Der Alarm kommt, wie so oft, am Freitagnachmittag für das Rote Kreuz: Das Kitzinger Caritas-Seniorenheim St. Elisabeth hatte eine kaum mehr zu bewältigende Anzahl von Corona-Erkrankten gemeldet. Zu dem Zeitpunkt sind es 30 Senioren und zehn Pflegekräfte, die positiv auf das Virus getestet waren. Zwei Bewohner sind gestorben. Der Personalstand ist so knapp, dass alle am Limit arbeiten. Die Heimleitung bittet um Unterstützung.
Noch am Abend setzt sich eine Leitungsgruppe vom "Team Bayern", einem Zusammenschluss freiwilliger Helfer (siehe Infokasten), und dem Bayerischen Roten Kreuz (BRK) Kitzingen zusammen und ein perfekt durchorganisiertes Programm läuft an. Per SMS werden die registrierten Helfer des "Team Bayern" aus der Region alarmiert. Wer sich einbringen könne, sollte sich über eine Hotline melden. Der für den Landkreis zuständige Team-Bayern-Beauftragte Karl Patzelt richtet dazu im BRK-Kreisverband einen Meldekopf ein, wo alles zusammenläuft.
Schnelle Einsatzgruppe alarmiert
"Die Sache geht gut an. Es haben sich schon einige Freiwillige gemeldet", sagt er am Freitagabend. Thorsten Dennerlein, Fachdienstleiter Betreuung im Roten Kreuz, rückt fast zeitgleich mit seiner Stellvertreterin Rebecca Krenzer und einem Betreuungstrupp zum Seniorenheim aus, um vor Ort die genaue Lage zu erkunden. Eine erste Besprechung mit der Heimleitung findet statt. "Wir werden so 30 Helfer pro Tag benötigen" beurteilt Dennerlein die Lage. In drei Schichten wollen die Rotkreuzler von früh morgens bis spät abends vor Ort sein. Dazu wird jetzt die "Schnelle Einsatzgruppe Betreuung" aus dem Landkreis alarmiert.
Dennerlein ist von der Reaktion begeistert: Von fast allen Rotkreuz-Gemeinschaften aus dem Landkreis gehen Mitteilungen über Personalzuweisungen ein. "Alles Freiwillige, die hier ihr Wochenende verbringen werden." Und er betont: "Gemeinsam werden wir das stemmen!" Zwischenzeitlich hat der Voraustrupp im Hof des Altenheimes eine Einsatzstelle errichtet.
Nach wenigen Stunden durchgeschwitzt
In einem Zelt ist auf Tafeln übersichtlich vermerkt, wie sich die Lage darstellt und welche Kräfte zu welchen Zeiten zur Verfügung stehen. Hier wird auch von den eingesetzten Kräfte die umfangreiche Hygieneschutzausstattung angelegt, bevor sie in das Heim gehen. Schutzoverall, Gesichtsschild mit Atemschutzmaske, Kopfbedeckung und die Plastikhandschuhe. "Da bist du nach wenigen Stunden durchgeschwitzt" stöhnt eine Helferin.
Der Einsatzleiter sitzt im Rückraum eines Sprinters. Auf einem Tisch stehen eine EDV-Anlage und Funkgeräte. "Die Verbindung zur Außenwelt", nennt das Dennerlein, dessen Handy ununterbrochen läutet. "Wir haben hier auch noch eine mobile Sanitätsstation mitgebracht, wo wir im Notfall kurzfristig Patienten behandeln könnten." Das ist ein umgebauter Rettungswagen.
Bereits am Samstagmorgen beginnt die BRK-Bereitschaft aus Schwarzach mit einer Schnelltest-Reihenuntersuchung und die Heimleitung hat zwischenzeitlich die infizierten Bewohner in einem gesonderten Gebäudetrakt untergebracht. Am Samstagvormittag kommt die Bestätigung, dass drei weitere Personen gestorben sind. Eine belastende Situation.
Bewohner freuen sich über neue Gesichter
Rebekka Krenzer ist für den Innenbereich im Heim zuständig. Sie teilt Zweier-Teams auf die jeweiligen Stationen ein, wo sie das Stammpersonal unterstützen. "Das fängt an bei der Ausgabe von Essen und Trinken an und geht über das Desinfizieren der Räume bis hin zu leichten Pflegemaßnahmen" sagt Elke Stapf, eine langjährige engagierte Helferin im BRK. Sie berichtet, dass die Bewohner "total lieb" seien und sich riesig über die neuen Gesichter auf den Stationen freuen. Natürlich werde auch hier und da ein "kleines Schwätzchen" geführt. Drei Stunden dauert eine Schicht. "Dann ist erstmal Schluss für die Kameraden. Zeit zum Durchschnaufen", sagt Dennerlein.
Am Sonntagmorgen hat sich die Lage geändert: Mittlerweilen sind 41 Bewohner positiv getestet. Sechs Bewohner (mit Vorerkrankung) sind gestorben. Zu diesem Zeitpunkt hat das Heim zwei Pandemiebereiche und einen nichtinfektiösen Bereich eingerichtet. Laut dem Kitzinger BRK-Chef Felix Wallström wurde der Hygieneschutz erhöht. Der Zugang zum Heim erhielt eine Hygieneschleuse. Aufgrund der Umstände wurde zusätzlich die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) des Landkreises Kitzingen einbezogen, die den Helfern und Bewohnern zur Seite stehen kann. Und Thorsten Dennerlein hat mittlerweile mit der Dienstplanung für die kommende Woche begonnen.