“, sagt Rumpel. „Und man kann die Klamotten jetzt sogar noch einmal anziehen.“

Arbeit ist angenehmer

Diese Erfahrung hat auch Petra Andres, die Geschäftsführerin des Bistro Gambrinus in Kitzingen, gemacht. „Die Arbeit im Lokal ist jetzt angenehmer“, sagt sie. „Dafür riecht es jetzt aber mehr nach Essen. Das stört auch manche.“ Insgesamt würde sie sich eine Lockerung der Gesetze wünschen, um vor allem abends das Rauchen zu erlauben. „Die Leute gehen nach dem Essen jetzt gleich. Früher haben sie noch eine geraucht und einen Cappuccino getrunken“, sagt sie. Auch Stammtische würde es dank des Rauchverbotes kaum noch geben.

Kippen auf der Straße

Ein Problem sieht Andres darin, dass alle Raucher nun nach draußen müssten. „Viele Kippen liegen jetzt auf der Straße“, sagt sie. „In Kitzingen gibt es einfach zu wenig Aschenbecher.“ Das seit dem Rauchverbot mehr Zigaretten auf der Straße landen bestätigt auch Georg Günther vom Kitzinger Bauhof. „Vor einigen Gastronomiebetrieben ist das wesentlich schlimmer geworden“, sagt er. „Aber wenn ein Aschenbecher da ist, ist alles sauber.“

Keine Auswirkungen

Im Gegensatz zu Petra Andres spürt Bernd Staudt vom Gasthof Stern in Sulzfeld keine Auswirkungen. „Am Anfang haben sich schon einige Gäste kritisch geäußert, aber das hat sich gelegt“, sagt er. „Ich kann nichts Negatives sagen. Für die Bedienungen ist es angenehmer und wir mussten auch noch nie jemanden zu Rauchen rausschicken.“

Zehn Jahre Rauchverbot in Bayern

Am 1. Januar 2007 trat in Bayern das damals strengste Nichtraucherschutzgesetz in ganz Deutschland in Kraft. Demnach war Rauchen in Gaststätten, Kneipen, Bierzelten und öffentlichen Gebäuden verboten. Auch abgetrennte Raucherräume waren untersagt.

Doch dieses Gesetz wurde wieder gelockert – nicht zuletzt, weil die CSU bei der Landtagswahl 2008 die absolute Mehrheit verlor. Einen Grund dafür sah man darin, dass man sich zuvor für den strengen Nichtraucherschutz ausgesprochen hatte. Zum 1. August 2009 wurde ein liberaleres Gesetz erlassen. Gegen dieses richtete sich das Volksbegehren „Für echten Nichtraucherschutz“. Es forderte die Rückkehr zum Gesetz von 2008. Auch sollte auch in geschlossenen Gesellschaften nicht mehr geraucht werden dürfen. Da der Landtag das Begehren ablehnte, obwohl sich fast 14 Prozent dafür eingetragen hatten, kam es im Juli 2010 zu einem Volksentscheid, bei dem 60,86 Prozent für einen strengeren Nichtraucherschutz stimmten. Zum 1. August 2010 trat das Gesundheitsschutzgesetz in Kraft.

 
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